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Neurodegeneration: Macht Schwerhörigkeit dement?

Altersbedingter Hörverlust geht mit kognitivem Abbau und Demenz einher. Zunehmend wird klar, wie diese Prozesse ineinandergreifen – und wie man sie vielleicht verhindern kann.

Weltweit leben heute mehr als 50 Millionen Menschen mit einer Demenz. Die Zahl der Betroffenen steigt von Jahr zu Jahr, und Prognosen gehen davon aus, dass sie sich bis 2050 verdreifachen könnte. Lässt sich diese Entwicklung durch gezielte Maßnahmen eindämmen? Eine Expertenkommission um die Psychiaterin Gill Livingston vom University College London beschrieb 2020 in der Fachzeitschrift »The Lancet« zwölf Risikofaktoren für Demenz, auf die laut ihrer Analyse 40 Prozent des Erkrankungsrisikos zurückgehen (siehe Grafik »Kalkuliertes Risiko«). Dazu zählen Umstände, die oft auch im Zusammenhang mit Neurodegeneration genannt werden, etwa geringere Bildung, fehlende Sozialkontakte, Luftverschmutzung, Schädel-Hirn-Traumata und Bewegungsmangel. Den vergleichsweise größten Einfluss schreiben die Expertinnen und Experten jedoch einem anderen Faktor zu: dem Hörverlust. Die Kommission schätzt, dass sich rund acht Prozent der Erkrankungen vermeiden ließen, wenn man ihn eliminierte.

Schleichender Hörverlust macht sich in der Regel ab der Lebensmitte bemerkbar. Unsere Ohren haben dann schon einiges hinter sich: Verkehrs-, Freizeit- und berufsbedingter Lärm setzen den feinen Strukturen des Innenohrs zu. Probleme beim Wahrnehmen hoher Frequenzen sind häufig unter den ersten Auffälligkeiten. Betroffene tun sich dann schwerer, damit Gesprächen zu folgen – vor allem, wenn sie in einer lauteren Umgebung wie zum Beispiel in einem vollen Restaurant stattfinden. Klinisch relevant wird eine Schwerhörigkeit nach Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dann, wenn eine Person Lautstärken unter 26 Dezibel nicht mehr wahrnimmt. Zum Vergleich: Eine ans Ohr gedrückte Armbanduhr tickt mit ungefähr 20 Dezibel, ein Flüstern ist etwa 30 Dezibel laut. Mehr als 40 Prozent…

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Spektrum Gesundheit – Gehirn im Wandel – Was passiert in den Wechseljahren?

In dieser Ausgabe erfahren Sie, wie stark das Gehirn auf hormonelle Veränderungen reagiert – und was es bedeutet, wenn die Menopause viel zu früh beginnt. Außerdem: Zuckerersatz, Herpesviren bei Alzheimer und Datenschutz bei der elektronischen Patientenakte.

Spektrum der Wissenschaft – Partner Immunsystem: Wie moderne Medizin die Körperabwehr nutzt

Die Medizin macht gerade revolutionäre Fortschritte – insbesondere auf dem Gebiet der Immuntherapien. Dass unsere Körperabwehr ein unverzichtbarer Partner ist, steht außer Frage: Ohne sie würden wir beinahe instantan an Krankheitserregern und Parasiten zu Grunde gehen. Fachleute verstehen immer besser, wie sich die Abwehrtruppen des Körpers dirigieren lassen, um Tumorleiden zu bekämpfen, schwer verlaufende Infektionen zu vermeiden oder degenerativen Hirnerkrankungen entgegenzuwirken. Es ist inzwischen möglich, gegen Krebs zu impfen, Immunzellen gezielt gegen Krankheitserreger scharfzuschalten oder rekordschnell zu Gegenmitteln zu kommen, wenn eine neue Seuche um sich greift. Das zeigte sich deutlich während der Coronapandemie, als mRNA-Impfstoffe Millionen Menschen das Leben gerettet haben. Für ihre entscheidenden Beiträge dazu bekamen Katalin Karikó und Drew Weissman im Jahr 2023 den Nobelpreis.

Gehirn&Geist – Neuroplastizität im Alter: Klares Denken bewahren

Bei manchen Menschen scheint das Gehirn altersbedingte Schäden besonders gut ausgleichen zu können. »Neuronale Kompensation« nennt sich ein Mechanismus, der dabei hilft, im Alter trotz neuronalem Abbau klares Denken zu bewahren. Wir stellen die drei bisher bekannten Wege einer solchen »neuronalen Kompensation« vor. Daneben berichten wir, welche Verfahren sich in der Psychotherapie bewährt haben und welche Richtlinien es hierzu in Deutschland gibt. Der dritte Teil der Serie »Kognition im Tierreich« behandelt die Kognition von Walen sowie Delfinen und geht der Frage nach, inwieweit sie menschliches Verhalten verstehen. Außerdem informieren wir, wie das Fettgewebe mit dem Gehirn kommuniziert und so Einfluss auf das Körpergewicht und die Gewichtsregulierung nimmt.

  • Quellen

Eckert, M. et al.: Age-related hearing loss associations with changes in brain morphology. Trends in Hearing 23, 2019

Lin, F. et al.: Hearing loss and cognitive decline in older adults. JAMA Internal Medicine 173, 2013

Livingston, G. et al.: Dementia prevention, intervention, and care: 2020 report of the Lancet Commission. The Lancet 396, 2020

Rigters, S. et al.: Hearing impairment is associated with smaller brain volume in aging. Frontiers in Aging Neuroscience 9, 2017

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