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CO2-Bepreisung: Macht der Emissionshandel die bessere Klimapolitik?

Ein Emissionshandel für Gebäude und Verkehr macht das Klein-Klein mit Verboten überflüssig, sagen Fachleute. Allerdings hat er einen Haken: Er muss im Geldbeutel spürbar weh tun.
Ein Techniker vor einer Großheizung
Beim Emissionshandel wird es dem Einzelnen überlassen, ob er sich jetzt schon am Klimaschutz beteiligt – oder zum Beispiel noch einmal in eine alte Heizung investiert. Das funktioniert jedoch nur, wenn alle wissen, dass es ganz ohne Klimaschutz teuer wird.

Keine neue Heizung mit fossilen Brennstoffen mehr ab 2024? Oder erst ab 2025? Verbrenner-Aus ab 2035? In Berlin und Brüssel wird derzeit um jede Tonne Kohlendioxid gerungen, die künftig aus Schornsteinen und Auspuffen zu strömen droht. Aus gutem Grund: »Im Kampf gegen die Klimakrise läuft uns die Zeit davon«, sagt Sonja Peterson, Ökonomin am Institut für Weltwirtschaft in Kiel.

Bereits bis 2030 muss der CO2-Ausstoß um weitere 40 Prozent im Vergleich zu heute sinken, 2045 dann bei netto null sein – so wollen es auch fast alle Parteien im Bundestag und fast alle Regierungen in der EU. Es geht um den Beitrag zum globalen Kraftakt, die Erderwärmung möglichst unter 1,5 Grad Celsius zu halten, in jedem Fall aber unter 2 Grad Celsius. Nur so lassen sich, das ist Konsens der Klimaforschung, weltweit unkontrollierbare und irreversible Schäden für die Natur und die menschlichen Lebensgrundlagen vermeiden.

Doch sind kleinteilige Verbote der beste oder gar einzige Weg, die Klimaziele zu erreichen? Nein, sagt Ökonomin Peterson. Sie fordert im Konzert mit weiteren Klimaexperten, ein anderes Instrument viel stärker in den Vordergrund zu rücken und noch umfassender einzusetzen als bisher schon: den CO2-Emissionshandel. Der sei »bereits jetzt das Leitinstrument im Klimaschutz«, sagt die Wissenschaftlerin, »aber er ist viel zu wenig bekannt und verstanden«.

Der Mechanismus ist einfach: Statt mit Detailverboten um jede Tonne und jede Heizung zu ringen, legen Regierungen einfach fest, wie viel CO2 das Land insgesamt ausstoßen darf. Vorgegeben wird auch, wie stark diese erlaubte Menge jährlich sinkt, damit man am Ende verlässlich bei den Klimazielen ankommt. Jedem Bürger, jeder Bürgerin und jeder Firma bleibt es aber freigestellt, innerhalb dieser Grenzen Treibhausgase freizusetzen. Sie müssen dafür pro Tonne eine Gebühr zahlen und den Beleg dafür als Lizenz vorweisen können – ähnlich wie bei der Müllentsorgung auf einer Deponie, als die unsere Atmosphäre ja bei Treibhausgasen benutzt wird.

Das Prinzip: Wer sich nicht kümmert, wird draufzahlen

Wer sich zu wenig oder zu spät um den eigenen Klimaschutz kümmert, wird bei diesem Verfahren mit der Zeit immer stärker draufzahlen. Denn der Preis ist flexibel. Und wenn Menschen oder Firmen deutlich mehr Lizenzen erwerben wollen, als vorhanden sind, steigt er so, dass es im Geldbeutel weh tut. Genau das schafft einen starken Anreiz, Emissionen zu vermeiden. Da die erlaubten Treibhausgasmengen jedes Jahr knapper werden, kennt der Preis hauptsächlich eine Richtung: nach oben.

Das verschweigen jene Politiker, die aktuell fordern, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck sein Gebäudeenergiegesetz aufgibt mitsamt dem Verbot, ab 2024 rein fossile Heizungen einzubauen. Sie tun so, als könne der Emissionshandel den unvermeidlichen Abschied von Öl- und Gasheizungen schmerz- und lautlos ermöglichen. Doch das stimmt nicht. Der Emissionshandel steht zwar für die unsichtbare Hand des Marktes. Doch auch diese Hand – und nicht nur ein Verbot durch die Regierung – kann schmerzhaft greifen. Sehr schmerzhaft sogar.

