Lexikon der Physik: astronomische Sonden und Satelliten
astronomische Sonden und Satelliten, Astronomiesatelliten, in den Weltraum beförderte Geräte, die für die astronomische Forschung eingesetzt werden. Man unterscheidet zwischen Satelliten, welche die Erde umkreisen, und Raumsonden (manchmal auch Tiefraumsonden genannt), die zu anderen Himmelskörpern im Sonnensystem gesandt werden. Eine andere mögliche Einteilung kann bezüglich ihres Einsatz in bestimmten Wellenlängenbereichen erfolgen, da insbesondere Satelliten zumeist für einen bestimmten Spektralbereich konstruiert sind. Satelliten und Raumsonden gehören zu den astronomischen Instrumenten, sie besitzen einen Primärempfänger, der die Strahlung sammelt, und Sekundärempfänger in Form eines oder mehrerer Detektoren zur Umwandlung der empfangenen Strahlung in elektrische Signale. Zudem verfügen sie über Telemetrieeinrichtungen, um ihre eigene Lage im Weltraum zu erkennen und zu verändern, sowie über Sendeanlagen, mit denen die Daten zur Erde gefunkt werden. Besonders die Raumsonden sind Multifunktionsgeräte mit optischen Detektoren, Spektrographen, Magnetometern usw., die möglichst viele Untersuchungen der Planeten und ihrer Satelliten ermöglichen sollen.
Die Ära der astronomischen Forschung im Weltraum begann Ende der fünfziger Jahre mit unterschiedlichsten Experimenten, die an Bord von Raketen auf eine ballistische oder enge Umlaufbahn gebracht und in der Regel wieder gelandet wurden. Vermessen wurde so beispielsweise die kosmische Strahlung und der Verlauf des irdischen Magnetfeldes, aber auch die ersten Röntgenquellen im Universum wurden auf Raketenflügen – eher zufällig – entdeckt.
Die USA und die damalige UdSSR sandten unbemannte Sonden zum Mond, welche die Oberfläche und Bodenbeschaffenheit untersuchten, und denen sich als ein Höhepunkt die bemannten Mondflüge des Apollo-Programms (1969-1975) anschlossen.
Sonden zur Venus und zum Mars folgten nach. Sie lieferten erste Aufnahmen der Wolkenhülle und der Oberfläche der Venus sowie Daten über ihre chemischen Zusammensetzung und der Oberflächentemperatur. Bilder der kraterzerklüfteten Marsoberfläche und Daten über seine extrem dünne Atmosphäre lieferten weitere Bausteine zur Erforschung der Planeten. Einen vorläufigen Höhepunkt erreichte die Planetenforschung 1976 in der erfolgreichen Landung der Raumsonde Viking auf dem Mars, der nach mehreren Fehlschlägen 1997 die Landung der Sonde Pathfinder folgte. Auch das große Swingby-Manöver der Voyager-Sonden, das an beinahe allen äußeren Planeten vorbeiführte, sowie das Eintauchen eines Atmosphärenmoduls der Sonde Galileo in die Gashülle des Planeten Jupiter zählen zu den großen Erfolgen in der Planetenerforschung.
Die Tiefraumprojekte lieferten nicht nur beeindruckende Bilder von den äußeren Planeten, sondern auch Daten über Temperaturen, atmosphärische Zusammensetzungen und den zeitlichen und räumlichen Verlauf des Sonnenwindes am Rande des Sonnensystems. Die Epoche der Tiefraumsonden ist damit nicht vorüber. Kometen und Asteroiden wurden als Ziele zukünftiger Missionen gewählt, da man annimmt, daß sich in ihnen die Zusammensetzung der Gas- und Staubwolke widerspiegelt, aus denen sich die Sonne und die Planeten bildeten. Die ebenfalls geplante Sonde Pluto-Kuiper-Express soll den Pluto erreichen und so die Körper des Kuiper-Belts untersuchen.
Während sich die meisten Planetensonden Daten über das Sonnensystem liefern, zielen die Beobachtungen, die die astronomischen Satelliten von der Erdumlaufbahn aus vornehmen, weiter hinaus in den Kosmos. Da im Weltall keine Strahlung mehr durch die Atmosphäre absorbiert wird, sind Beobachtungen in allen Wellenlängenbereichen, vom Radiobereich bis hin zur Gammastrahlung, möglich. Zumeist werden die Satelliten jedoch für einen speziellen Spektralbereich konzipiert, wie etwa ROSAT für den Röntgenbereich oder ISO für die Infrarotastronomie, da so die Geräte und Detektoren besser aufeinander abgestimmt werden können. So müssen beispielsweise Infrarot-Teleskope mit flüssigem Helium auf etwa 4K gekühlt werden, da sonst ihre eigene thermische Strahlung die Detektoren blenden würde. Durch die Beobachtung heller Objekte verdampft immer wieder etwas Helium und geht verloren. Die Menge des mitgeführten Heliums begrenzt die Lebensdauer von Infrarot-Satelliten auf einen Zeitraum von einigen Monaten bis etwa einem Jahr. Der erste reine Infrarotsatellit war IRAS, der wichtige Ergebnisse zur Physik der Sterne, Staubwolken, Galaxien und Galaxienhaufen lieferte. Sein Nachfolger ISO ist seit Ende 1995 im Einsatz und läßt deutlich bessere Resultate erwarten.
