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Lexikon der Chemie: spektrale Sensibilisierung

spektrale Sensibilisierung, die Ausdehnung der photographischen Empfindlichkeit von lichtempfindlichen Systemen über den Eigenempfindlichkeitsbereich hinaus. Von besonderer Bedeutung ist die s. S. von photographischen Silberhalogenidmaterialien. Durch sie ist es möglich, farbgetreue Bilder mit guter Detailwiedergabe zu erhalten. Die photographische Empfindlichkeit wird durch Zusatz von Sensibilisierungsfarbstoffen über die langwellige Eigenempfindlichkeitsgrenze hinaus ins sichtbare und infrarote Spektralgebiet bis etwa 1300 nm verschoben. Die Verringerung der Eigenempfindlichkeit photographischer Materialien durch zugesetzte Farbstoffe wird als Desensibilisierung bezeichnet, die Erhöhung der Eigenempfindlichkeit durch spezielle Farbstoffe bezeichnet man als Capriblau-Effekt. Die superadditive Erhöhung der Empfindlichkeit photographischer Emulsionen durch Farbstoffgemische wird als Supersensibilisierung bezeichnet. Als Sensibilisierungsfarbstoffe für die s. S. kommt nur Polymethinfarbstoffen (Cyanine, Merocyanine) praktische Bedeutung zu. Sie haben die Aufgabe, Licht in bestimmten Wellenlängenbereichen zu absorbieren, die Lichtenergie auf den Silberhalogenidfestkörper zu übertragen und für die Entstehung des Latentbildes nutzbar zu machen. Cyaninfarbstoffaggregate (reversible Molekülkomplexe) absorbieren in anderen Spektralgebieten als die Einzelmoleküle und können somit zur Modifizierung der Sensibilisierungsbereiche dienen.

Für die s. S. werden zwei unterschiedliche Mechanismen diskutiert: 1) Energieübertragung: Die vom Farbstoff absorbierte Lichtenergie wird auf das Silberhalogenidkorn übertragen und zur Anhebung von Elektronen aus Elektronenniveaus verwendet, die zwischen Valenz- und Leitungsband liegen; Energieübertragung. 2) Elektronenübertragung: Das durch Lichtabsorption angeregte Elektron im Farbstoff-LUMO wird in das Silberhalogenidleitungsband übertragen. Der Farbstoff wird durch ein Elektron aus dem Valenzband des Silberhalogenids regeneriert, Elektronentransfer. Die Sensibilisierungseigenschaften der Farbstoffe hängen auch von den Umgebungseigenschaften ab (Luftsauerstoff und -feuchtigkeit, pAg- und pH-Wert der Emulsion, Kristallhabitus des Silberhalogenids). Als ein Maß für die s. S. wird die relative Quantenausbeute herangezogen, d. i. das Verhältnis der Quantenausbeute für den photochem. Silberhalogenidzerfall mit monochromatischem Licht von Emulsionen mit Sensibilisator in dessen Absorptionsgebiet zur entsprechenden Quantenausbeute von Emulsionen ohne Sensibilisator im Eigenempfindlichkeitsbereich des Silberhalogenids. Durch ein Spektrosensitogramm lassen sich Sensibilisierungsfähigkeit und -bereich von Farbstoffen abschätzen. Spezifisch grünempfindliche photographische Emulsionen (λ ≤ 600 nm) werden als orthochromatisch bezeichnet, rotempfindliche Emulsionen (λ ≤ 700 nm) als panchromatisch.

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