Direkt zum Inhalt

Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen: Atropa belladonna

Atropa belladonna L.
(syn. Atropa lethalis, A. lutescens, A. pallida, Belladonna baccifera, Belladonna trichotoma); Tollkirsche (syn. Judenkernlein, Judenkirsche, Rasewurz, Schlafkirsche, Schwarzber, Teufelsauge, Teufelsberi, Teufelskirsche, Tintenbeer, Todeskraut, Tollbeere, Tollkraut, Waldnachtschatten, Wolfsbeere, Wolfskirsche), vgl. Abbildung.
Fam.: Solanaceae.
Vork.: Eurasien, kultiviert auf dem Balkan, Indien, Pakistan, USA, Brasilien.
Drogen: 1. Belladonnae folium (syn. Belladonnae herba, Folia Belladonnae, Herba Belladonnae); Belladonnablätter (syn. Tollkirschenblätter, Tollkrautblätter, Waldnachtschattenblätter, Wolfsbeerenblätter, Wolfskirschenblätter, Tollkirschenkraut, Tollkraut). Inh.: Tropanalkaloide: Atropin (Racemat aus S-(-)- und R-(+)-Tropasäureester des Tropins) und (-)-Hyoscyamin als Hauptalkaloide, daneben geringe Mengen an Apoatropin, Belladonnin und (-)-Scopolamin; Flavonoide, Cumarine, Gerbstoffe. vgl. Formel Anw.: Durch die parasympathikolytische Wirkung der Tropanalkaloide werden die Drogen zur Spasmolyse im Gastrointestinaltrakt, der Gallenwege, der Harnblase und der Bronchiolen eingesetzt. Außerdem führt Atropin zur Mydriasis und Akkomodationslähmung, es hemmt die Sekretion exokriner Drüsen (Speichel-, Magensaft-, Pankreassaft- und Schweißsekretion) und führt zur Unterdrückung von Übelkeit und Erbrechen. In Dosen ab 3 mg (-)-Hyoscyamin kommt es zur Stimulation des ZNS, ab 10 mg zu zentralen Lähmungen. 2. Belladonnae radix (syn. Radix Belladonnae); Belladonnawurzel. Inh.: Tropanalkaloide (0,3-1,2 %), u.a. Hyoscyamin, Apoatropin, Tropin, Cuskhydrin, Scopolamin. Anw.: s. Belladonnae folium. Darüber hinaus diente die Droge zur sogenannten Bulgarischen Kur, benannt nach dem bulgarischen Wunderheiler Ivan Raeff aus Schipka, die zur Therapie der chronischer Encephalitis genutzt wurde. Diese Anwendung ist heute obsolet.
Hom.: 1. Atropa belladonna (syn. Belladonna) HAB1, am Ende der Blütezeit gesammelte, ganze, frische Pflanze ohne verholzte Stengelteile. Anw.-Geb.: Entzündungen der Mandeln, der Atemorgane, des Magen-Darm-Kanals, der Harn- und Geschlechtsorgane, der Hirnhäute, der Haut und der Gelenke. 2. Atropa belladonna Rh HAB1, am Ende der Blütezeit gesammelte, ganze, frische Pflanze ohne verholzte Stengelteile.
Histor: Die Gattung ist nach Atropos, der griechischen Parze benannt, die den Lebensfaden durchschnitt. Im 16. Jh. wurde die Tollkirsche als Kosmetikum zur Erzeugung großer Pupillen eingesetzt, daher rührt der Name "bella-donna". Die Tollkirsche spielte im Mittelalter als Bestandteil von Hexentränken und -salben eine große Rolle, die mit der ZNS-Wirksamkeit der Tropanalkaloide in Verbindung steht (Halluzinogene biogenen Ursprungs). Die Tollkirsche wurde auch als Mordgift benutzt, so z.B. im Krieg der Schotten gegen die skandinavische Armee unter dem Norwegerkönig Sven Knut (etwa 1035). Damals vergifteten die Schotten die Nahrungsmittel der Skandinavier mit Tollkirsche und vernichteten damit die norwegischen Truppen.



Atropa belladonna, Tollkirsche



Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.