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Lebensmittel: Gesünder einkaufen dank Nutri-Score?

Labels wie der Nutri-Score sollen helfen, den wahren Nährwert von Lebensmittelprodukten zu erkennen. Selbst wenn Slogans etwas anderes behaupten. Doch helfen die Labels wirklich?
Auf einem Lebensmittelprodukt ist ein Nutri-Score abgedruckt.

Auf einer Fruchtgummipackung prangt in Großbuchstaben die Aufschrift »30% weniger Zucker«. Gesünder als andere Gummibonbons ist die Süßigkeit deshalb wohl nicht. Und trotzdem dürfte der Slogan seinen Zweck erfüllen: Denn viele Verbraucher glauben, Lebensmittel mit einem Verweis auf reduzierten Zuckergehalt seien gesünder als ein ähnliches Produkt ohne diese Angabe. Nun ergab eine Onlinebefragung von Göttinger Marketingforscherinnen, dass Labels wie der Nutri-Score dabei helfen könnten, irreführende Werbebotschaften zu durchschauen. Die Studie ist im Fachmagazin »PLOS ONE« erschienen.

Kristin Jürkenbeck, Clara Mehlhose und Anke Zühlsdorf von der Universität Göttingen ließen 1103 Freiwillige online bewerten, für wie gesund sie bestimmte Lebensmittel halten. Dazu zeigten sie den Umfrageteilnehmern Bilder von fiktiven Produkten, die unterschiedlich mit Nutri-Score und Zucker-Slogans bedruckt waren: Es waren Instant-Cappuccinos, Haferdrinks und Schokomüslis. Auf einem Teil der Cappuccinodosen stand »weniger süß«, auf manchen Hafergetränken hieß es »ohne Zuckerzusatz« und beim Müsli gab es eine Variante, die mit »30% weniger Zucker« beworben wurde.

Der erste und zweite Slogan übte keinen Einfluss auf die Teilnehmer aus, ihre Bewertungen der Nahrungsmittel blieben gleich – egal ob auf den Zuckergehalt oder den Geschmack hingewiesen wurde oder nicht. Jedoch fanden die Probanden, dass das zuckerreduzierte Müsli gesünder sei als das Vergleichsprodukt ohne Werbehinweis. War auf dem Müsli jedoch zusätzlich zur Zuckerbotschaft noch der Nutri-Score aufgedruckt, war dies nicht mehr der Fall. Das Label half demnach, eine fehlgeleitete Beurteilung zu korrigieren, schreiben die Wissenschaftlerinnen in ihrer Studie.

Beim Nutri-Score handelt es sich um eine Lebensmittelampel, die auf den Produkten abgedruckt ist. Sie zeigt an, wie viel Zucker, Fett, Salz, Eiweiß, Ballaststoffe, Gemüse oder Obst in 100 Gramm eines Lebensmittels stecken. Auf einer fünfstufigen Skala lässt sich der Gesamtnährwert ablesen: Sie reicht von einem dunkelgrün unterlegten »A« – diese Bewertung gilt als die beste – bis zu einem rot unterlegten »E« – dem schlechtesten Wert. Seit Ende 2020 können Unternehmen in Deutschland den Nutri-Score freiwillig auf ihre Produkte drucken. Verpflichtend ist das Label nicht.

Wie wirkt sich der Nutri-Score auf das Kaufverhalten aus?

Der Einfluss des Nutri-Score auf das tatsächliche Kaufverhalten ist allerdings umstritten. Bei einer großen Untersuchung in französischen Supermärkten erwiesen sich die Effekte um ein Vielfaches kleiner als in Laborstudien. Die Auswertung von hunderttausenden Einkäufen ergab zwar, dass sich Kundinnen und Kunden auf Grund der Lebensmittelampel häufiger für gesündere Produkte entschieden haben, sie kauften deshalb aber nicht weniger ungesunde Lebensmittel.

Dennoch offenbare die neue Studie, wie schwierig es für Konsumenten und Konsumentinnen sei, die Nährwertqualität von Lebensmitteln zu beurteilen, sagt Jürkenbeck. Ein Label wie der Nutri-Score leiste daher eine Hilfestellung, insbesondere wenn der Staat die Hersteller zur Angabe verpflichten würde. Fraglich bleibt allerdings, ob die Ergebnisse der von der Verbraucherzentrale finanzierten Studie übertragbar sind. Zwar wählten die Wissenschaftlerinnen drei Beispiele aus, »um Produktkategorien mit unterschiedlich problematischen Nährstoffzusammensatzungen abzudecken«, sagt Jürkenbeck. Aber es ist noch nicht geklärt, ob sich aus drei fiktiven Produkten Aussagen für die gesamte Lebensmittelpalette ableiten lassen.

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