Bronzetrommeln: Leben und Sterben am Roten Fluss
Die Bronzezeit Vietnams begann bescheiden: Im ersten Jahrtausend v. Chr. erleichterten Beilklingen, Angelhaken, Speerspitzen und andere kleinere Objekte das Leben am Roten Fluss. Im 4. Jahrhundert v. Chr. aber betrat die Dong-Son-Kultur die Bühne der Geschichte, und sie tat es im wahrsten Sinn des Wortes mit einem Paukenschlag: In ihren Dörfern fertigten Bronzegießer gewaltige Trommeln aus dem golden schimmernden Metall mit einer Kunstfertigkeit, die bis heute nie wieder erreicht wurde. Wer einen Einblick in die Glaubenswelt jener Menschen der Vorgeschichte sucht, gewinnt ihn aus den eindrucksvollen Darstellungen auf den Instrumenten. Sie thematisieren vor allem den Übergang Verstorbener ins Jenseits und den Verbleib der Ahnen.
Für den Wiener Völkerkundler Franz Heger (1853-1931) wurden diese Instrumente zur Passion, seit er das erste Exemplar 1883 auf der "Bronze-Ausstellung" im k. k. Österreichischen Museum für Kunst und Industrie sah. Welche Funktion das ungewöhnliche, nach seinem Besitzer später Wilczek I genannte Objekt hatte, war damals noch unklar; es mochte ein Tisch oder Kessel gewesen sein. Der Adlige hatte es bei einem Antiquitätenhändler in Florenz erworben, mehr war nicht bekannt.
Als Heger sechs Jahre später die Weltausstellung in Paris besuchte, wusste er bereits durch Recherchen, dass Wilczek I eine alte Trommel aus Südostasien war. Eine weitere Bronzetrommel, ein wahres Prachtexemplar, hielt der Länderpavillon von Tongking bereit, dem französischen Protektorat in Nordvietnam. Fasziniert studierte Heger die in die Metalloberfläche eingearbeiteten Reliefzeichnungen von Menschen, Booten, Häusern und sogar Trommeln. Dieses besondere Stück gehört zu den zehn bildreichsten Bronzetrommeln, die bisher in Südostasien entdeckt worden sind; mit einer Höhe von 61 Zentimetern ist sie zudem eine der größten ...
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