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Coronavirus: Welche Rolle spielen Haustiere bei der Pandemie?

Nicht nur Menschen kriegen Covid-19. Auch einige Tierarten können sich anstecken, darunter Haustiere wie Katzen und Hamster. Die Befürchtung: Sie bieten dem Virus einen sicheren Rückzugsort.
Ein Kind in gelbem Bademantel spielt mit einer grauen Katze.

Katzen können Covid-19 kriegen – aber was bedeutet das? Die beliebten Haustiere sind nur eine von diversen Arten, die sich bei Menschen mit Sars-CoV-2 infizieren können. Auch Frettchen, Hunde, Hamster, Kaninchen und sogar Löwen und Tiger sind anfällig für das Pandemievirus. Das ist keineswegs nur für die Tiere ein Problem: Sollte sich die Krankheit auch unter Tieren verbreiten, kann das den Verlauf der Epidemie dramatisch verändern.

Eine rein auf Menschen beschränkte Infektionskrankheit kann man durch Maßnahmen wie Social Distancing und Quarantäne eindämmen. Hat man keinen Kontakt mit Infizierten, ist man sicher. Verbreitet sich ein Erreger dagegen in Tieren, ist er nie ganz weg. So zum Beispiel das Hantavirus, das bei Nagetieren vorkommt. Deutschlandweit erkranken jedes Jahr einige dutzend bis einige tausend Menschen daran.

Wie entwickelt sich die Pandemie? Welche Varianten sind warum Besorgnis erregend? Und wie wirksam sind die verfügbaren Impfstoffe? Mehr zum Thema »Wie das Coronavirus die Welt verändert« finden Sie auf unserer Schwerpunktseite. Die weltweite Berichterstattung von »Scientific American«, »Spektrum der Wissenschaft« und anderen internationalen Ausgaben haben wir zudem auf einer Seite zusammengefasst.

Ein solches Szenario wäre bei einem für Menschen stark ansteckenden Virus wie Sars-CoV-2 besonders unangenehm. Würden zum Beispiel Katzen die Epidemie untereinander verbreiten, könnten sie quasi an allen Schutzmaßnahmen vorbei neue Ausbrüche bei Menschen auslösen – selbst weit entfernt von Infizierten.

Auch Coronaviren tun sich schwer beim Überspringen

Allerdings gilt das unter Fachleuten als unwahrscheinlich. »Ich sehe das Risiko, dass sich Sars-CoV-2 in Katzen oder anderen Haustieren als Reservoir etabliert, derzeit als gering an«, sagt Franz Conraths, Leiter des Instituts für Epidemiologie am Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit auf der Insel Riems. Der Tiermediziner verweist darauf, dass es für Viren genauso schwer ist, ausgehend vom Menschen eine Epidemie in Tieren auszulösen, wie in der entgegengesetzten Richtung.

Bei Menschen hat sich erwiesen, dass einige wenige Ansteckungen keineswegs ausreichen, damit ein Tiervirus eine Epidemie im Menschen lostritt. Im Gegenteil. Untersuchungen in China zeigen, dass Menschen zwar immer wieder mit Sars-ähnlichen Coronaviren aus Tieren in Kontakt kommen, für den Erreger aber fast immer eine Sackgasse sind. Das gilt auch umgekehrt.

Katze kommt aus dem Garten | Besonders Katzen haben oft viel Bewegungsfreiheit und deswegen regelmäßig Kontakt zu mehreren Menschen und Artgenossen. Deswegen sind sie ein mögliches Reservoir für das Coronavirus.

Und gerade Haustiere sind ein denkbar schlechter Ort, um aus der Sackgasse schließlich herauszukommen. So habe die hohe Bevölkerungsdichte bei Menschen es Sars-CoV-2 erleichtert, sich an die Übertragung in der neuen Art anzupassen, erklärt der Forscher. »Wenn ein Virus auf eine andere Art überspringt, ist das auch ein evolutionärer Prozess.« Für die Entstehung einer Epidemie sei wichtig, dass der Erreger sich gut zwischen Individuen der neuen Art ausbreitet.

Bildet sich ein Reservoir?

Verglichen mit Menschen, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen oder in ein Restaurant gehen, haben Haustiere wie Katzen oder gar Hamster eher wenig Sozialkontakte. Und damit sinkt auch die Chance, dass das Virus im Lauf mehrerer Übertragungen »lernt«, sich in ihnen effektiv zu verbreiten. Allerdings ist es nach Ansicht vieler Fachleute für eine allgemeine Entwarnung noch zu früh – zumal es bereits zwei mutmaßliche Rückansteckungen zum Menschen gab. Die Verursacher waren jeweils Nerze auf einer Pelzfarm.

