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Open Access: Mehr freie Studien dank Plan S

In der Regel dürfen Wissenschaftler ihre Zeitschriftenartikel nicht frei zugänglich und nutzbar machen. Der Plan S soll dies nun ändern.
Bald lassen sich wissenschaftliche Publikationen wohl für jedermann von überall abrufen

Plan S ist extrem: Die Open-Access-Initiative will es Forschern ermöglichen, die Beschränkungen der Fachzeitschriften zu umgehen und ihre Manuskripte frei zugänglich zu machen. Das könnte es ihnen erlauben, in jeder beliebigen Zeitschrift zu publizieren – selbst in abopflichtigen wie »Science«. Diese haben sich allerdings bislang noch nicht mit den neuen Regeln einverstanden erklärt.

Ab 2021 soll der Plan in Kraft treten. Er zielt darauf ab, wissenschaftliche und akademische Werke jedem Menschen frei zugänglich zu machen, sobald sie veröffentlicht sind. Zu den Institutionen, die sich diesem Vorhaben angeschlossen haben, gehören die Weltgesundheitsorganisation, die Wellcome-Stiftung, die Bill & Melinda Gates Foundation und 17 nationale Förderer, hauptsächlich aus Europa. Die Europäische Kommission sagt ebenfalls, dass sie den Plan verfolgen wird.

Nicht nur hochladen, sondern auch nutzbar machen

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich von Plan S finanzieren lassen, müssen ihre Arbeiten unter Open Access veröffentlichen. Wenn eine Zeitschrift dies nicht zulässt, können Forscherinnen und Forscher stattdessen eine akzeptierte Version ihres Artikels (englisch: author accepted manuscript), kurz AAM, in ein Onlinearchiv hochladen, sobald der Beitrag erscheint. Diese Art der autoreninitiierten Freigabe wird manchmal als »Green Open Access« bezeichnet. Nach Plan S ist sie mit einer Bedingung verknüpft, die vielen Abonnement-Zeitschriften bislang ein Gräuel war: Das AAM muss unter einer liberalen »CC-BY«-Verlagslizenz publiziert werden, die es anderen erlaubt, das Werk neu zu veröffentlichen und zu übersetzen.

Nur sehr wenige Verlage erlauben bislang, AAMs unter CC-BY und ohne Einschränkungen – unter einem so genannten Zero Embargo – weiterzugeben, sagt Bianca Kramer, Bibliothekarin an der Universität Utrecht in den Niederlanden. Stattdessen bitten Verlage Autoren häufig darum, Vereinbarungen zu unterzeichnen, laut denen sich AAMs nur unter einer restriktiveren Lizenz nutzen lassen. Etwa 2800 Zeitschriften großer Verlage gestatten Wissenschaftlern, ihre akzeptierten Manuskripte sofort online zu stellen. Doch nur weniger als 20 erlauben sowohl ein Zero Embargo als auch eine CC-BY-Lizenzierung, schätzen Kramer und der Bibliothekar Jeroen Bosman, der ebenfalls an der Universität Utrecht arbeitet. Deshalb fürchten einige Forscher, nicht mehr in Abozeitschriften publizieren zu dürfen, wenn man die grüne Open-Access-Strategie einhält.

Am 15. Juli 2020 hat die Koalition S jedoch angekündigt, dass die Geldgeber dieses Verbot einfach außer Kraft setzen werden. Um Zuschüsse zu bekommen, müssen Autoren CC-BY-Lizenzen für ihre AAMs beantragen. Demnach behalten sie das Recht, ihre Manuskripte auf diese Weise zu veröffentlichen – unabhängig davon, was in den Vertragsbedingungen einer Zeitschrift steht.

Weiter bedeutet das, dass Forscher in jeder beliebigen Zeitschrift – auch hinter einer Paywall – publizieren und sich trotzdem an Plan S halten können. Die Geldgeber hofften, die Verlage würden ihre Vereinbarungen dahingehend ändern, dass Autoren ihre AAMs unter einer CC-BY-Lizenz online teilen können, sagt Robert Kiley, Leiter der Open-Research-Platform bei Wellcome. Tun sie das nicht, sagt Kiley, dann hätten die bereits vereinbarten Förderbedingungen »rechtlichen Vorrang vor jeder späteren Verlagsvereinbarung«. Es sei aber immer noch möglich, dass ein Verlag sich schlichtweg weigert, solche Manuskripte in Betracht zu ziehen, fügt Kiley hinzu.

Wahlfreiheit für Autoren soll bestehen bleiben

Die American Association for the Advancement of Science (AAAS) in Washington D.C., Herausgeber von »Science«, hat bereits reagiert: »Damit Autoren, die ein entsprechendes Mandat oder eine Empfehlung von ihren Fördereinrichtungen erhalten haben, die Möglichkeit haben, Plan S einzuhalten, prüfen wir Änderungen unserer Lizenzen und unserer Politik, die es dem Autor ermöglichen würden, sein AAM – das wir seit Langem bei der Veröffentlichung auf der persönlichen Website eines Autors oder seines Instituts zur Verfügung stellen – unter einer öffentlichen Urheberrechtslizenz (CC-BY) zu verbreiten«, sagt ein AAAS-Sprecher. SpringerNature, unter anderem Verleger von »Nature«, kündigte Anfang 2020 an, dass Forscher künftig auf eine Weise unter Open Access publizieren dürfen, die mit Plan S kompatibel ist.

Noch aber sind viele Fragen zu Plan S offen, sagt Lisa Hinchliffe, Bibliothekarin an der University of Illinois. Etwa: »Werden die Autoren ihr AAM tatsächlich sofort hinterlegen?« Und: »Wie wird das zeitnah überprüft und durchgesetzt?«

Laut der Koalition soll Plan S für alle Publikationen ab 2021 gelten, die aus Ausschreibungen für Fördergelder hervorgehen. Einzelne Geldgeber könnten sich dafür entscheiden, den Plan früher einzuführen. Allerdings werden nicht alle die neuen Regelungen bis 2021 in ihre Finanzierungsvereinbarungen aufnehmen.

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