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Lexikon der Mathematik: Hodge-Ableitung

ein linearer Differentialoperator δ erster Ordnung auf dem Raum Λ(M) aller Differentialformen einer Riemannschen Mannigfaltigkeit M.

Es sei n die Dimension, g die Riemannsche Metrik von M, Λp(M), (0 ≤ pn), der Raum der Differentialformen der Stufe p. Wir setzen voraus, daß eine Volumenform auf M und ω ∈ Λp(M) mit g(ω, ω) = 1 gewählt wurde, z. B. \begin{eqnarray}\omega =\sqrt{\det ({g}_{ij})}d{x}^{1}\wedge \ldots \wedge d{x}^{n}\end{eqnarray} wenn g positiv definit und M orientiert ist.

Die Riemannsche Metrik g kann als linearer Isomorphismus g : T(M) → T*(M) des Bündels T(M) der Tangentialvektoren auf das Bündel T*(M) der dualen Tangentialvektoren angesehen werden, der nach den Regeln für das Rechnen mit Differentialformen einen Isomorphismus g(p) : Λp T(M) → Λp T*(M) der Räume der Differentialformen p-ter Stufe auf den Raum der Felder von p-Vektoren.

Um die Definition der Hodge-Ableitung angeben zu können, benötigt man zunächst den Sternoperator von Hodge. Ist αp ∈ Λp (M) und up das<?PageNum _419p-Vektorfeld \({u}_{p}={({g}^{(p)})}^{-1}({\alpha }_{p})\), so ist dieser als lineare Abbildung * : Λp (M) → Λn − p (M) durch die Gleichung \begin{eqnarray}* \alpha ({\mathfrak{t}},\ldots, {{\mathfrak{t}}}_{n-p})=\omega ({u}_{p}\wedge {{\mathfrak{t}}}_{1}\wedge \ldots \wedge {{\mathfrak{t}}}_{n-p})\end{eqnarray} definiert, wobei \({\mathfrak{t}_{1}},\ldots, {{\mathfrak{t}}}_{n-p}\in T(M)\) beliebige Vektorfelder sind.

Die Signatur s von g ist die größte Zahl, die als Dimension eines negativ definiten Unterraumes UTx(M) eines Tangentialrames auftreten kann. Es gilt \begin{eqnarray}(* \alpha )\wedge \alpha ={(-1)}^{s}\omega \end{eqnarray} für alle α ∈ Λp (M).

Der Operator * ist bis auf einen Vorzeichenwechsel zu sich selbst invers. Sein Quadrat *2 = * ∘ * bildet Λp (M) auf sich ab, und es gilt *2(α) = (−1)p(n−p)+s α für α ∈ Λp (M).

Die alternierende Ableitung ist eine Familie linearer Differentialoperatoren dp: Λp (M) → Λp+1 (M) erster Ordnung. Die Hodge-Ableitung wird über d durch die Formel \begin{eqnarray}{\delta }_{p}={(-1)}^{n(p+1)+1}* \circ {d}_{n-p}\circ * :\mathop{\wedge }\limits^{p}(M)\to \mathop{\wedge }\limits^{p-1}(M)\end{eqnarray} definiert.

Ist M kompakt, g positiv definit und α, β ∈ Λp (M), so ist α ∧ (*β) eine Differentialform der Stufe n. Das Integral \begin{eqnarray}{\langle \alpha, \beta \rangle }_{p}=\displaystyle \mathop{\int }\limits_{M}\alpha \wedge (* \beta )\end{eqnarray} definiert eine positiv definite symmetrische Bilinearform auf Λp (M). Für alle β ∈ Λp+1 (M) und alle α ∈ Λp (M) gilt dann die Gleichung \begin{eqnarray}{\langle {d}_{p}\alpha, \beta \rangle }_{p+1}={\langle \alpha, {\delta }_{p+1}\beta \rangle }_{p},\end{eqnarray} sodaß δp+1 unter diesen Voraussetzungen der formal adjungierte Operator von dp ist.

Eine explizite Formel für δpα erhält man durch die Wahl einer pseudoorthonormierten Basis X1, …, Xn von Vektorfeldern. Das sind Vektorfelder, die zueinander orthogonal sind und die Länge ±1 haben. Da es im Fall einer positiven Signatur s > 0 i. a. nicht möglich ist, eine Basis aus Vektoren positiver Länge zu finden, muß man sich mit g(Xi, Xi) = ϵi = ±1 zufrieden geben. Dann kann man zeigen, daß δp(α) als Differentialform der Stufe p − 1 durch \begin{eqnarray}{\delta }_{p}(\alpha )({X}_{2},\ldots, {X}_{p})=-\displaystyle \sum _{i=1}^{n}{\varepsilon }_{i}({\nabla }_{{X}_{i}}\alpha )({X}_{i},{X}_{2},\ldots, {X}_{p})\end{eqnarray} gegeben ist.

