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Das HI-Virus gehört zu den besonders findigen Krankheitserregern, wenn es darum geht, Abwehrmechanismen ein Schnippchen zu schlagen. Nun jedoch ist es Wissenschaftlern gelungen, bei Rhesusaffen die körpereigene Immunantwort so anzukurbeln, dass eine folgende Infektion zwar nicht verhindert, aber zumindest kontrolliert werden konnte. Doch die Freude ist getrübt: In einem weiteren Experiment gelang es dem Virus, durch Mutation einem ganz ähnlichen Impfstoff zu entkommen.
Die meisten Impfstoffe gegen Viren zielen darauf ab, dem Immunsystem schon vor dem Kontakt mit einem Erreger dessen persönliches Äußeres zu lehren. Derart vorgewarnt kann die körpereigene Abwehr passende Antikörper herstellen, die dann im Falle einer Infektion den fremden Eindringling binden und ihn der Vernichtung preisgeben.

Für das HI-Virus funktioniert dieses Prinzip nicht. Der Erreger verändert sich viel zu schnell, sodass es keine Vorlage gibt, die das Immunsystem für alle Fälle rüsten könnte. Forscher versuchen deshalb, die so genannte zelluläre Immunantwort anzukurbeln, bei der T-Zellen die befallenen Körperzellen erkennen und zerstören. Dieser Mechanismus scheint bei Infizierten den Virengehalt in Grenzen zu kontrollieren, wie Untersuchungen an HIV-tragenden Menschen sowie an Rhesusaffen mit dem verwandten SIV zeigten.

Auch John Shiver von den Merck Research Laboratories und seine Kollegen versuchten sich an dieser Aufgabe. Sie schleusten den Bauplan für das SIV-Protein Gag in ein ringförmiges DNA-Molekül und andere Viren ein, die sich nicht mehr vervielfältigen konnten. Als sie Rhesusaffen mit diesem potentiellen Impfstoff behandelten, reagierte das Immunsystem prompt: Die Zahl der T-Zellen, welche auf SIV-befallene Zellen reagieren würden, stieg deutlich an [1].

Einige Wochen nach der Immunisierung spritzten die Wissenschaftler den Tieren einen Erregerstamm, der sowohl Gene von HIV als auch von SIV trägt. Und die Ergebnisse machen Hoffnung. Die geimpften Rhesusaffen wurden zwar infiziert und zeigten in den ersten Wochen ähnliche Symptome wie nicht immunisierte Artgenossen. Nach etwa 70 Tagen wandelte sich jedoch das Bild. Der Virengehalt im Blut der behandelten Tiere ging zurück, gleichzeitig erholte sich die Zahl der T-Helferzellen, die von den Erregern befallen werden. Und auch in der chronischen Phase erging es den geimpften Rhesusaffen besser: Sie zeigen bis heute keine Krankheitszeichen, während die Forscher die Angehörigen der Kontrollgruppe inzwischen alle einschläfern mussten. Das Vehikel für das SIV-Gen spielte dabei eine wichtige Rolle, denn am erfolgreichsten geschützt waren diejenigen Rhesusaffen, bei denen die Wissenschaftler ein fehlerhaftes Adenovirus für den Transport eingesetzt hatten.

Doch der Erfolg ist nicht garantiert. Dan Barouch vom Beth Israel Deaconess Medical Center und seine Kollegen hatten einen ganz ähnlichen Impfansatz mit Hilfe eines DNA-Moleküls verfolgt. Die nächste Entwicklung schien vielversprechend: Die Virengehalte in einem ebenso infizierten Tier sanken unter die Nachweisgrenze, und die Zahl der T-Helferzellen blieb konstant. Dann jedoch kehrte das Virus in genetisch leicht veränderter Form zurück, und innerhalb eines Jahres brach die Immunschwächekrankheit in vollem Umfang aus. Der Erreger hatte dem Immunsystem mal wieder ein Schnippchen geschlagen und konnte den angelernten T-Zellen entkommen, da sie sein verändertes Äußeres nicht mehr erkannten [2].

Alles in allem, so kommentieren Jeffrey Lifson vom National Cancer Institute und Malcolm Martin vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases, bieten die beiden Studien gute wie schlechte Nachrichten: einen ermutigenden Schritt vorwärts auf dem Weg zu einem wirkungsvollen AIDS-Impfstoff und eine ernüchternde Erinnerung daran, wie lang und schwierig dieser Weg wohl sein wird.

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