Direkt zum Inhalt

Römisches Britannien: Ein Skelett in Fußfesseln

Ein Knochenfund in England lässt Archäologen rätseln: War der Tote einst ein Sklave gewesen, oder sollte ein Wiedergänger gebunden werden?
Die Fußfessel fand sich an einem römerzeitlichen Skelett in England.

In Fußfesseln war der Mann zwischen dem 3. und 5. Jahrhundert verscharrt worden. Vor einigen Jahren dann stießen Bauarbeiter in der englischen Stadt Great Casterton auf die römerzeitlichen Überreste. Inzwischen haben Archäologen das ungewöhnliche Skelett in Ketten untersucht. Sie vermuten, dass der Mann einst ein Sklave im Römischen Reich war. Ganz sicher sei das aber nicht.

Laut Chris Chinnock und Michael Marshall vom Museum of London Archaeology, die den Fund im Fachmagazin »Britannia« veröffentlichten, ergab eine Radiokarbondatierung, dass die Knochen zwischen zirka 1600 und 1800 Jahre alt sind. Aus den Gebeinen gehe auch hervor, dass der Mann bei seinem Tod ungefähr 26 bis 35 Jahre alt war – und zeitlebens hart arbeiten musste.

Neben der Fußfessel, die aus zwei Eisenspangen und einem Schloss besteht, dokumentierten die Forscher noch einiges Ungewöhnliches: Bei dem Skelett, dessen Schädel wohl durch einen früheren Bodeneingriff fortgebaggert wurde, haben die Archäologen keine Grabbeigaben entdeckt. Zudem lag der Tote nicht auf dem Rücken, sondern auf einer Körperflanke im Boden – die Forscher vermuten, dass er ohne das epochenübliche Bestattungszeremoniell in einem Graben abgelegt worden war. Am Fundplatz befand sich auch kein antiker Friedhof. Der lag aber unweit der Fundstelle.

Fußfessel | In der Röntgenaufnahme zeigt sich, dass die Fußfessel aus mehreren Teilen besteht. Die eisernen Ringe werden von einem Schloss zusammengehalten.

Anhand dieser Indizien und antiker Schriftquellen versuchten Chinnock und Marshall, den Toten zu identifizieren – zumindest seinen Status zu Lebzeiten. Römische Autoren beschreiben Fußfesseln als Mittel, um Sklaven oder Kleinpächter zu bestrafen und als Abhängige zu diffamieren. Seltsam sei aber, so die beiden Forscher, dass dem Toten die Ketten nicht abgenommen wurden. Sie schließen daher nicht aus, dass »Fußfesseln in Bestattungen – entweder magisch oder symbolisch – auch den Versuch darstellen, Verstorbene zu versklaven, Macht über sie auszuüben oder zu verhindern, dass sie aus dem Jenseits zurückkehren«. Allerdings gebe es auch keine passenden Vergleiche von anderen Fundorten des römischen Britannien. Obgleich es nicht an ungewöhnlichen Bestattungen fehlt: Manche Tote wurden bäuchlings begraben, andere mit schweren Eisenringen und Seilen ins Grab gefesselt.

Auch wenn laut Chinnock und Marshall der entscheidende Beleg fehlt, würden die meisten Indizien nahelegen, dass es sich bei dem Toten um einen Sklaven gehandelt hatte. Die römische Praxis der Sklaverei ist in Inschriften und Schriftquellen gut belegt. Ketten, Halsringe oder Abzeichen, die von Sklaven stammen könnten, sind archäologisch aber kaum dokumentiert oder erhalten.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.