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Kometenforschung: Raumsonde verrät, wie ATLAS' Schweif aufgebaut ist

Eigentlich soll der »Solar Orbiter« die Sonne erkunden. 2020 aber ist er viel versprechend nah am ATLAS-Kometen vorbeigeflogen und analysierte spontan den Schweif des Himmelskörpers.
Das Hubble-Weltraumteleskop-Bild des Kometen C/2019 Y4 (ATLAS), aufgenommen am 20. April 2020, zeigt bisher am schärfsten, wie der feste Kometenkern aufbrach.

Zufällig war die Sonde »Solar Orbiter« 2020 an einem zerfallenden Kometen vorbeigerauscht. Der Flug bot die seltene Gelegenheit, dessen Schweif aus der Nähe zu studieren. Demnach umgibt das interplanetare Magnetfeld, das vom Sonnenwind getragen wird, eine zentrale Schweifregion mit einem schwächeren Magnetfeld, wie ein Team auf dem National Astronomy Meeting 2021 vorgestellt hat.

Im Jahr 2020 war der Komet C/2019 Y4, auch ATLAS genannt, kurz vor der größten Annäherung an die Sonne zerbrochen. Der Himmelskörper hinterließ seinen ehemaligen Schweif in Form von dünnen Wolken aus Staub und geladenen Teilchen im All. Beobachtet hat den Zerfall nebst besagter europäischer Raumsonde auch das Hubble-Weltraumteleskop.

Indem er ihn direkt durchquerte, hat der »Solar Orbiter« Details über den Aufbau des Schweifs geliefert. Zudem untersuchte er den Schweif in einem vergleichsweise geringen Abstand zur Sonne, was vorher noch keiner Sonde möglich war. Basierend auf den Daten haben Forschende ein Modell erstellt, das verdeutlicht, wie interplanetare Magnetfeldlinien im Sonnenwind um den Kometen drapiert sind und den typischen Magnetoschweif mit entgegengesetzter Ausrichtung an beiden Seiten bilden.

Modell der Durchquerung des ATLAS-Schweifs | Im Diagramm kennzeichnen Linien interplanetare Magnetfeldlinien im Sonnenwind. Daten des Magnetometers der Raumsonde wiederum sind entlang ihrer Flugbahn dargestellt. Dabei zeigen Pfeile die Richtung des Magnetfelds und dessen Länge an. Die identifizierte scharfe Grenze zwischen dem Schweif und dem umgebenden Sonnenwind ist mit der magentafarbenen gestrichelten Linie eingezeichnet.

Hubbles Aufnahme vom 20. April wiederum zeigt bisher am schärfsten, wie der feste Kometenkern etwa 146 Millionen Kilometer von der Erde entfernt zerbrach. Das Teleskop identifizierte bis zu 30 separate Fragmente, einige waren so groß wie ein Haus. Am 23. April wiederum identifizierte Hubble 25 Stücke, die alle von einem sonnenlichtdurchfluteten Schweif aus Kometenstaub umhüllt waren. In der Zeit zwischen der ersten und der zweiten Messung hatte sich das Aussehen der Fragmente erheblich verändert – was woraus entstanden ist, konnten die Beobachter kaum bestimmen.

Entdeckt hatten Forschende den Kometen Ende Dezember 2019 mit Hilfe des automatischen Himmelsüberwachungssystems ATLAS in Hawaii – daher der Name. Die damals berechnete Umlaufzeit um die Sonne: knapp 7000 Jahre.

Der Komet ist zerbrochen, doch die Sonde führt ihre Mission fort. Sie soll mit Hilfe ihrer insgesamt zehn Instrumente unter anderem Bilder von der Sonne so nah wie keine andere zuvor aufnehmen und erstmals einen Blick auf die bisher unerforschten Polarregionen unseres Zentralgestirns werfen. Fragen, die es zu klären gilt, sind etwa: Was treibt den Elf-Jahres-Zyklus der Sonne mit steigender und fallender magnetischer Aktivität an? Was beschleunigt den Sonnenwind? Und wie wirkt sich das alles auf die Erde aus? Die ersten wissenschaftlichen Routinemessungen sollen im November 2021 beginnen.

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