Während die ersten Röntgensatelliten reine Teilchenzähler waren, in denen eine gitterförmige Unterteilung der Detektoren sowie Koinzidenzschaltungen eine eher grobe Richtungsauflösung ermöglichten, werden heute sogenannte Wolter-Teleskope eingesetzt. Sie bestehen aus hintereinander angeordneten verspiegelten Röhren mit hyperbolischen und parabolischen Oberflächen. Zur Vergrößerung der reflektierenden Oberfläche sind mehrere Röhren ineinander verschachtelt. Röntgenstrahlung wird an diesen Röhren mittels streifender Reflexion auf den Detektor im Brennpunkt der Spiegelflächen gelenkt. Dadurch erreichen Wolter-Teleskope Ortsgenauigkeiten, die an bodengebundene optische Teleskope heranreichen. Mit Hilfe von Wolter-Teleskopen wurde in den letzten Jahren eine Vielzahl bislang unbekannter Röntgenquellen entdeckt.
Ein weiterer Erfolg eines astronomischen Satelliten war die Vermessung der Anisotropie der kosmischen Hintergrundstrahlung auf kleinen Winkelskalen durch COBE, die einen direkten Beweis für das Standardmodell der Kosmologie lieferte.
astronomische Sonden und Satelliten: Übersicht über einige astronomische Raumsonden und Satelliten.
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Infrarot | IRAS (Infrared Astronomical Satellite) | 26.1.1983 | Erdumlaufbahn | http://www.ipac.caltech.edu/ipac/iras/iras.html | |
Infrarot | ISO (Infrared Space Observatory) | 17.11.1995 | Erdumlaufbahn | http://isowww.estec.esa.nl/ | |
Infrarot | SIRTF (Space Infrared Telescope Facility) | 2002 (P) | Erdumlaufbahn | http://sirtf.jpl.nasa.gov/sirtf/home.html | |
Infrarot | COBE (Cosmic Background Explorer) | 1989 | Erdumlaufbahn | http://ssdoo.gsfc.nasa.gov/astro/cobe/ cobe_home.html | |
Optisch | Hipparcos | 8.8.1989 | Erdumlaufbahn | http://astro.estec.esa.nl/SA-general/ Projects/Hipparcos/hipparcos.html | |
Optisch | HST (Hubble Space Telescope) | 24.4.1990 | Erdumlaufbahn | http://www.stsci.edu/stsci/index.html | |
Optisch | GAIA | > 2000 (P) | Erdumlaufbahn | http://nastol.astro.lu.se/ennart/gaia_rep9409/ gaia.html | |
Ultraviolett | IUE (International Ultraviolet Explorer) | 26.1.1978 | Erdumlaufbahn | http://iuewww.gsfc.nasa.gov/iue/iue_ homepage.html | |
Ultraviolett | EUVE (Extreme Ultraviolett Explorer) | 2.6.1992 | Erdumlaufbahn | http:://www.cea.berkeley.edu | |
Röntgen | EXOSAT | 26.5.1983 | Erdumlaufbahn | http://heasarc.gdfc.nasa.gov/docs/heasarc/ missions/exosat.html | |
Röntgen | UHURU | 12.12.1970 | Erdumlaufbahn | http://heasarc.gdfc.nasa.gov/docs/heasarc/ missions/uhuru.html | |
Röntgen | Einstein High Energy Astrophysics Observatory 2 | 13.11.1978 | Erdumlaufbahn | http://heasarc.gdfc.nasa.gov/docs/heasarc/ missions/heao2.html | |
Röntgen | ROSAT (Roentgen Satellit) | 1.6.1990 | Erdumlaufbahn | http://www.rosat.mpe-garching.mpg.de | |
Röntgen | AXAF (Advanced X-Ray Astrophysics Facility) | 1998 (P) | Erdumlaufbahn | http://heasarc.gdfc.nasa.gov/docs/heasarc/ missions/axaf.html | |
Gamma | Cos B | 9.8.1975 | Erdumlaufbahn | http://heasarc.gdfc.nasa.gov/docs/heasarc/ missions/cosb.html | |
Gamma | CGRO (Compton Gamma Ray Observatory) | 5.4.1990 | Erdumlaufbahn | http://cossc.gsfc.nasa.gov/cossc/cossc.html | |
Gamma | Gamma | 11.6.1990 | Erdumlaufbahn | – | |
Multispektral | SOHO (Solar and Heliosperic Observatory) | 2.12. 1995 | Sonnenumlaufbahn | http://sohowww.nascom.nasa.gov/ | |
Multispektral | Skylab | 1973 | Erdumlaufbahn | http://heasarc.gdfc.nasa.gov/docs/heasarc/ missions/skylab.html | |
