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Südkoreanische Studie: Oft trugen Jugendliche das Coronavirus in die Familien

Eine Studie aus Südkorea hat Infektionsketten von 5700 Covid-19-Fällen nachvollzogen. Demnach steckten 10- bis 19-Jährige besonders oft ihre Haushaltsmitglieder an.
Jugendliche sind möglicherweise häufiger Überträger des Coronavirus als gedacht

In der Debatte um die Wiedereröffnung von Schulen während der Coronavirus-Pandemie steht besonders die Frage im MIttelpunkt, wie ansteckend Kinder und Jugendliche sind. Eine Studie aus Südkorea fand nun Hinweise darauf, dass Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren das Virus mindestens genauso häufig wie Erwachsene weitergaben. Kinder unter zehn Jahren infizierten hingegen nur halb so oft einen anderen Menschen.

Die Ergebnisse sind im Detail im Fachmagazin »Emerging Infectious Diseases« nachzulesen. Das Forscherteam um Eun Kyeong Jeong von den Korea Centers for Disease Control and Prevention in Cheongju hat insgesamt 5706 so genannte Indexfälle ausgemacht, bei denen Covid-19 auftauchte, ohne dass ein weiterer infizierter Kontakt bekannt war. Von diesen Fällen ausgehend haben die Forscher sämtliche 59 703 Kontakte der Indexfälle auf eine Infektion mit dem Coronavirus überwacht. Dabei unterschieden sie zwischen Menschen, die im gleichen Haushalt wie der Indexfall leben, und externen Kontakten.

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Von den 10 590 haushaltsinternen Kontaktpersonen waren nach Abschluss des Beobachtungszeitraums insgesamt 11,8 Prozent ebenfalls infiziert – sie haben sich mutmaßlich beim Indexfall angesteckt. Von den 48 481 externen Kontakten erkrankten 1,9 Prozent. Auch hier steht zu vermuten, dass die Infektion auf den Indexfall zurückgeht.

Auffällig war nun der Vergleich der Altersgruppen. Infizierte Kinder unter zehn Jahren steckten nur etwas über fünf Prozent ihrer Haushaltsgenossen an. Infizierte Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren hingegen 18,6 Prozent. Daraus schließen die Wissenschaftler auf das erhöhte Infektionsrisiko von Jugendlichen.

Die Daten wurden während der südkoreanischen Schulschließungen erhoben. Gut möglich sei, dass besonders die Jugendlichen private Kontakte aufrechterhielten und dadurch die Wirkung der Schließungen reduzierten, wenden die Forscher ein. Konkrete Hinweise auf einen solchen Effekt haben sie aber nicht. Dass die Jugendlichen das Virus häufiger weitergaben, könne schlicht an Folgendem liegen: Sie pflegen engere Beziehungen zu einer Vielzahl anderer Menschen und interagieren intensiver mit diesen als Erwachsene.

Die Studie gebe mit einer relativ großen Zahl an untersuchten Teilnehmern ein gutes Bild der Infektionslage in Südkorea von Januar bis März 2020, schreiben die Forscher. Allerdings war der Anteil der unter 19-Jährigen mit 153 der 5706 Erstinfizierten insgesamt nur recht klein. Wie aussagekräftig die Statistik wirklich ist und welche Fälle möglicherweise übersehen wurden, weil außerhalb der Haushalte nur Personen getestet wurden, die Symptome zeigten, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen. Dennoch lobt etwa Ashish Jha, der Direktor des Harvard Global Health Institute, die Studie gegenüber der »New York Times«. Sie sei seht sorgfältig, umfangreich und »eine der besten zu diesem Thema, die wir bislang haben«.

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