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Archäologie: Auch Neandertaler schmückten sich

Neandertalerschmuck aus Cueva Antón
Hatten Neandertaler Sinn für Kunst? Bis vor kurzem lautete die Antwort nein. Die Fähigkeit zu künstlerischem Ausdruck und symbolischem Denken galt als typisches Merkmal des modernen Menschen. Doch Funde von Objekten, die für ein ästhetisches Empfinden der Neandertaler sprechen, bringen diese Einschätzung zunehmend ins Wanken.

Schmuckstücke der Neandertaler | Verschiedene Muschelfunde aus der Cueva de los Aviones in Südspanien, datiert auf ein Alter von 45 000 bis 50 000 Jahren. Am häufigsten vertreten sind Herzmuscheln (Acanthocardia tuberculata)(1), und Samtmuscheln (Glycymeris insubrica)(2,3). Viele der Schalen weisen Löcher auf, von denen manche künstlich gebohrt scheinen. Häufig sammelten Neandertaler jedoch vermutlich schlicht Muscheln mit natürlichen Löchern.
Das neueste Beispiel stammt aus zwei Höhlen nahe der spanischen Mittelmeerküste. Dort stießen Archäologen um João Zilhão von der University of Bristol (England) auf eine offenbar gezielt angelegte Sammlung von Muschelschalen, die laut Radiokarbondatierung bis zu 50 000 Jahre alt sind. Sie stammen von Arten wie der bis heute oft als Schmuck genutzten Stachelauster und tragen Reste von roten, gelben und schwarzen Farbpigmenten. Die Verteilung der Naturfarben aus Erden und Eisenmineralen lasse laut den Forschern darauf schließen, dass die Muscheln gezielt bemalt wurden oder als Gefäß zum Anrühren der Farben dienten. Viele der Schalen besaßen zudem Löcher, waren also vermutlich einst zu einer Kette aufgefädelt.

Auch in anderen Siedlungen von Neandertalern hatten Forscher zuvor mögliche Schmuckstücke wie etwa durchbohrte Tierzähne entdeckt. Sie stammten jedoch aus der Zeit nach der Einwanderung des modernen Menschen in Europa vor rund 40 000 Jahren. Womöglich hatten die Neandertaler also nur den Schmuck der neuen Einwanderer gefunden, erbeutet oder nachgeahmt. Die jüngsten Funde zeigten nun jedoch, so Zilhão, dass sich beide Arten von Frühmenschen bei ihrem Zusammentreffen auf vergleichbarem kulturellem Niveau befanden.

Ralf Strobel

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