Multispektral | Shuttle | diverse | Erdumlaufbahn | ||
Planetensonden | Mariner 4 | 28.11.1964 | Mars | http://www.jpl.nasa.gov/missions/mariner4/ | |
Planetensonden | Venera 9 Venera 10 | 8.6.1975 14.6.1975 | Venus | http://heasarc.gdfc.nasa.gov/docs/heasarc/ missions/venera910.html | |
Planetensonden | Meteosat 1 Meteosat 6 | 23.11.1977 20.11.1993 | Erde | http://www.esoc.esa.de/external/mso/ meteosat.html | |
Planetensonden | Vega 1 Vega 2 | 15.12.1984 21.12.1984 | Komet Halley | – | |
Planetensonden | Ranger | 21.12.1961 | Mond | http://www.jpl.nasa.gov/missions/ranger | |
Planetensonden | Phobos 1 Phobos 2 | 7..7.1988 12.7.1988 | Mars/Phobos | http://heasarc.gdfc.nasa.gov/docs/heasarc/ missions/phobos1.html | |
Planetensonden | Pioneer 10 Pioneer 11 | 2.3.1972 5.4.1973 | Sonnensystem | http://pyroeis.arc.nasa.gov/pioneer/Pnhome. html | |
Planetensonden | Voyager I Voyager II | 5.9.1977 20.8.1977 | Sonnensystem | http://vraptor.jpl.nasa.gov/voyager/voyager.html | |
Planetensonden | Viking I Viking II | 20.8.1975 9.9.1975 | Mars | http://www.jpl.nasa.gov/mip/viking.html | |
Planetensonden | Magellan | 4.5.1989 | Venus | http://www.jpl.nasa.gov/magellan/ | |
Planetensonden | Galileo | 18.10.1989 | Jupiter | http://www.jpl.nasa.gov/galileo/ | |
Planetensonden | Giotto | 2.7.1985 | Halley | http://www.hawastsoc.org/solar/eng/giotto.htm | |
Planetensonden | Suisei | 18.3.1985 | Halley | http://www.hawastsoc.org/solar/eng/suisei. htm | |
Planetensonden | Pathfinder | 4.12.1996 | Mars | http://www.jpl.nasa.gov/mpfmir/default1.html | |
Planetensonden | Cassini | 15.10.1997 | Saturn | http://www.jpl.nasa.gov/cassini | |
Planetensonden | Ulysses | 6.10. 1990 | Jupiter/ Sonne | http://heasarc.gdfc.nasa.gov/docs/heasarc/ missions/ulysses.html | |
Planetensonden | Zond 1 | 2.4.1964 | Mond | http://www.hawastsoc.org/solar/eng/zond3. html | |
Planetensonden | NEAR (Near Earth Asteroid Rendevous) | 17.2.1996 | Asteroiden | http://heasarc.gdfc.nasa.gov/docs/heasarc/ missions/near.html | |
Planetensonde (bemannt) | Apollo 11 | 16.7.1969 | Mond | http://www.hawastsoc.org/solar/eng/apo11. html |
Die Beobachtung der Sonnenaktivität und des Sonnenwindes durch die Raumsonde SOHO ermöglicht nicht nur ein besseres physikalisches Modell der Sonne, sondern auch Vorhersagen darüber, ob und wann die elektrisch geladenen Teilchen des Sonnenwindes auf der Erde auftreffen und hier zu Störungen beispielsweise im Funkverkehr oder gar bei der Stromversorgung führen.
Eine Reihe von Satelliten sind im Bau bzw. geplant. So soll beispielsweise ein Laserinterferometer auf einer Raumsonde stationiert werden, das ständig die Distanz zur Erde mißt. Dadurch erhält man nicht nur genaue Informationen über die Störungen, welche die verschiedenen Mitglieder des Planetensystems auf die Erde ausüben, sondern kann gleichzeitig die Erde selbst als Gravitationswellendetektor benutzen. Andere Planungen sehen vor, Teleskoparrays in eine Umlaufbahn zu bringen, mit denen sich extrasolare Begleiter bis zur Größe der Erde noch in einigen Parsec Entfernung beobachten lassen sollten. Auch soll die Apertur des Very Long Baseline Arrays (VLBA) durch ein Radioteleskop in einer weiten Umlaufbahn bedeutend erweitert und so das Auflösungsvermögen der im VLBA zusammengeschalteten Radioteleskope beträchtlich gesteigert werden. [GR1]
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