»Der Emissionshandel macht jedem frühzeitig klar, dass CO2-Ausstoß Geld kostet und immer teurer wird, weil die verfügbaren Mengen knapp sind und schrumpfen«, sagt die Physikerin Brigitte Knopf, stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats für Klimafragen der Bundesregierung und Generalsekretärin des in Berlin ansässigen Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, eines führenden Thinktanks in Klimafragen.

Ein großer Vorteil des Emissionshandels: Bürger und Unternehmen entscheiden selbst, wo und wie sie Emissionen reduzieren. »Emissionshandel nimmt der Politik die Pflicht ab, alles bis ins letzte Detail zu regeln, denn das ist sehr fehleranfällig und kann damit teuer werden«, sagt Sonja Peterson vom Kieler Institut für Weltwirtschaft.

Der Emissionshandel halbierte den CO2-Ausstoß der EU-Energiewirtschaft zwischen 2000 und 2020Expertenrat für Klimafragen

Das ist keine Theorie, sondern bereits flächendeckend Praxis. Weitgehend geräuschlos funktioniert der Emissionshandel inzwischen EU-weit für Kraftwerke, Industriebetriebe und für Flüge innerhalb der 27 Mitgliedsstaaten. In den drei Sektoren sind inzwischen alle Emissionen streng limitiert und auf den von der Wissenschaft vorgezeichneten Schrumpfungspfad hin zu den Klimazielen gebracht.

EU-weit gehen die Zertifikate für Energie und Industrie gen null

»Jedem Kraftwerksbetreiber und Industriemanager ist klar, dass die verfügbaren Emissionsmengen jedes Jahr sinken und es nach 2039 eigentlich keine neuen Zertifikate mehr gibt«, sagt Andreas Löschel, Professor für Umwelt- und Ressourcenökonomik und Nachhaltigkeit an der Ruhr-Universität Bochum. Gerade erst hat die EU den Faktor für die jährliche Schrumpfung der verfügbaren CO2-Lizenzen auf 4,3 Prozent erhöht.

Mehr als 11 000 Kraftwerke und Industriebetriebe in der EU sowie hunderte Fluggesellschaften sind verpflichtet, am europäischen CO2-Emissionshandel teilzunehmen. Zwischen 2000 und 2020 wurden auch deshalb die Hälfte aller Treibhausgasreduktionen durch die Energiewirtschaft erbracht, konstatiert der Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung.

»Bei Strom und Industrie hat der EU-Emissionshandel unglaublich gut gewirkt«, urteilt Brigitte Knopf. Ökonom Löschel lobt die Flexibilität des Systems: Wenn in einem Land zeitweise mehr CO2 entstehe, wie nun in Deutschland durch mehr Kohlestrom als Folge des Atomausstiegs, könne wegen der europaweit festgelegten Obergrenze ungefähr dieselbe Menge anderswo nicht emittiert werden.

Der Anreiz zu schnellem Handeln ist groß: Bis 2019 lag der Preis pro Tonne unter 20 Euro, in den letzten Jahren dagegen pendelte er schon um die 80 Euro. 2023 stieg der Preis nun erstmals über 100 Euro – eine Summe, die großen Einfluss auf Entscheidungen im Unternehmensmanagement hat. »Das ist ein sehr scharfes Schwert«, sagt Löschel. Wer im Energiegeschäft bleiben und nicht unter eskalierenden Kosten leiden will, muss rasch raus aus Kohle und Erdgas und massiv etwa in Windparks und Solaranlagen investieren.

Viel zu zaghafter Beginn

Dabei hatte das Preissystem durchaus einen holprigen Start. Nach dem berühmten UN-Weltklimagipfel von Kyoto im Jahr 1997 sollte es eigentlich weltweit geschaffen werden. Doch bei den Versuchen in Europa traute man sich zunächst nicht, die CO2-Mengen hart zu limitieren, zu viele Zertifikate wurden einfach verschenkt. Die weltweite Finanzkrise ab 2008 ließ die Nachfrage nach Treibhausgas-Lizenzen obendrein sinken. Der Preis dümpelte lange bei zehn Euro pro Tonne herum und entfaltete keinerlei Wirkung.

