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Gigantopithecus blacki: Warum der größte Affe aller Zeiten ausstarb

3 Meter groß, 300 Kilogramm schwer – Gigantopithecus blacki war der größte Primat, der je auf der Erde existierte. Nun ist klar, warum er anders als verwandte Spezies vor zirka 255 000 Jahren ausstarb.
Rekonstruktion von Gigantopithecus blacki
Gigantopithecus blacki, der bis vor zirka 255 000 Jahren in Südostasien lebte, war wohl wahrhaft gigantisch. Sein Aussehen ist jedoch weitgehend unbekannt, da nur Fossilien von Zähnen und Kieferknochen erhalten sind. Das Bild zeigt eine Rekonstruktion.

Riesig, aber unflexibel: Mit einer geschätzten Höhe von drei Metern und bis zu 300 Kilogramm Gewicht war Gigantopithecus blacki der größte Menschenaffe, der jemals über die Erde stampfte. In einer umfassenden Analyse bisheriger Funde und neu untersuchter Höhlensedimente hat ein internationales Forschungsteam nun ermittelt, wann der kolossale Primat in Südasien ausstarb – und warum.

Schon die Entdeckungsgeschichte des Riesenaffen klingt abenteuerlich: Auf seine Spur stieß 1935 der Paläoanthropologe Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald (1902–1982) in einer Hongkonger Apotheke, die auffällig große Zähne als Drachenzähne feilbot. Trotz jahrzehntelanger ausgiebiger Suche zeugen bisher nur vier Kieferknochen und knapp 2000 einzelne Zähne von der einstigen Existenz dieser Art, wie das Team um Yingqi Zhang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking und Kira Westaway von der Macquarie University in Sydney im Fachblatt »Nature« schreibt.

Aus den Überresten folgerten Forschende bislang so einiges: Neben Größe und Gewicht etwa, dass der Menschenaffe vor mindestens 2,2 Millionen Jahren in Wäldern vor allem im Süden des heutigen China lebte, sich rein pflanzlich ernährte und vor 330 000 Jahren verschwunden war. Allerdings waren die Datierungen bislang umstritten.

Neue Funde liefern neue Daten über den Riesenaffen

Um mehr Klarheit über die Existenz des Uraffen zu gewinnen, datierte das Team zunächst Sedimentproben, die aus 22 Höhlen in der südchinesischen Provinz Guangxi stammen. An einem Teil der Fundplätze hatte sich Gigantopithecus blacki nachweislich aufgehalten, fossile Überreste der Primaten waren dort zum Vorschein gekommen. Die Altersbestimmung führten die Fachleute mit sechs verschiedenen Methoden durch, um ein möglichst genaues Zeitfenster zu erschließen. Unter anderem nutzten sie zur Datierung der Sedimente die Optisch Stimulierte Lumineszenz und die Uran-Thorium-Methode. Auf dieselbe Weise bestimmten sie das Alter der Gigantopithecus-Fossilien.

Demnach lebte G. blacki schon vor 2,3 Millionen Jahren, starb jedoch erst im Zeitraum von vor 295 000 bis 215 000 Jahren aus, also grob vor 255 000 Jahren. Aus Pollenanalysen folgerten die Forschenden, dass sich die Umwelt der großen Menschenaffen innerhalb der zwei Millionen Jahre stark gewandelt hatte: Während die Art bis vor etwa 700 000 Jahren florierte und sogar an Körpergröße zulegte, setzte danach wohl ein Niedergang ein. Der anfängliche Dschungel mit dichten Baumkronen wich in der Zeit immer mehr einer farnreichen, offenen Graslandschaft. Zudem entwickelten sich anscheinend ausgeprägtere Jahreszeiten. Kohlereste zeugen davon, dass es häufiger brannte, es also vermutlich trockener geworden war.

Dieser Wandel wirkte sich negativ auf das Nahrungsspektrum der Riesenaffen aus, das vor allem auf Obst beruhte. Außerdem muss es den Waldbewohnern schwerer gefallen sein, an Wasser heranzukommen. Was der Primat dann als Alternative verzehrte, war offenbar weniger nahrhaft. Das folgert das Forscherteam aus den Isotopenanalysen der Zähne. G. blacki konnte sich auf Dauer nicht an die Veränderungen anpassen – im Gegensatz zu seinem Verwandten Pongo weidenreichi, einer Orang-Utan-Art, die erst wesentlich später ausstarb. Giganthopithecus hielt sich vermutlich auch vor allem am Boden auf und durchstreifte ein vergleichsweise kleines Revier. P. weidenreichi hingegen begann, seine Ernährung flexibler aufzustellen, weitere Wege zu gehen und auf Bäume zu steigen. »G. blacki war der vollendete Spezialist, verglichen mit sich flexibler anpassungsfähigen [Spezies] wie den Orang-Utans«, sagt Yingqi Zhang laut einer Pressemitteilung. »Das führte schließlich zu seinem Untergang.«

Dass der Lebensraum und die Population deutlich schrumpften, belege nach Ansicht des Forschungsteams die in der Spätphase abnehmende Zahl von Fundorten wie auch von Fossilien. Zum Untergang beigetragen haben könnten auch die vermutlich lange Reproduktionszeit der Riesenaffen und ihre enorme Größe, die die Mobilität behindert habe, mutmaßt die Arbeitsgruppe.

Für eine Beteiligung der damals in Ostasien lebenden Menschenformen – etwa der Denisovaner – gebe es hingegen keinerlei Hinweise, auch wenn sich solche Gruppen anscheinend zu jener Zeit in Südasien ausbreiteten. Ohnehin hatte die letztlich erfolgreichste Homo-Art vor zirka 255 000 Jahren Afrika noch längst nicht verlassen. (dpa/kas)

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