Ist M = ℝn der Euklidische Raum mit Standardmetrik, so sind die Tangential- und Kotangentialräume mit ℝn zu identifizieren. Der Sternoperator wird hier auch Graßmannsche Ergänzung genannt. In der Dimension n = 2 ist *ℝ2 → ℝ2 die Drehung der Ebene um 90° im Uhrzeigersinn und für n = 3 stimmt * : Λ23 → Λ13 = ℝ3 mit dem klassischen vektoriellen Kreuzprodukt überein. Um den Sternoperator am Beispiel einer Metrik der Signatur s = 1 zu diskutieren, wählen wir für M den 4-dimensionalen Minkowski-Raum und eine pseudoorthonormierte Basis \({{\mathfrak{e}}}_{1},\space {{\mathfrak{e}}}_{2},\space {{\mathfrak{e}}}_{3},\space {{\mathfrak{e}}}_{4}\) von M. Es gelte \(g({{\mathfrak{e}}}_{i},\space {{\mathfrak{e}}}_{j})\space =\space 0\) für ij und \(g({{\mathfrak{e}}}_{i},\space {{\mathfrak{e}}}_{j})\space =\space {\varepsilon }_{i}\), mit ϵi = 1 für i = 1, 2, 3, ϵ4 = −1. Diese Basis bestimmt ein Koordinatensystem (x1, x2, x3, x4) von M, und die zugehörigen Differentialformen dx1, dx2, dx3, dx4 sind sowohl die zu \({{\mathfrak{e}}}_{1},\space {{\mathfrak{e}}}_{2},\space {{\mathfrak{e}}}_{3},\space {{\mathfrak{e}}}_{4}\) duale Basis von M* als auch eine Basis von Λ1 (M). Eine Basis von Λ2 (M) ist dann durch die sechs Differentialformen dxidxj, (1 ≤ ij ≤ 4), eine Basis von Λ3 (M) durch die vier Differentialformen \begin{eqnarray}\begin{array}{l}{\beta }_{4}=d{x}^{1}\wedge d{x}^{2}\wedge d{x}^{3},\space {\beta }_{3}=d{x}^{1}\wedge d{x}^{2}\wedge d{x}^{4},\\ {\beta }_{2}=d{x}^{1}\wedge d{x}^{3}\wedge d{x}^{4},\space \space {\beta }_{1}=d{x}^{2}\wedge d{x}^{3}\wedge d{x}^{4},\end{array}\end{eqnarray} eine Basis von Λ4 (M) durch die Form \(\omega =d{x}^{1}\wedge d{x}^{2}\wedge d{x}^{3}\wedge d{x}^{4}\) und schließlich eine Basis von Λ0 (M) durch die konstante Funktion 1 gegeben.

Die lineare Abbildung * ist durch ihre Wirkung auf diesen Basen wie folgt bestimmt: \begin{eqnarray}\begin{array}{l}* 1=\omega, \quad * \omega =-1,\\ \begin{array}{lll}* d{x}^{i} & = & {\mu }_{i}{\beta }_{i}\\ * {\beta }_{i} & = & {\mu }_{i}d{x}^{i}\end{array}\left\}{\mu }_{i}=1\space \space \text{f}{\ddot{\text u}}\text {r}\space \space i\ne 2,\space {\mu }_{2}=-1,\right.\end{array}\end{eqnarray} sowei \begin{eqnarray}* (d{x}^{i}\wedge d{x}^{j})={\varepsilon }_{i}{\varepsilon }_{j}\text{sign}(klij)\space d{x}^{k}\wedge d{x}^{l}.\end{eqnarray}

In der letzten Gleichung bilden die Indizes k < l das zu dem Indexpaar (i, j) komplementäre, d. h. es ist {k, l} = {1, 2, 3, 4}\{i, j}. In der Folge k, l, i, j kommt daher jede der Zahlen 1, 2, 3, 4 genau einmal vor. Somit ist (k, l, i, j) eine Permutation σ von 1, 2, 3, 4. Das Vorzeichen von σ wurde mit sign(klij) bezeichnet.

Jede p-Form α ∈ Λp (M) ist eine Linearkombination der oben angegebenen Basisformen, und δp(α) kann mit diesen Angaben durch lineare Ausdehnung berechnet werden. Ist z. B. f eine differenzierbare Funktion auf M und α = f dx1, so folgt \begin{eqnarray}\begin{array}{l}{\delta }_{1}(f\space d{x}^{i})=-{\mu }_{i}\ast \circ d(f{\beta }_{i})=\\ \space -{\mu }_{i}{(-1)}^{i-1}\ast \left(\frac{\partial f}{\partial {x}^{i}}\omega \right)={\mu }_{i}{(-1)}^{i-1}\frac{\partial f}{\partial {x}^{i}}.\end{array}\end{eqnarray}

Für eine allgemeine 1-Form α = f1dx1 + … + f4dx4 ist dann δ1(α) = δ1(f1dx1)+ … + δ1(f4dx4).

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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