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Arktis: Klimawandel vergrößert Eisbärenhunger

Je länger die eisfreie Phase in der Arktis dauert, desto weniger kommen Eisbären an energiereiches Futter. Mit fortschreitendem Klimawandel drohen die Tiere zu verhungern.
Ein Eisbär an Land in der westlichen Hudson Bay.
Ein Eisbär an Land auf Futtersuche: Das Tier streift in der westlichen Region der Hudson Bay in der kanadischen Provinz Manitoba umher.

Durch die zunehmende Klimaerwärmung haben sich die eisfreien Phasen in der Arktis ausgedehnt. Die Folge: Eisbären streifen länger als gewohnt an Land umher, wo sie jedoch weniger energiereiches Futter wie Robben finden. Sollte sich die eisfreie Zeit weiter verlängern, könnten die Tiere verhungern und ihre Populationen schrumpfen, warnt nun ein Team um Anthony Pagano vom Alaska Science Center in Anchorage im Fachblatt »Nature Communications«.

Normalerweise jagen Eisbären (Ursus maritimus) auf dem Eis nach Ringel- und Bartrobben, vor allem wenn ihre Beute im späten Frühling und beginnenden Sommer ihren Nachwuchs pflegt. Das liefert den Bären die fett- und energiereiche Nahrung, die ihre muskulösen Körper benötigen. Im Sommer hingegen bewegen sie sich an Land – auf Grund des Klimawandels inzwischen 130 Tage pro Jahr und damit sehr viel länger als zuvor: Zwischen 1979 und 2015 hat sich die eisfreie Phase um drei Wochen verlängert und somit die Zeit verringert, in der die Eisbären eigentlich Robben erlegen können. Fachleute vermuteten bisher, dass sich die Säuger an die neuen Bedingungen anpassen würden, indem sie mehr Jagd auf Landtiere machten oder ausgedehnte Ruhephasen einlegten. Die Forscherinnen und Forscher um Pagano stellten in einer Feldstudie allerdings fest, dass die Beutestrategien an Land kaum Erfolg zeigen und die Eisbären hungern.

Die Gruppe um Pagano beobachtete 20 Eisbären in der kanadischen Hudson Bay, sowohl Männchen, Weibchen als auch Jungtiere. 2019, 2021 und 2022, jeweils drei Wochen lang in den Sommermonaten, verfolgten sie den Landgang der Bären. Dazu hatte sie den Tieren Halsbänder mit GPS-Sendern und Videokameras umgelegt, ihnen vor und nach dem Untersuchungszeitraum Blut abgenommen und die Kolosse gewogen.

Wie sich zeigte, verhielten sich die Eisbären unterschiedlich: Einige ruhten, andere fraßen Aas und manche verspeisten Vögel, Beeren oder Gräser. Drei Bären schwammen auf ihrer Futtersuche sogar bis zu 175 Kilometer weit durch die Hudson Bay. Sie stießen zwar auf Kadaver, konnten sie aber weder an Land zerren noch im Wasser fressen. Egal für welche Strategie sich die Tiere entschieden, sie verbrauchten mehr Energie, als sie durch Nahrung wieder aufnehmen konnten. So verloren 19 der 20 Bären im Lauf von drei Wochen zwischen 8 und 36 Kilogramm an Gewicht, also zwischen 4 und 11 Prozent ihres Ausgangsgewichts. Nur ein Bär legte an Körpermasse zu, weil er den Kadaver eines Meeressäugers aufgetan hatte.

Die untersuchten Eisbären leben im Süden ihres Ausbreitungsgebiets in der Hudson Bay. Daher, so vermutet das Team um Pagano, dürften diese Tiere stärker von den Folgen der Klimaerwärmung betroffen sein als andere. Fest steht: In der Hudson Bay ist die Population der Eisbären bereits stark zurückgegangen – um 30 Prozent seit 1987.

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