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Lexikon der Mathematik: Hölder-Bedingung

für eine Funktion f mit Definitionsbereich \({\mathfrak{D}}\) und einen festen Punkt a aus \({\mathfrak{D}}\) Abschätzung der Art \begin{eqnarray}|f(x)-f(a)|\space \le H(a)|x-a{|}^{\alpha }\end{eqnarray} für alle x aus \({\mathfrak{D}}\) in einer geeigneten Umgebung von a mit einem 0 < α ≤ 1 und H(a) ∈ [0, ∞). Hier spricht man von einer Hölder-Bedingung (für f) in a. Der Zuwachs der Funktion wird also lokal (bei a) betraglich abgeschätzt durch die Zuwächse der zugehörigen Argumente.

Hierbei ist zunächst an reellwertige Funktionen einer reellen Variablen gedacht, dann aber auch – wenn man den Betrag jeweils durch eine Norm ersetzt – an Abbildungen zwischen normierten Vektorräumen. Entsprechend kann das natürlich zumindest noch für Abbildungen zwischen metrischen Räumen definiert werden: Sind \(({\mathfrak{D}}\text{,}\space \delta )\) und \(({\mathfrak{S}}\text{,}\space \sigma )\) metrische Räume, so lautet die o. a. Bedingung für \(f:{\mathfrak{D}}\to {\mathfrak{S}}\) entsprechend \begin{eqnarray}\sigma (f(x),f(a))\le H(a)\delta {(x,a)}^{\alpha }.\end{eqnarray}

Erfüllt f in \(a\in {\mathfrak{D}}\) eine Hölder-Bedingung, so ist f in a stetig, man sagt dann Hölder-stetig in a. Für α = 1 heißt die Hölder-Bedingung in a auch Lipschitz- Bedingung in a und f Lipschitz-stetig in a.

Von einer Hölder-Bedingung (für f) spricht man, wenn 0 < α ≤ 1 und H ∈ [0, ∞) so existieren, daß \begin{eqnarray}|f(x)-f(y)|\le H{|x-y|}^{\alpha }\end{eqnarray} bzw. allgemeiner \begin{eqnarray}\sigma (f(x),f(y))\le H\delta {(x,y)}^{\alpha }\end{eqnarray} für alle x, y aus \({\mathfrak{D}}\) gilt. Man hat also die o. a. Abschätzung gleichmäßig für alle Punkte aus \({\mathfrak{D}}\) (globale Aussage). Ein solches f ist dann offenbar gleichmäßig stetig, man sagt Hölder-stetig der Ordnung α, im Falle α = 1 auch Lipschitz-stetig oder dehnungsbeschränkt. Daß die Umkehrung nicht gilt, zeigt etwa die durch \begin{eqnarray}f(x):=\left\{\begin{array}{ccl}1/\mathrm{log}x &, & x\in (0,\pi /4]\\ 0 &, & x=0\end{array}\right.\end{eqnarray} definierte Funktion f, die als stetige Funktion auf dem kompakten Intervall [0, π/4] gleichmäßig stetig ist, aber wegen |f (x) − f (0)| = 1/|log x| für x ≠ 0 offenbar keine Abschätzung der Form |f (x)−f (0)| ≤ H |x|α zuläßt, also in ü keine Hölder- Bedingung erfüllt.

α heißt Hölder-Exponent in a bzw. Hölder- Exponent oder manchmal auch nur Exponent, H(a) Hölder-Koeffizient in a, H Hölder-Koeffizient, im Falle α = 1 auch Lipschitz-Konstante.

Für α ∈ (0, 1] und beliebiges \(f:{\mathfrak{D}}\to {\mathfrak{S}}\) betrachtet man – mit Werten in [0, ∞] – \begin{eqnarray}{|f|}_{\alpha }:=\sup \left\{\frac{\sigma (f(x),f(y))}{\delta {(x,y)}^{\alpha }}:x,y\in {\mathfrak{D}}\space \space \text{mit}\space \space x\ne y\right\}.\end{eqnarray}

Offenbar gilt |f|α < ∞ genau dann, wenn f eine Hölder-Bedingung der Ordnung α erfüllt, und |f|α ist dann der optimale Hölder-Koeffizient, also \begin{array}{l}{|f|}_{\alpha }=\min \{H\in [0,\infty ):\\ \quad \quad \space\space\space \forall x,y\in {\mathfrak{D}}\sigma (f(x),f(y))\le H\delta {(x,y)^\alpha}\}.\end{array}

Im Spezialfall normierter Vektorräume erhält man auf diese Weise eine Halbnorm | |α auf dem Vektorraum der Hölder-stetigen Funktionen der Ordnung α.

Die Betrachtung von Exponenten α ∈ (1, ∞) ist nicht sonderlich sinnvoll, da eine Funktion f, die eine Abschätzung der Form \begin{eqnarray}|f(x)-f(y)|\le H{|x-y|}^{\alpha }\end{eqnarray} mit einem solchen a erlaubt, wegen \begin{eqnarray}\left|\frac{f(x+h)-f(x)}{h}\right|\le H{|h|}^{\alpha -1}\end{eqnarray}<?PageNum _425 differenzierbar mit Ableitung 0, also konstant, sein müßte.

Die Lipschitz-Bedingung wurde 1864 von Rudolf Lipschitz im Spezialfall reellwertiger Funktionen einer reellen Variablen eingeführt. Sie spielt eine entscheidende Rolle etwa beim Existenz- und Eindeutigkeitssatz für gewöhnliche Differentialgleichungen.

Otto Hölder führte die nach ihm benannte allgemeinere Bedingung für Funktionen mehrerer reeller Variabler bei der Untersuchung von Differenzierbarkeitsaussagen von Potentialfunktionen ein.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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