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Antike Logistik: Römer bauten auf Holz aus Frankreich

Ein seltener Fund von dicken Eichenholzbohlen aus Rom macht deutlich, welchen Aufwand die Römer treiben mussten. War das Holz in ihrer Heimat knapp?
Blick auf das Forum Romanum in Rom

Wer im Rom des 1. Jahrhunderts ein Haus mit solidem Eichenfundament bauen wollte, musste möglicherweise auf Importware zurückgreifen. Das legen zumindest massive Eichenholzbohlen nahe, die Archäologen jetzt untersuchten: Laut ihrer Analyse stammte das Holz aus dem französischen Jura und war demnach über eine Strecke von gut 1700 Kilometern an den Tiber geschafft worden.

Der Fund zeigt, dass die Römer einen gewaltigen Aufwand trieben, um an das Baumaterial zu gelangen. Ob es ihnen an besseren Alternativen in der Nähe mangelte, ist offen. Forscher halten es jedoch für wahrscheinlich, dass gutes Bauholz bereits in der Antike im Mittelmeerraum ein knappes Gut war, während in den nördlichen Provinzen des Reichs ausgedehnte Wälder standen. Aus Schriftquellen sei leider nur wenig über Holzbeschaffung und -transport der Römer bekannt, erläutert das Forscherteam um Mauro Bernabei vom italienischen Institute of BioEconomy in San Michele all'Adige.

Deshalb nahmen die Wissenschaftler die insgesamt 24 Holzbohlen, die zwischen 2014 und 2016 beim Bau einer U-Bahn-Station in Rom zum Vorschein gekommen waren, näher in Augenschein. Das Holz hatte gut zwei Jahrtausende überdauert, weil der Boden an dieser Stelle vom Grundwasser feucht gehalten wurde. Für ihre Studie im Fachblatt »PLoS One« analysierten sie das Verteilungsmuster der Jahresringe. Wie weit die Ringe auseinanderstehen, ermöglicht nicht nur, das Fälldatum zu ermitteln – zwischen 40 und 60 n. Chr. in diesem Fall –, sondern verrät auch, wo ein Baum einst wuchs. Denn über den Abstand entscheiden lokale Wetterverhältnisse, die für alle Bäume einer Region sehr ähnlich sind. Die größten Übereinstimmungen ergaben sich mit einer Fundstelle, die zwischen den heutigen Städten Dijon und Besançon in Frankreich liegt.

Die Eichenholzbohlen sollten die Vorhalle eines Patrizierhauses stützen | Die bis zu 300 Jahre alten Bäume einer nicht näher ermittelbaren Eichenart wurden mit Äxten grob zugerichtet.

Von dort gingen die zugerichteten Bohlen vermutlich als Floß über die Saône und die Rhone auf die Reise nach Süden, bis sie das Mittelmeer erreichten, von wo aus sie mit dem Schiff in die Ewige Stadt verfrachtet wurden. Dort verschwanden die 3,6 Meter langen Hölzer für die kommenden 2000 Jahre im Boden – als Fundament für die Vorhalle des Luxusanwesens eines Römers. Der gewaltige logistische Aufwand wurde also für ein Material getrieben, das nicht einmal sichtbar war oder zur Repräsentation getaugt hätte.

Wie die Römer den Ex-, vor allem aber den Import von Alltagsgütern und Luxusware nach Rom bewältigten, nötige Forschern immer wieder Respekt ab, schreibt das Team um Bernabei. So transportierten die Römer große Mengen Getreide und lebende Tiere aus Afrika nach Rom, Metalle kamen aus entlegenen Provinzen und selbst sperrige Güter wie Marmorblöcke oder eben Holzbalken gelangten an den Tiber – und zwar alles »ohne Rücksicht auf Entfernungen oder geografische Barrieren«.

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