Aus dieser frühen Phase kommt die große Skepsis vieler Umweltorganisationen und bei weiten Teilen von SPD und Grünen gegenüber dem Emissionshandel. Dass ausgerechnet die Klimakrise, die in ihren Augen von ungezügeltem Kapitalismus verursacht wird, durch einen Marktmechanismus gelöst werden soll, halten viele Umweltbewegte für unmöglich. Sie setzen deshalb hauptsächlich auf starre Steuern und staatliche Vorgaben.

Die Argumente dafür liegen auf der Hand: Regeln und Verbote beseitigen CO2-Quellen unmittelbar und verlässlich – was angesichts des großen Zeitdrucks hilfreich ist. Die Ökonomin Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, warnt davor, einseitig auf den Emissionshandel zu setzen. Denn es sei zweifelhaft, ob Regierung und Politik standhalten könnten, wenn die Preise durch die Decke gehen. »Wie ich die FDP kenne, führen wir dann die nächste Diskussion um Tankrabatte und Gaspreisbremsen«, kritisiert Kemfert. Sie warnt vor einer »Verschleierungstaktik« und dem Scheitern bei den Klimazielen.

Noch betrifft der Handel nur Unternehmen. Künftig werden aber auch Privatleute beim Klimaschutz viel stärker in die Pflicht genommen werden müssen. Der CO2-Ausstoß aus Gebäuden und Verkehr macht zusammen ein Drittel aller Emissionen aus.

Die Klimadebatte ist zu Hause angekommen

Deshalb sei die Klimadebatte derzeit auch so aufgeregt, weil sie an einer »kritischen Stelle« angekommen ist, sagt Klimaforscherin Knopf. Bisher sei es hauptsächlich um Stromproduktion gegangen. »Wer nicht gerade einen Windpark vor seinem Haus hat, der sieht nicht wirklich, worum es geht, aber die Themen Heizen und Mobilität greifen jetzt in individuelle Bedürfnisse und Gewohnheiten ein«, sagt Knopf. Wie heizt man sein Haus oder seine Wohnung? Welches Verkehrsmittel nutzt man? »Das kommt jetzt alles auf die Leute zu«, sagt die Klimaforscherin. Und im Gegensatz zu langfristig und rational planenden Unternehmen gehe es bei privaten Heizungen und Autos eben nur um ein oder zwei große Kaufentscheidungen, bei denen auch Emotionen eine Rolle spielten.

Weil frühere Bundesregierungen zu lange auf billiges Gas aus Russland und unbegrenztes Autofahren gesetzt haben, wird die Zeit extrem knapp, die Klimaziele für 2030 und 2045 zu erreichen. Die deutschen Emissionen sollen allein bis 2030 von heute knapp 750 Millionen Tonnen CO2 auf 440 Millionen Tonnen sinken. Das geht nur mit massiven, garantierten Einsparungen. Ließe sich auch dieser Sektor durch Emissionshandel auf einen grünen Weg bringen? Als weniger umstrittene Alternative zu den ungeliebten Gesetzesinitiativen von Wirtschaftsminister Habeck vielleicht?

Der Klimaforscher Ottmar Edenhofer und andere Experten schlagen genau das vor. Auch bei Gebäuden und Verkehr solle Berlin ganz auf den Emissionshandel setzen. »Das ist klüger als die Verbots- und Gebotspolitik«, sagt Edenhofer. Das Kalkül: Absehbar eskalierende Preise sollten jeden vernünftigen Menschen von fossilen Heizungen abschrecken, selbst wenn er sich nur um seinen Geldbeutel und nicht um das Klima sorgt.

Einen CO2-Preis gibt es bereits

Ein Umstieg auf die CO2-Bepreisung wäre im Grund nichts Neues: Auch jetzt schon zahlen die Menschen in Deutschland für einen Teil ihres privaten Treibhausgasausstoßes. Bereits 2019 hat die Bundesregierung, um Deutschland auf eine EU-weite Lösung vorzubereiten, ein nationales Handelssystem für Emissionen aus Gebäuden und Verkehr geschaffen.

