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»Von Genen und Menschen«: Ein Lesebuch zur Genetik

Interessant und informativ: über die aktuellen Erkenntnisse der Genetik und die Auswirkungen auf die Sozial- und Kulturwissenschaften.
Schülerin studiert ein DNA-Modell

Bei diesem Buch handelt es sich um den Katalog zu der Ausstellung »Von Genen und Menschen. Wer wir sind und werden könnten«, die im Deutschen Hygiene-Museum Dresden von Februar bis September 2023 gezeigt wurde. Der Band stellt eine gelungene Mischung von längeren Textpassagen und Abbildungen von Ausstellungsstücken dar.

Die wissenschaftliche Genetik hat in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht, die allerdings auch viele Fragen aufwerfen. Das Humangenomprojekt zur Entschlüsselung des menschlichen Genoms war ein internationales Forschungsprojekt in den Jahren 1990 bis 2003, und es gab große Hoffnungen, dass die Ergebnisse dazu beitragen könnten, unheilbare Krankheiten zu bekämpfen. Gleichzeitig wurde vor den bedrohlichen Folgen des möglichen Eingriffs in das Erbgut des Menschen gewarnt. In den letzten Jahrzehnten gab es methodische und technologische Entwicklungen, und die Genforschung hat viele neue Erkenntnisse gewonnen. Beispiele sind die Sequenzierung des Genoms des Neandertalers, die Genschere CRISPR-Cas9, die einen gezielten Eingriff in die DNS erlaubt, oder die Entwicklung der modernen mRNA-Impfstoffe, die seit der Corona-Krise weithin bekannt sind. Dies illustriert, dass die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse der Genetik weitreichende Konsequenzen haben können, die nicht auf biologische und medizinische Fragen beschränkt bleiben. Von der Heilung von schweren Krankheiten über die Verhinderung von Epidemien bis zu den Möglichkeiten, genetische Methoden für die Sicherung der Ernährung der Weltbevölkerung einzusetzen, gibt es viele Anwendungsaspekte der genetischen Forschung.

In der Ausstellung werden die aktuellen Erkenntnisse der Biomedizin und Genforschung nicht nur aus Sicht der Biologie vorgestellt, sondern es geht auch um die Auswirkungen auf die Sozial- und Kulturwissenschaften. So werden die Einflüsse der Genetik auf die biomedizinische Wissenschaft und unseren Alltag sowie die Kultur und Geschichte beschrieben. Der Band enthält eine Anzahl thematisch unterschiedlicher Beiträge in Form von Essays, literarischen Artikeln und Interviews und auch etwa 100 farbige Abbildungen zeitgenössischer Kunst zu den angesprochenen Themen. Viele verschiedene Autoren und Autorinnen sowie Künstler und Künstlerinnen illustrieren ihre Sicht auf die Ergebnisse der modernen Genetik. Kurze Biografien im Anhang helfen, die einzelnen Beiträge einzuordnen.

Das Buch ist in vier Teile gegliedert, die sich mit unterschiedlichen Aspekten der klassischen und modernen Genetik beschäftigen. Dabei geht es um die »Herkunft des Menschen« mit Geschichten des Menschseins und unter der Überschrift »Was bestimmt, wer wir sind?« um Fragen der Identität. Die Bedeutung der genetischen Forschung und ihrer Ergebnisse für medizinische Fragen wird in dem Kapitel »Gesundheit: Heilen, Optimieren, Normieren?« dargestellt, und abschließend wird die Genetik in einem größeren Zusammenhang mit der Frage »Natur: Eine neue Schöpfung?« beleuchtet. Dies illustriert einen sehr breiten Ansatz, mit dem verschiedene Aspekte des Themas aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert werden.

Dieser reich bebilderte Band ist eine Art Lesebuch, das interessant und informativ die neueren Erkenntnisse der Genetik in Bezug zu den Sozial- und Kulturwissenschaften setzt. Man erhält Einblicke in die Methoden und Möglichkeiten sowie Ergebnisse der modernen Genforschung und ihre gesellschaftspolitischen Konsequenzen und den Einfluss auf unser Leben. Wie es sich für ein Lesebuch gehört, kann man entscheiden, welche Teile und Texte man als lesenswert und betrachtenswert ansieht. Auf mehr als 200 Seiten findet man allemal inhaltlich interessante Aspekte und Darstellungen.

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