Direkt zum Inhalt

News: Holz unter Strom

Bislang konnten Archäologen nur mit Glück und dem richtigen Riecher Holz im Boden ausmachen. In Zukunft verraten vielleicht schon die elektrischen Eigenschaften des Untergrundes, wo eine Grabung lohnt.
Holzfunde sind für die Archäologie von großer Bedeutung. Denn die charakteristische Abfolge der Jahresringe erlaubt eine so gute Datierung (Dendrochronologie), dass sich damit sogar Radiocarbon-Daten eichen lassen. Leider sind selten die Voraussetzungen dafür gegeben, dass Holz die Jahrhunderte oder gar Jahrtausende überdauert. So finden sich von einstigen Bauten häufig lediglich die Löcher der Stützpfeiler, der organische Baustoff ist hingegen längst verfault und zu Staub zerfallen. Und wenn das Material doch mal im Gletschereis oder im Moorboden erhalten blieb, dann müssen die Forscher schon darüber stolpern, denn elektronische Suchgeräte für Holz gibt es bislang nicht – noch nicht.

Denn den Geophysikern Norbert Schleifer und Andreas Weller von der Technischen Universität Clausthal sowie Simon Schneider und Andreas Junge von der Universität Frankfurt gelang es nun, eine Methode erfolgreich zum Aufspüren von Holz einzusetzen, die bereits bei der Erkundung von Erzlagerstätten und der Untersuchung von Altlasten gute Dienste leistet: die spektrale induzierte Polarisation (SIP).

Im Grunde ähnelt das Verfahren einer Widerstandsmessung, denn zwischen zwei in den Boden gesteckten Elektroden lässt man einen elektrischen Strom definierter Signalform (meist ein Sinus- oder Rechtecksignal) fließen, während man gleichzeitig mit zwei anderen Elektroden die Spannung misst. Anders als bei einer konventionellen Widerstandsmessung vergleichen die Wissenschaftler bei dieser Methode jedoch nicht die Amplituden des eingespeisten Stromsignals mit der gemessenen Spannung, sondern den zeitlichen Versatz der beiden Größen – die so genannte Phasenverschiebung.

Und diese Phasenverschiebung ist es, die Aufschluss über den Untergrund gibt. Denn je nach seiner Beschaffenheit kommt es zu elektrochemischen Vorgängen an den Grenzflächen zwischen Mineralien und dem Elektrolyt im Porenraum. Wird ein äußeres elektrisches Feld angelegt, versuchen die Ionen innerhalb des Elektrolyten ein Ladungsgleichgewicht im Untergrund herzustellen. Erz- und Tonminerale, Engstellen im Porenraum und die chemische Zusammensetzung des Elektrolyten beeinflussen diesen Ladungsausgleich und führen zu messbaren Phasenverschiebungen zwischen Strom und Spannung.

Zwar waren diese elektrischen Polarisationseffekte und die damit verbundene Phasenverschiebung bereits seit Anfang des vorherigen Jahrhunderts bekannt und ließen sich später auch gezielt zur Erkundung von Erzlagerstätten nutzen. Erste Versuche, die induzierte Polarisation in der Archäologie einzusetzen, waren in den siebziger Jahren jedoch noch nicht von Erfolg gekrönt.

Die Grundlage für die erfolgreiche Anwendung der Methode für archäologische Zwecke legten die Wissenschaftler nun durch Labormessungen. Dort konnten sie zeigen, dass auch Holz polarisierbar ist, und zwar unabhängig von Art und Alter. Da das Verhalten polarisierbarer Materialien frequenzabhängig ist, war es wichtig, eine geeignete Messfrequenz für die Feldmessung zu bestimmen. Dies geschah an Holzproben, welche die Forscher einem bronzezeitlichen Bohlenweg (1500 bis 1400 vor Christus) aus dem Federseemoor bei Bad Buchau entnahmen.

Bei späteren Feldmessungen ließ sich dann der etwa neun Meter breite Weg auch unter einer etwa einen Meter mächtigen Torfschicht noch auffinden. Die gut erhaltene Holzstruktur hob sich durch erhöhte Phasenwerte vom ungestörten Boden ab. Damit konnten die Forscher zeigen, dass sich die Methode der spektralen induzierten Polarisation zum Auffinden von archäologischen Holzobjekten eignet. Bleibt abzuwarten, welche Entdeckungen ihnen hiermit gelingen werden.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.