Bisher bleibt es aber zahnlos. Die Regierung hat die CO2-Mengen nicht limitiert und bei einem sehr niedrigen und zudem fixierten Preisen begonnen. Für dieses Jahr hat die Ampelkoalition sogar den geplanten Anstieg von 30 auf 35 Euro pro Tonne wegen des Kriegs in der Ukraine ausgesetzt. Dadurch läuft das System ins Leere. »So wird die Anreizwirkungen nicht entstehen, die wir für die Klimaziele brauchen«, kritisiert Sonja Peterson vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Eine Gasheizung in einem typischen Einfamilienhaus älterer Bauart stößt pro Jahr ungefähr vier Tonnen Kohlendioxid aus. Der nationale CO2-Preis schlägt also jedes Jahr rund 120 Euro auf die Gasrechnung drauf. Bei einer Ölheizung sind es ebenso verkraftbare 160 Euro. Das rechnet die Verbraucherzentrale vor.

Aber spätestens ab 2027 oder 2028 wird sich das schlagartig ändern: Ende April wurde in Brüssel beschlossen, Gebäude und Verkehr in einem eigenen CO2-Markt einzubeziehen. Dann sind 75 Prozent aller Emissionen vom Handel erfasst, und Verbraucherinnen und Verbraucher werden mit einem Emissionshandel konfrontiert, bei dem sich der CO2-Preis weitgehend frei am Markt bewegt.

Emissionshandel braucht Glaubwürdigkeit und Konsequenz

So ist es zumindest vorgesehen. Im Gebäude- und Verkehrsbereich könnte der Preis dann rasch über den Zielwert von 45 Euro pro Tonne hinausschießen und auf 180 oder sogar 300 Euro steigen, sagen Experten. Das würde bei Häusern mit Öl- und Gasheizungen Mehrausgaben von vielen hundert Euro pro Jahr bedeuten. Wer sich heute noch eine Gasheizung installieren lässt, dürfte es spätestens dann bereuen. Hinzu kommen die Kosten für das eigene Auto: Ein Benziner mit einer Fahrleistung von 15 000 Kilometern emittiert ungefähr 1,5 bis 3 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr, die ebenfalls unter den Emissionshandel fallen werden. »Man ist in der Zukunft mit erheblichen Kosten konfrontiert«, warnt Umweltökonom Löschel.

Edenhofer und andere fordern nun, die Einführung eines verschärften Emissionshandels in Deutschland von 2027 auf 2024 vorzuziehen. Dass dies schnell zu steigenden Kosten für Heizungsbesitzer und Autofahrer führen würde, verschweigen aber Habecks Kritiker. Sie erwecken den Eindruck, als könnte es Klimaschutz zum Nulltarif geben, was nicht stimmt. Im Gegensatz zu einem Verbot mit seinen klaren Regeln geht es beim Emissionshandel zu wie an der Rohstoffbörse – übersteigt die Nachfrage das Angebot, klettern die Kosten für Verbraucher in die Höhe.

»Es ist wichtig, dass Regierungen nicht bei jeder Krise an den Mechanismen drehen, obwohl diese funktionieren«Sonja Peterson, Institut für Weltwirtschaft

Die Motivation von Habeck für sein Gebäudeenergiegesetz und die entsprechenden Verbote ist es zwar, die Bürgerinnen und Bürger rechtzeitig vor solchen Preisschocks zu bewahren – aber eine Mehrheit der Bevölkerung will die Vorgaben offenbar nicht, und politische Gegner nutzen die Stimmung weidlich aus und heizen sie an.

Sollte Habecks Partei nun auf den Emissionshandel als primäre Lösung umschwenken, hätte das immerhin einen politischen Vorteil: Eigentlich müssten dann auch FDP und CDU/CSU mitziehen. Denn ein solcher Kurs entspricht ihren Forderungen. Doch hier liegt zugleich der entscheidende Punkt: Wer auf den Emissionshandel setzt, muss auch politisch dazu stehen, wenn mit den Preisen der Unmut in der Bevölkerung wächst. Man kann zwar Preise deckeln – aber sie müssen immer so hoch sein, dass sie Bürgerinnen und Bürger empfindlich treffen.

