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Meilensteine der Naturbeobachtung

Zwei Wissenschaftshistoriker stellen die großen Erkenntnisse der Physikgeschichte vor.

»Jedes Naturgesetz, das sich dem Beobachter offenbart, lässt auf ein höheres, noch unerkanntes schließen«, schrieb einst der Naturforscher Alexander von Humboldt. Seine prophetischen Worte kommen einem bei der Lektüre dieses Buchs immer wieder in den Sinn. Was sich die Menschen über viele Jahrhunderte hinweg mühsam sowie auf vielen Um- und Irrwegen über die Natur erschlossen haben, hilft den Forschern heute, immer neue und detailliertere Entdeckungen zu machen.

Die Physiker Michael Eckert und Jürgen Teichmann behandeln in dem Buch gut verständlich die wichtigsten physikalischen Erkenntnisse von der griechischen Antike bis zur postulierten Dunklen Materie. Eckert ist Mitarbeiter des Forschungsinstituts des Deutschen Museums, Teichmann arbeitet als Professor für Wissenschaftsgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Insgesamt 100 Entdeckungen stellt das Autorenteam in kurzen Aufsätzen vor, die zusammen eine spannende Zeitreise durch die Physikgeschichte ergeben. Natürlich ist die Auswahl subjektiv geprägt; es gäbe sicher noch deutlich mehr zu berichten. Doch die Zusammenstellung bildet den allmählichen Wissenszuwachs gelungen ab und gibt die Entwicklung jener technischer Errungenschaften, die der Menschheit heute zur Verfügung stehen, angemessen wieder.

Schmerzhafte Erlebnisse mit bloßen Händen

In dem Buch kommen nicht nur harte physikalische Fakten zum Tragen, die Autoren beschreiben auch die gesellschaftlichen und sozialen Umstände, die den Erkenntnisgewinn oft erst möglich machten. Zum Beispiel, wenn begeisterte Adlige die begabtesten Forscher unterstützten und ihren Untertanen stolz die Ergebnisse präsentierten, wie bei der Entdeckung der Elektrizität. So erfreute sich die »Leidener Flasche«, eine frühe Bauform des elektrischen Kondensators, großer Beliebtheit bei Vorführungen an den europäischen Höfen. Eindrucksvoll zeigt das ein Gemälde aus dem Zarenpalast in Sankt Petersburg. Unbekümmert wurde dort 1777 die Wirkung der Elektrizität mit einer Reibungselektrisiermaschine und bloßen Händen vorgeführt, was bei den Teilnehmern zu dem einen oder anderen schmerzhaften Erlebnis geführt haben dürfte. Das Kunstwerk hängt heute im Archangelsk-Museum in Moskau.

Eckert und Teichmann haben viel Wert auf die Bebilderung ihrer Artikel gelegt. Jedes Kapitel ist eindrucksvoll illustriert. Die gelungene Optik hilft, physikalische Zusammenhänge, die vorgestellten Entdeckungen und ihren Kontext besser zu verstehen. Vor allem die zahlreichen historischen Abbildungen lassen das Buch zu einem Augenschmaus werden. Viele von ihnen dürften weitgehend unbekannt sein, da sie aus Büchern von Universitätsbibliotheken, Kunstsammlungen oder Museumsbeständen stammen. Allein sie zusammenzustellen, hat sicher jede Menge Zeit und Mühe gekostet.

Wie stark das Wissen aus früheren Zeiten dabei half, neue Erkenntnisse zu gewinnen, wird besonders in den häufigen Kapiteln über die Erkundung des Lichts deutlich. Immer wieder begegnen die Leser dem Thema Licht und Strahlung. In fast allen Epochen, von Euklid und Ptolemäus in der griechischen Antike über die Bestimmung der Ausbreitungsgeschwindigkeit im 17. und 18. Jahrhundert bis zur Erforschung der dunklen Materie mit modernster Hochleistungselektronik, gewannen die Menschen neue Erkenntnisse über das so bedeutsame Phänomen. Und der Weg ist noch lange nicht zu Ende, denn die Natur hat zahlreiche weitere Geheimnisse, nicht nur hinsichtlich der elektromagnetischen Strahlung. Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis ein Nachfolger des Werks erscheint – jedenfalls wenn Alexander von Humboldt weiter so eindrucksvoll Recht behalten sollte.

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