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Prospektives Gedächtnis: Ein Gedächtnis für die Zukunft

Dank unseres Gedächtnisses erinnern wir uns an Vergangenes. Doch wir brauchen es auch, um neue Ideen in die Tat umzusetzen.
Eine ältere Dame schaut auf einen Zettel und scheint sich den Kopf zu reiben.

Die Situation kennt wahrscheinlich jeder von uns: Beim Frühstück verbraucht man den letzten Rest Butter und nimmt sich fest vor, nach der Arbeit beim Supermarkt vorbeizugehen. Und spätestens am nächsten Morgen am Frühstückstisch fällt einem schlagartig ein, dass man nicht einkaufen war.

Wann haben Sie das letzte Mal etwas vergessen? Wenn man sich diese Frage stellt, wird schnell klar, dass es oft ähnliche Situationen sind, in denen uns unser Gedächtnis im Stich lässt: Wir haben vergessen, etwas einzukaufen, jemanden anzurufen, ein Medikament zu nehmen, einen Brief einzuwerfen oder eine Datei an eine E-Mail anzuhängen, bevor wir sie abschickt haben. Was ist all diesen Situationen gemein? Jedes Mal ging es darum, etwas zu erledigen, was wir uns Sekunden, Minuten, Stunden oder Tage zuvor vorgenommen hatten. Obwohl uns diese Form des Erinnerns im Alltag so häufig Probleme bereitet, untersuchen Neurowissenschaftler und Psychologen sie erst seit rund 40 Jahren als eigenständigen Gedächtnisbereich.

Dieses so genannte prospektive Gedächtnis (auch ­Intentionsgedächtnis genannt) benötigen wir, um uns selbstständig an zukünftige Handlungen zu erinnern und diese rechtzeitig auszuführen. Darin unterscheidet es sich von den anderen, seit vielen Jahrzehnten in der klassischen Gedächtnisforschung untersuchten Phänomenen, die zusammenfassend als retrospektives Gedächtnis bezeichnet werden. Sie ermöglichen es uns, frühere Erlebnisse oder Wissen, das wir einst gelernt haben, abzurufen; mit dem prospektiven Gedächtnis erinnern wir uns dagegen an unsere Absichten. Beim retrospektiven Gedächtnis versuchen wir für gewöhnlich auf eine explizite Aufforderung hin, einen zuvor ­abgespeicherten Inhalt aus dem Gedächtnis abzurufen, beispielsweise in einer Prüfung. Beim prospektiven ­Gedächtnis fehlt die Erinnerungsaufforderung dagegen häufig, denn im Alltag steht normalerweise niemand neben uns, der uns darauf hinweist, dass wir auf dem Heimweg noch einkaufen wollten. Wir müssen – und das macht diese Art, sich zu erinnern, so schwierig – von selbst daran denken, dass der Supermarkt, an dem wir auf dem Heimweg vorbeikommen, uns heute darauf aufmerksam machen soll, dass wir noch Butter benötigen ...

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  • Quellen

Craik, F. I. M.: A Functional Account of Age Differences in Memory. In: F. Klix & H. Hagendorf (Hg.): Human Memory and Cognitive Capabilities, Amsterdam: Elsevier, S. 409-422, 1986

Henry, J. D.: A Meta-Analytic Review of Prospective Memory and Aging. In: Psychology and Aging 19, S. 27-39, 2004

Kliegel, M. et al.: A Process-Model Based Approach to Prospective Memory Impairment in Parkinson's Disease. In: Neuropsychologia 49, S. 2166-2177, 2011

Kliegel, M. et al. (Hg.): Prospective Memory: Cognitive, Neuroscience, Developmental, and Applied Perspectives. Taylor & Francis, New York, London 2008

Kliegel, M. et al.: Prospective Memory in Older Adults: Where We Are Now and What Is Next. In: Gerontology 62, S. 459-466, 2016

McDaniel, M. A. et al.: Dual Pathways to Prospective Remembering. In: Frontiers in Human Neuroscience 9, 392, 2015

Schnitzspahn, K. M. et al.: The Age-Prospective Memory-Paradox: an Exploration of Possible Mechanisms. In: International Psychogeriatrics 23, S. 583-592, 2011

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