Dass Haus- und Großkatzen sowie die miteinander verwandten Frettchen und Nerze gleichermaßen empfänglich sind, legt nahe, dass auch weitere Mitglieder der betroffenen Tierfamilien das Virus tragen können. Vor allem weiß man insgesamt noch recht wenig über Nutztiere, die in viel engerem Kontakt mit ihren Artgenossen gehalten werden als Haustiere. Schweine, Hühner und Enten scheinen laut Experimenten nicht vom Erreger infiziert zu werden.

Bei Rindern oder Schafen zum Beispiel hat dagegen schlicht noch niemand nachgeguckt, ebenso wenig bei Wildtieren. Letztere seien ein möglicher Hintereingang zurück zum Menschen, sagt zum Beispiel Linda Saif, Virologin an der Ohio State University in Wooster. »Sollte sich Sars-CoV-2 in Wildtieren oder anderen Arten etablieren, die viel Kontakt zu Nutztieren haben, erhöht das die Chance auf Übertragung zwischen diesen Arten«, sagt sie gegenüber »Nature«.

Virales Versteckspiel

Wie viele Tierarten sich tatsächlich mit dem Coronavirus anstecken können – und wie groß damit das Risiko eines Reservoirs des Virus in Tieren ist –, wissen Forscher bisher noch nicht. Anders als viele spezialisierte Krankheitserreger seien Coronaviren »dafür bekannt, relativ häufig auch mal andere Tierarten auszuprobieren«, sagt Conraths, genau wie ein weiterer wohlbekannter Erreger: das Influenza-A-Virus.

Bei diesem Erreger kann das bekanntermaßen schwer wiegende Konsequenzen haben. Schon lange fürchten Fachleute, dass ein pandemisches Grippevirus in einem tierischen Reservoir überdauern könnte, wenn es beim Menschen verschwunden ist. Mehrere Tierarten, insbesondere Schweine, können Influenza eine Fluchtburg bieten und der Ursprung einer neuen Pandemie sein, wenn nach einigen Jahren der Immunschutz vor dem Erreger wieder verschwunden ist. Ob dieses Risiko auch bei Sars-Cov-2 besteht, ist bisher offen.

Einige Fachleute sehen allerdings die sehr reale Gefahr, dass sich bereits jetzt ein Reservoir in Tieren herausbildet und den Verlauf der Pandemie verändert. Derzeit sind Katzen die Hauptverdächtigen, die sich nachweislich anstecken können und sich oft recht frei in ihrer Nachbarschaft bewegen. Laut einem Bericht in »Nature« besteht in einem Altenheim in Bayern der Verdacht, dass eine Katze den Erreger zwischen voneinander isolierten Bewohnern übertrug.

Katzen unter Verdacht

Es ist also zumindest möglich, dass Haustiere bereits jetzt Menschen mit dem Virus anstecken. Deswegen empfiehlt das Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit allgemein Vorsicht beim Umgang mit Hund, Katze und anderen Haustieren. Ist ein Mensch im Haushalt infiziert, soll sich demnach eine nicht infizierte Person um das Tier kümmern, um eine Übertragung zu vermeiden. Allerdings rät das Institut, das Tier nicht aus dem Haus zu geben, um zu vermeiden, dass es die Krankheit an andere Menschen weiterträgt.

Bisher allerdings ist keine derartige Ansteckung durch Haustiere eindeutig belegt. Auch im Fall der Nerze, die vermeintlich den Erreger auf Menschen übertrugen, bleiben große Fragezeichen. Dass die Übertragung wirklich vom Tier ausging, ist nur schwer nachzuweisen – zumal immer auch die Möglichkeit besteht, dass eben doch ein symptomlos infizierter Mensch das Virus weitergibt. Bisher ist nicht einmal klar, ob und in welcher Weise Katzen und andere Tiere das Virus ausscheiden.

Nicht zuletzt machen vereinzelte Ansteckungsfälle noch lange kein Reservoir. Haustiere können womöglich das Virus im Sinn einer erweiterten Kontaktinfektion von Mensch zu Mensch tragen, aber so lange das Virus nicht unabhängig in ihnen zirkuliert, verändert sich dadurch der Verlauf der Epidemie nicht. »Sars-CoV-2 hat sich ja inzwischen, leider, muss man sagen, sehr gut an die Übertragung von Mensch zu Mensch angepasst«, sagt Conraths. Deswegen ist der Tiermediziner der Ansicht, dass Übertragungen vom Tier auf den Menschen für die Pandemie kaum eine Rolle spielen: »Das Problem ist die Ansteckung zwischen Menschen.«

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