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Gravitationswellen: Detektoren von Einsteins Wellen in den Startlöchern

Der vierte Beobachtungslauf O4 der Gravitationswellendetektoren LIGO und Virgo wird am 10. April 2024 fortgesetzt und soll voraussichtlich Anfang 2025 enden.
L-förmiges Laserinterferometer zur Messung von Gravitationswellen
Jetzt misst er wieder: Eines der beiden Laserinterferometer LIGO befindet sich in Livingston im US-Bundesstaat Louisiana und hat eine Armlänge von vier Kilometern.

Die großen auf der ganzen Erde verteilten Laserinterferometer zur Messung von kosmischen Gravitationswellen machen sich wieder bereit. Am 10. April werden drei Gravitationswellendetektoren erneut angeschaltet: die beiden Interferometer von LIGO in den USA sowie Virgo in Italien. Der Detektor KAGRA in Japan soll später hinzukommen, weil das Experiment bei einem Erdbeben auf der Halbinsel Noto an Neujahr 2024 beschädigt wurde. Die hochempfindlichen Messgeräte werden winzige Erschütterungen der Raumzeit aufspüren, die verschmelzende Schwarze Löcher und Neutronensterne in den Weiten des Weltalls hervorrufen. Der vierte Beobachtungslauf O4 wird mit verbesserten Detektoren sowie Analysewerkzeugen fortgesetzt und soll Anfang 2025 enden. Forschende erwarten mehr als 200 neue Gravitationswellenereignisse. Sie hoffen dabei auch auf Multi-Messenger-Ereignisse, also Signale, die sowohl Gravitationswellen als auch elektromagnetische Wellen abgeben.

Neue Ära der Astronomie

Die Wellenform, die Albert Einstein vor gut 100 Jahren auf der Grundlage seiner allgemeinen Relativitätstheorie vorhersagte, wird beim Beschleunigen von kompakten Massen erzeugt. Das Frequenzverhalten und die Stärke der Gravitationswellen verraten Fachleuten etwas über die Quelle. Im Jahr 2015 gelang der mit dem Physik-Nobelpreis gewürdigte Durchbruch, die Gravitationswellen von zwei in rund 1,3 Milliarden Lichtjahre entfernten kollidierten Schwarzen Löchern von jeweils ungefähr 30 Sonnenmassen nachzuweisen. Seither wurden dutzende Gravitationswellenereignisse aufgespürt. Es handelt sich dabei vor allem um verschmelzende kompakte Sternüberreste, Schwarze Löcher und Neutronensterne.

Der Beginn der Multi-Messenger-Astronomie mit Gravitationswellen wird von dem Ereignis GW170817 markiert. In dem Katalognamen ist das Datum codiert: Am 17. August 2017 wurde mit den Laserinterferometern das Signal gemessen, das zwei Neutronensterne bei ihrem Zusammenstoß erzeugten. Dieser »stellare Unfall« ereignete sich in der Galaxie NGC 4993 in einer Distanz von 130 Millionen Lichtjahren zur Erde. Neben den Gravitationswellen wurden auch elektromagnetische Wellen über sämtliche Spektralbereiche registriert. Dieses kosmische Feuerwerk gab Aufschluss, was bei dieser Explosion, die Kilonova genannt wird, genau geschah.

Lauschen nach Raumzeitbeben

Der vierte Beobachtungslauf O4 mit den Detektoren LIGO, Virgo und KAGRA begann schon mit einer ersten Messperiode – O4a genannt – am 24. Mai 2023 und endete am 16. Januar 2024 um 17:00 Uhr MEZ. Die zweite Messperiode O4b der vierten Beobachtungskampagne startet Mittwoch, den 10. April 2024, genau um 17:00 Uhr MESZ.

Beobachtungsläufe von LIGO, Virgo und KAGRA | Alle fünf Beobachtungskampagnen O1 bis O5 der Gravitationswellendetektoren LIGO in den USA, Virgo in Italien und KAGRA in Japan sind hier über einer Zeitachse darstellt. Die farbigen Balken zeigen die Zeiträume, in denen die Detektoren jeweils an den Beobachtungsläufen teilnehmen. Die Längeneinheit Mpc steht für Megaparsec, also eine Million Parsec oder rund drei Millionen Lichtjahre. Die angegebenen Entfernungen sind Durchschnittswerte, bis zu denen der jeweilige Detektor die Gravitationswellen eines verschmelzenden Neutronensternpaars aufspüren könnte. Diese Distanz nimmt von links nach rechts zu, weil die Empfindlichkeit der Detektoren von Beobachtungslauf zu Beobachtungslauf gesteigert werden kann. Über die Pläne für den O5 soll gegen Mitte 2024 Gewissheit herrschen.

In Deutschland sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik beteiligt, das Dependancen in Potsdam und in Hannover unterhält. Die Einrichtung betreibt auch ein eigenes Gravitationswellen-Laserinterferometer in der Nähe von Hannover: GEO600 mit einer Armlänge von 400 Metern. Der Prototyp war und ist wichtig für die Entwicklung und Tests der Messtechnik. Die deutlich kürzere Armlänge des Interferometers hat jedoch zur Konsequenz, dass das Interferometer weniger empfindlich ist als die großen Brüder in Übersee.

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