Denn nur so wirkt das System auf das Verhalten möglichst vieler Menschen. Bleibt der Emissionshandel zahnlos, werden die Klimaziele krachend verfehlt. »Es ist wichtig, dass Regierungen dem Instrument vertrauen und nicht bei jeder Krise wieder an den Zielen und an den Mechanismen drehen, obwohl diese funktionieren«, sagt Sonja Peterson vom Institut für Weltwirtschaft.

Können Unternehmen oder Privatleute davon ausgehen, dass die hohen CO2-Preise am Ende gar nicht kommen, werden sie Investitionen in klimafreundliche Technologie aufschieben, solange es geht. Und noch immer haben, wenn die Kosten doch spürbar sind, nicht die Ärmeren, sondern die Besserverdiener Geld vom Staat erhalten – ob mit Tankrabatten für SUV-Fahrer, E-Auto-Prämien oder Zuschüssen für Hausbesitzer. »Bisher verteilt Klimapolitik Geld von unten nach oben«, sagt Ökonom Löschel.

Der CO2-Preis muss weh tun – aber nicht zu sehr

Christian Flachsland, Direktor des Centre for Sustainability an der Hertie School in Berlin, warnt deshalb vor den sozialen Folgen, wenn der Emissionshandel die Kosten stark steigen lässt. Er fürchtet massive soziale Verwerfungen und eine »explosive Stimmung« in Deutschland und vor allem in Osteuropa. Um das zu verhindern, müsse schnell ein sozialer Ausgleich für die wachsenden CO2-Kosten geschaffen werden. Ohne Ausgleich werde es zu einem gewaltigen politischen Backlash kommen, der die ganze Klimaschutzpolitik gefährden könne, sagt Flachsland.

In Deutschland gibt es für einen sozialen Ausgleich längst den Vorschlag des »Klimagelds«. Demnach sollen Haushalte von den Einnahmen aus dem CO2-Handel einen pauschalen Betrag überwiesen bekommen. Wer Emissionen vermeidet, kann diese Zahlungen für anderes ausgeben. Menschen mit geringen Einkommen könnten, sofern sie Emissionen vermeiden, dabei sogar mehr Geld herausbekommen, als sie zahlen müssen: Der Emissionshandel wäre für sie dann eine Einkommensquelle. »Mit den Einnahmen sollte man Menschen, denen die Mehrkosten finanziell besonders weh tun, ganz gezielt entlasten«, fordert Umweltökonom Andreas Löschel.

Doch die Ampelkoalition hat das Klimageld bisher nicht realisiert, hauptsächlich wegen Widerständen aus der FDP, die sich dagegen wehrt, dass die Zahlungen nur den unteren Einkommensgruppen zugutekommen sollen. Der geplante »Social Climate Fund« der EU sei bisher noch zu schwach ausgelegt, kritisiert Flachsland: »Ohne sozialen Frieden kommt Klimaschutz schnell an seine Grenzen.«

Kann der Emissionshandel alle Probleme lösen? So einfach ist es nicht. Auch wenn die Klimaforscherin Knopf die marktwirtschaftliche Strategie für essenziell hält, sagt sie doch: »Der CO2-Preis allein wird es nicht richten.« So müsse der Staat die nötige Infrastruktur für klimafreundliche Lebensweisen, etwa Bahnstrecken und Radwege, massiv ausbauen und die Entwicklung CO2-armer Technologien fördern.

Im aktuellen Heizungsstreit findet Knopf den Kurs richtig, bei Neuanlagen mit Regeln und Verboten zu arbeiten, um neue CO2-Quellen zu vermeiden. Wie Wirtschaftsminister Habeck hält sie es dabei für geboten, die Menschen »vor mittelfristig teuren Fehlern zu bewahren«. Für den großen Heizungsbestand in Millionen von Häusern dagegen, der bis 2045 fast komplett erneuert sein muss, sieht die Wissenschaftlern den Emissionshandel als überlegenes Instrument an. Entscheidend sei: »Die Gesellschaft muss die Klimaziele auch wirklich erreichen wollen – auch und gerade, wenn es jetzt schwieriger und anstrengender wird.«

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