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Lexikon der Chemie: Zustandsgleichung

Zustandsgleichung, Beziehung zwischen thermodynamischen Zustandsgrößen.

1. Thermische Zustandsgleichung. Die thermische Z. gibt für einen homogenen Stoff den Zusammenhang zwischen seinem Volumen V, dem Druck p und der Temperatur T wieder: V = f(T,p). Das Volumen wird in der Regel mit steigender Temperatur und sinkendem Druck größer. Eine Ausnahme bildet z. B. Wasser im Temperaturbereich zwischen 273 und 277 K. Gase zeigen wesentlich stärkere p- und T-Abhängigkeiten des Volumens als kondensierte Stoffe. Partielle Zustandsänderungen beschreiben die folgenden Koeffizienten: der thermische Ausdehnungskoeffizient α = (∂V/∂T)p/V, der Spannungskoeffizient β = (∂p/∂T)V/p und der Kompressibilitätskoeffizient χ = -(∂V/∂p)T/V. Zwischen ihnen existiert der Zusammenhang α/χ = βp. Aus dem totalen Differential von V (Zustandsgröße) erhält man die thermische Z. in der Form dV = (∂V/∂T)pdT + (∂V/∂p)Tdp = αVdTχVdp.

1.1. Die thermische Z. idealer Gase (auch ideales Gasgesetz) lautet pV = nRT, wobei n die Anzahl der Mole und R die allgemeine Gaskonstante bedeuten. Spezialfälle der thermischen Z. idealer Gase sind das 1. Gay-Lussacsche Gesetz V = V0 (1 + αθ) für isobare Prozesse (p = konst.) und p = p0(1 + αθ) für isochore Prozesse (V = konst.) sowie das Boyle-Mariottesche Gesetz p·V = konst. für isotherme Vorgänge (T = konst.). Dabei bedeuten V0 und p0 das Volumen bzw. den Druck bei 273,15 K, d. h. 0 °C, θ die Celsius-Temperatur und α den Ausdehnungskoeffizient. Für ideale Gase gilt α = 1/273,15 K-1. Das ideale Gasgesetz läßt sich mit der kinetischen Gastheorie begründen.

1.2. Thermische Z. realer Gase sind eine Reihe empirischer oder halbempirischer Gleichungen, die sich an die Z. idealer Gase anlehnen und die Abweichungen vom idealen Verhalten durch die Einführung von Korrekturgrößen berücksichtigen. Die gebräuchlichsten Z. sind

1.2.1. die Virialgleichung nach Clausius, eine Reihenentwicklung nach p gemäß pV = RT + Bp + Cp2 + Dp3 + ... Die Konstanten B, C, D werden als zweiter, dritter, vierter Virialkoeffizient bezeichnet. Sie sind abhängig von der Temperatur und Art des Gases und müssen experimentell bestimmt werden. Sind die Wechselwirkungskräfte bekannt, dann ist auch eine näherungsweise statistische Berechnung möglich. Für wenig polare Gase und nicht zu hohe Drücke kann die Reihenentwicklung in erster Näherung nach dem zweiten Glied abgebrochen werden (Callendarsche Gleichung).

1.2.2. die van-der-Waalssche Gleichung pV = (p + a/V2)(Vb), wobei V das Molvolumen, a und b stoffspezifische Konstanten bedeuten.

1.2.3. die Beattie-Bridgman-Z. pV2 = RT (1 – ε) (V+ BA/V2) mit den stoffspezifischen Größen ε, A und B. Sie wird bevorzugt für hohe Drücke angewendet.

1.3. Thermische Z. von Flüssigkeiten und Festkörpern. Für Flüssigkeiten und Festkörper gibt es keine allgemeine Z. Flüssigkeiten aus einfach aufgebauten Molekülen befolgen in einem großen Druckbereich recht gut die Z. von Eucken p + A/V3 = BT/V3 + C/V6, in der A, B und C Stoffkonstanten sind. Besonders für hohe Drücke ist die Tammannsche Gleichung geeignet. Ideale Festkörper, das sind solche mit einer idealen Gitterstruktur, wären dadurch ausgezeichnet, daß sämtliche thermische Koeffizienten gleich Null sind und ihr Volumen deshalb druck- und temperaturunabhängig ist. Ein solcher idealer Festkörper existiert selbst in unmittelbarer Nähe des absoluten Nullpunktes nicht.

2. Kalorische Zustandsgleichung. Diese beschreibt die Abhängigkeit der inneren Energie und der Enthalpie von Temperatur, Druck und Volumen: U = f(T, V) bzw. H = f(T, p) (Thermodynamik, 1. Hauptsatz). Da für ideale Gase (∂U/∂V)T,p = (∂H/∂p)T,V = 0 gilt, benötigt man zur Beschreibung der Temperaturabhängigkeiten ausschließlich die molaren Wärmekapazitäten. Für reale Stoffe ist zusätzlich die Kenntnis dieser beiden partiellen Differentialquotienten, die dann von Null verschieden sind, erforderlich. Einen möglichen Zugang bietet der Joule-Thomson-Effekt.

3. Kanonische Zustandsgleichung. Nach Planck bezeichnet man damit die Abhängigkeit der Entropie S von der inneren Energie U und dem Volumen V: S = f(U, V) oder dS = (∂S/∂U)VdU + (∂S/∂V)UdV. Aus der Definition der Entropie und dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik erhält man dS = dqrev/T = (dU + p dV)/T und damit (∂S/∂U)V = 1/T und (∂S/∂V)U = p/T.

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