»Ernst Haeckel«: Der Sieg der Vernunft, der Sieg der Evolution

Der Zoologe Rainer Willmann erzählt in diesem Buch von einem spannenden Leben für die biomedizinische Wissenschaft mit vielen Entdeckungen. Ernst Haeckel war im 19. Jahrhundert als der »deutsche Darwin« bekannt geworden. Dies war das Zeitalter wichtiger und grundlegender Entdeckungen durch Naturforscher wie Humboldt und Darwin. Haeckel war als Biologe ein vehementer Vertreter von Darwins Lehre der Evolution, die er fortentwickelte und einem breiten Publikum bekannt machte. Die Grundlagen der Menschheitsentwicklung durch evolutionäre Mechanismen sind heute anerkannt und gehören ganz selbstverständlich zu unserem Allgemeinwissen. Man kann sich kaum vorstellen, mit welchen Hindernissen und Anfeindungen sich die wissenschaftlichen Vertreter der Evolution damals auseinandersetzen mussten. Nicht nur Repräsentanten der Kirche, sondern auch Wissenschaftler griffen Haeckel heftig an, weil seine Forschungsergebnisse nicht in das traditionelle Weltbild passten. Dies war keine sachliche Kritik, sondern eine äußert polemische. Haeckel setzte ein umfangreiches Forschungsprogramm dagegen, und seine Ergebnisse wurden in weiten Kreisen bekannt und resultierten in akademischen Publikationen und Fachvorträgen. So wurde Haeckel rasch berühmt.
Ernst Haeckel studierte in Würzburg, Berlin und Wien Medizin und Naturwissenschaften, bevor er eine Professur in Jena erhielt, die er auch nach attraktiven Angeboten anderer renommierter Universitäten behielt. Darwins Buch »Über die Entstehung der Arten« von 1859 regte Haeckel dazu an, sich mit Fragen der Entstehung des Lebens und der Evolution des Menschen zu beschäftigen. Seine Entwicklungslehre, die er Deszendenztheorie nannte, vertrat er in seinen Vorlesungen, wissenschaftlichen Vorträgen und umfangreichen Publikationen. Diese wandten sich nicht nur an Fachkollegen, sondern auch an eine breite Öffentlichkeit. Seine ersten Vorlesungen zu diesem Thema erschienen im Jahr 1868 unter dem Titel »Natürliche Schöpfungsgeschichte«, in der er die Evolutionslehre auf den Menschen ausdehnte und damit der biblischen Schöpfungslehre widersprach.
Viele, im 19. Jahrhundert recht beschwerliche Forschungsreisen führten ihn mehrmals über mehrere Monate nach Italien, Algerien und Korsika, an das Rote Meer oder in die Tropen. Von dort brachte er umfangreiches Material mit, das in Veröffentlichungen mündete. Ernst Haeckel war nicht nur Wissenschaftler, sondern auch ein begabter Künstler: Seine Landschaftsaquarelle und Zeichnungen von Meeresorganismen und anderen biologischen Formen sind heute noch bekannt; sie wurden als großformatige Kunstformen der Natur publiziert. Sein Werk diente vielen Malern, Kunsthandwerkern und Architekten als Anregung für eigene Arbeiten; Namen wie Binet, Kubin, Klimt, Tiffany, Kandinsky und Klee sind damit verbunden. Beispiele künstlerischer Werke von Haeckel und anderen sind in dem vorliegenden Buch illustriert.
Rainer Willmann beschreibt auch Haeckels persönliche und familiäre Entwicklung, seine Gedanken zu Philosophie und Politik und lockert dies mit zahlreichen Zitaten aus dem privaten Briefwechsel auf. Außerdem wird von vielen Begegnungen mit wichtigen Persönlichkeiten der damaligen Zeit berichtet; Haeckel traf nicht nur Wissenschaftler wie Darwin, Virchow oder Abbe, sondern auch Politiker wie Bismarck. All dies ist anschaulich und gut lesbar geschrieben; man liest das Buch wie einen spannenden Roman. Der Text wird durch 40 anschauliche Abbildungen aufgelockert, es folgen umfangreiche Quellenhinweise und Anmerkungen, ein kommentiertes Personenverzeichnis, Angaben zur Literatur und ein Sach- und Personenregister. So laden viele Quellen zum Weiterlesen und zur Beschäftigung mit einer großen Forscherpersönlichkeit ein.
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