Klimaneutralität: Der Umbau der Chemieindustrie
Die Luke öffnet sich. Unmittelbar schlägt Gluthitze mit einem lauten Fauchen heraus, gleißendes Licht sticht in die Augen. Hinter der flimmernden Luft in der Kammer sind auf der rechten Seite rotorange glühende Rohre zu erkennen. Länger als ein paar Sekunden kann man nicht hineinschauen, dann müssen sich Augen, Ohren und Haut kurz erholen.
Luke zu. Es ist wieder sonnig-warm an diesem Junitag in Ludwigshafen, 25 Grad Celsius, fast windstill, im feuerfesten Blaumann nicht gerade erfrischend. Neben uns dröhnt und röhrt die Anlage, von außen fühlt sie sich an wie eine Herdplatte mit Restwärme. Acht Stockwerke hoch erstrecken sich ihre Stahltürme in den blauen Himmel. Meterdicke Rohre führen zu einem weiteren, riesigen runden Turm, dann verzweigt sich alles zu einem Netzwerk verschiedener Kolonnen und Tanks, die in der Ferne mit den zahlreichen anderen Fabriken verschmelzen. Der Steamcracker, so formuliert es der Kollege aus der Presse- stelle, sei das Herz der BASF.
Überall auf der Welt stehen solche Anlagen. Stunde um Stunde verwandeln sie eine gelbliche Flüssigkeit, die Chemiker Naphtha nennen, in ein Sortiment kleiner Bausteine, die anschließend als Ausgangsstoffe für etliche Substanzen dienen. Die wichtigsten dieser Bausteine heißen Ethylen und Propylen, Benzol, Toluol und Xylol. Zusammen mit Methanol und Ammoniak bilden sie die sieben Primärchemikalien, auf denen fast die gesamte industrielle organische Chemie basiert: die Substanzen, aus denen Plastiktüten, Zahnpasta, Textilfasern, Waschmittel, Aromen, Dämmstoffe, Medikamente, Flugzeugsitze, Farbpigmente, Treibstoffe und vieles mehr bestehen. Mehrere zigtausend chemische Produkte fabriziert und nutzt die Welt täglich. Rund 70 Prozent der dabei anfallenden CO2-Emissionen entstehen beim Erzeugen der sieben Primärchemikalien.
Bis 2050 soll die Chemieindustrie klimaneutral sein …
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