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Korallenbleiche: Bunter Schutz vor dem Korallensterben

Im Zuge der Erderwärmung bleichen Korallen aus, Riffe sterben ab und bröckeln dahin. Immerhin halten widerstandsfähige Varianten den Stress besser aus als andere. Sie könnten dafür sorgen, dass überlebende Korallenriffe anders aussehen als zuvor.
Grüne Korallen trotzen der Bleiche

Der Anstieg der Wassertemperatur im Zuge der Erderwärmung macht Korallen seit Jahrzehnten zu schaffen: Im Ernstfall kommt es zur Korallenbleiche, bei der die Tiere die in ihrem Körper beheimateten symbiontischen Algen verlieren. Die dann nicht konkurrenzfähigen Korallen sterben ab, und das wertvolle Ökosystem Riff kollabiert allmählich. Korallen kennen aber auch eine Reihe von Gegenmaßnahmen: Sie können auf hitzeresistente Symbionten setzen und Energiereserven sparen – oder ihre Farbe an die neuen Umwelttemperaturen anpassen, um ihren symbiontischen Mitbewohnern ein besseres Mikroklima anzubieten. Diesen Trick haben japanische Forscher an Korallen im nördlichen Pazifik beobachtet.

Im Fachblatt »G3 Genes|Genomes|Genetics« berichten Noriyuki Satoh vom Okinawa Institute of Science and Technology und seine Kollegen von drei Farbvarianten der Steinkoralle Acropora tenuis, die vor Okinawa vom Klimawandel schwer betroffen ist. Die drei Formen der Art – eine gelbgrüne, eine purpurne und eine bräunliche – sind seit Jahrzehnten bekannt, derzeit aber verschiebt sich im zunehmend wärmeren Wasser das Gleichgewicht in allen Jahreszeiten eindeutig hin zur gelbgrünen Variante. Die Forscher haben versucht herauszufinden, woran das liegt.

Farbvarianten von Acropora tenuis | Die drei Farbvarianten der Steinkoralle Acropora tenuis, einer vor Okinawa häufigen Art. Die verschiedenen Farben kommen durch ein unterschiedliches Verhältnis von vier Farbeindrücken zu Stande, die ihrerseits aus jeweils mehreren unterschiedlichen Proteinen zusammengemischt sind.

Zunächst ermittelte das Team, dass alle drei Formen der Koralle mit den im Wesentlichen gleichen Dinoflagellaten-Symbionten zusammenleben, so dass nicht etwa eine Form besonders hitzeresistenter Algen der Grund für die Widerstandsfähigkeit der grüngelben Korallen sein kann. Die Algen in den braunen und purpurnen Formen zeigen dennoch eine deutlich niedrigere Fotosynthese-Aktivität und stellen ihrer Koralle daher viel weniger Energiereserven bereit.

Das Forscherteam hat auf der Suche nach einer Antwort die Genome der verschiedenen Formen analysiert. Dabei stieß es auf Veränderungen, die die Produktion von vier Fluoreszenzfarben steuern: einer grünen, roten, blau-purpurnen und einer cyanfarbigen, die in den Korallen pro Farbe durch jeweils zwei bis sieben leicht unterschiedliche Proteine hervorgerufen werden. In den grüngelben Korallen fielen dabei zwei Proteine aus dem Rahmen, die in allen Jahreszeiten in größeren Mengen produziert werden.

Diese Proteine verleihen einen besonderen Hitzeschild: Sie schützen offenbar durch die Absorption bestimmter Lichtwellenlängen die fotosynthetisch aktiven Symbionten besonders gut. Braune A. tenuis müssen auf diesen Schutz dagegen verzichten, und sie bleichten daher in einem Beobachtungszeitraum zwischen Juli und August 2017 vor Ort häufig aus. Die überlebenden braunen Korallen gedeihen weniger gut – offenbar weil ihre gestressten Symbionten die Fotosynthese herunterfahren müssen. Die Forscher untersuchen die genauen molekulargenetischen Hintergründe noch weiter, um alle Details zu verstehen. Es liegt nahe zu vermuten, dass die verschiedenen Farbvarianten lange nebeneinander existiert haben, denn sie alle bringen in unterschiedlichen Situationen Vorteile und Nachteile mit sich. Diese Vielfalt zu erhalten, dürfte das Ökosystem auf mittlere Sicht nicht nur bunter, sondern auch widerstandsfähiger machen.

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