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Gedächtnis: Warum wir vergessen

Nur wer vergisst, kann Unwichtiges von Wichtigem trennen, abstrakt denken und Probleme lösen. Darüber hinaus hilft der lange unterschätzte Mechanismus sogar beim Erinnern
Mann mit einem Fragezeichen auf der Stirn

Wer gibt schon gern zu, die Brille verlegt oder einen Termin verschwitzt zu haben? Auch unter Gedächtnisforschern gilt Vergessen als Gegenpol zum Erinnern, falls sie es überhaupt beachten. Dabei ist es weit mehr als nur eine Lücke im Gedächtnis – es ist ein integraler Bestandteil davon. Was wir uns merken, erleben oder für die Zukunft planen, hängt nicht nur von unseren vorhandenen Erinnerungen ab, sondern auch von all dem, was wir nicht mehr wissen. Die Situation gleicht einer Marmorskulptur, die gerade erst durch das entfernte Gestein entsteht.

Da unser Leben aus fortlaufenden Veränderungen besteht, ist es ganz entscheidend für unser Gehirn, zu vergessen. Um uns an wandelnde Umweltbedingungen anzupassen, müssen wir sowohl Neues lernen als auch bereits Gelerntes wieder verlernen (also vergessen) sowie umlernen. Das lässt sich gut anhand der Wahrnehmung verdeutlichen: Wir müssen das, was wir sehen, fühlen, hören, schmecken oder riechen, zwar kurz im Gedächtnis behalten, allerdings nur so lange, bis der nächste Sinneseindruck ankommt ...

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  • Literaturtipps und Quellen

Literaturtipps

Draaisma, D.: Das Buch des Vergessens: Warum Träume so schnell verloren gehen und Erinnerungen sich ständig verändern. Galiani Berlin, Köln 2013

Der niederländische Gedächtnisforscher berichtet über die Vor- und Nachteile des Vergessens.

Korte, M.: Wir sind Gedächtnis: Wie unsere Erinnerungen bestimmen, wer wir sind. DVA, München 2017

Wie Erinnerungen unser Leben prägen, schildert der Neurobiologe in seinem Buch.

Quellen

Kroes, M. C. et al.: Translational Approaches Targeting Reconsolidation . In: Current Topics in Behavioral Neurosciences 28, S. 197–230, 2016

Licznerski, P. et al.: Decreased SGK1 Expression and Function Contributes to Bhavioral Deficits Induced by Traumatic Stress. In: PLoS Biology 13, e1002282, 2015

McLaughlin, K. A. et al.: Amygdala Response to Negative Stimuli Predicts PTSD Symptom Onset Following a Terrorist Attack. In: Depression and Anxiety 31, S. 834–842, 2014

Nader K., Schafe G. E., Le Doux J. E.: Fear Memories Require Protein Synthesis in the Amygdala for Reconsolidation After Retrieval. In: Nature 406, S. 722–726, 2000

Sajikumar, S. et al.: Competition between Recently Potentiated Synaptic Inputs Reveals a Winner-Take-All Phase of Synaptic Tagging and Capture. In: PNAS 111, S. 12217–12221, 2014

Schiller, D. et al.: Preventing the Return of Fear in Humans using Reconsolidation Update Mechanisms. In: Nature 463, S. 49-53, 2010

Schiller, D. et al.: Extinction during Reconsolidation of Threat Memory Diminishes Prefrontal Cortex Involvement. In: PNAS 110(50), S. 20040-20045, 2013

Schiller, D. et al.: From Fear to Safety and Back: Reversal of Fear in the Human Brain. In: Journal of Neuroscience 28 (45), S. 11517-11525, 2008

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