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Lexikon der Mathematik: Integralnorm

eine Abbildung \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}\Vert \Vert :{\mathfrak{P}}(\Re )\to [0,\infty ] & \text{mit}\end{array}\end{eqnarray} ||0|| = 0 und der, endlichen Subadditivität’ \begin{eqnarray}\psi \le \mathop{\sum ^{n}}\limits_{v=1}{\psi }_{v}\Rightarrow \Vert \psi \Vert \le \mathop{\sum ^{n}}\limits_{v=1}\Vert {\psi }_{v}\Vert \end{eqnarray} (für jedes n ∈ ℕ und ψ, ψν ∈ \({\mathfrak{P}}\)) für eine nichtleere Menge \(\Re \) und \begin{eqnarray}{\mathfrak{P}}={\mathfrak{P}}(\Re ):=\{\psi |\psi :\Re \to [0,\infty ]\}.\end{eqnarray} Die endliche Subadditivität ist äquivalent zu Isoto- nie und Dreiecksungleichung (zusammen).

Eine solche Abbildung heißt starke Integralnorm, wenn statt der endlichen Subadditivität die, abzählbare Subadditivität’ (σ-Subadditivität) \begin{eqnarray}\psi \le \mathop{\sum ^{\infty }}\limits_{v=1}{\psi }_{v}\Rightarrow \Vert \psi \Vert \le \mathop{\sum ^{\infty }}\limits_{v=1}\Vert {\psi }_{v}\Vert \end{eqnarray} gilt, aus der natürlich die endliche Subadditivität folgt.

Integralnormen ermöglichen – über stetige Fortsetzung (Integralfortsetzung, Integralabschätzung) – einen eleganten, durchsichtigen und leistungsfähigen Zugang zu sehr allgemeinen Integralbegriffen.

Zu einer Integralnorm || || auf \(\mathfrak{P}\) betrachtet man – meist wieder mit dem gleichen Symbol bezeichnet – für auf \(\Re \) definierte reellwertige (oder allgemeinere) Funktionen f stets die durch \begin{eqnarray}\Vert f\Vert :=\Vert |f|\Vert \end{eqnarray} definierte normähnliche Abbildung || || auf dem entsprechenden Funktionenraum.

Für −∞ < a < b < ∞ und den Raum \({\mathfrak{E}}\) der re-ellwertigen Treppenfunktionen auf [a, b] mit dem elementaren Integral i : \({\mathfrak{E}}\) → ℝ zum Beispiel hat man \begin{eqnarray}|i(h)|\le i(|h|)=\Vert h{\Vert }_{L}=\Vert h{\Vert }_{R}\le \Vert h{\Vert }_{S}\end{eqnarray} für h ∈ \({\mathfrak{E}}\) mit den Integralnormen || ||S (Supremumsnorm), || IR (Riemann-Norm) und || ||L (Lebesgue-Norm). Diese sind für ε ∈ \({\mathfrak{P}}\)([a, b]) wie folgt definiert: \begin{eqnarray}\begin{array}{l}\Vert \psi {\Vert }_{S}:=(b-a)\sup \{\psi (x)|x\in [a,b]\},\\ \begin{array}{ll}\Vert \psi {\Vert }_{R}:=\inf \{i(h)\,|\,{\mathfrak{E}}\ni h\ge \psi \} & (\text{mit}\inf \emptyset :=\infty )\end{array},\\ \Vert \psi {\Vert }_{L}:=\inf \left\{\mathop{\sup }\limits_{n\in {\mathbb{N}}}i({h}_{n})\,|\,{{\mathfrak{E}}}^{+}\ni {h}_{n}\uparrow \ge \psi \right\}\\ ({{\mathfrak{E}}}^{+}\ni {h}_{n}\uparrow \ge \psi \,\text{bedeutet dabei}\,{h}_{n}\in {\mathfrak{E}}\wedge 0\le {h}_{1}\le {h}_{2}\le \cdots \le \mathop{\sup }\limits_{n\in {\mathbb{N}}}{h}_{n}\ge \psi ).\end{array}\end{eqnarray} Integralfortsetzung bzgl. || ||S führt zum Integral von Regelfunktionen, bzgl. || ||R zum Riemann-Integral und bzgl. || ||L zum Lebesgue-Integral, die sich alle auf ähnliche Weise auch in wesentlich allgemeineren Ausgangssituationen einführen lassen.

|| ||S und || ||L sind starke Integralnormen. Für solche hat man ganz allgemein u. a. die Vollständigkeit von (\({\mathfrak{P}}\), || ||) und die Charakterisierung von || ||-Konvergenz durch Cauchy-Konvergenz und f. ü.-Konvergenz einer geeigneten Teilfolge.

Der – zunächst wohl ungewohnt erscheinende – Verzicht auf die Forderung der Homogenität in der Definition von Integralnormen hat zwei Gründe: Einmal tritt eine derartige Integralnorm auf, wenn man im Rahmen der Maß- und Wahrscheinlichkeitstheorie die, Konvergenz dem Maße nach’ (,sto- chastische Konvergenz’) mit Hilfe einer Maßnorm untersucht. Zum anderen ist natürlich die Einsicht wichtig, daß fast alle Überlegungen der Integrationstheorie die Forderung der Homogenität gar nicht benötigen. Man erkennt, daß man alles anstatt mit linearen Räumen sogar für geeignete Gruppen durchführen kann.

Schon beim Vorliegen einer schwächeren Eigenschaft für eine starke Integralnorm als der Additi- vität (auf geeigneten Teilmengen \({\mathfrak{E}}\)′ von \({\mathfrak{P}}\)), der Halbadditivität, ist die Gewinnung aller starken Konvergenzsätze (Levi, Fatou und Lebesgue) möglich. Dies tritt schon bei den p-Normen || ||p auf, die (für 1 < p < ∞) halbadditiv, jedoch nicht additiv sind. Auch innerhalb der Funktionalanalysis führen die, orthogonalen Maße’ der Spektraltheorie auf derartige Integralnormen. Eine Integralnorm || || heißt dabei auf \({\mathfrak{E}}\)′ halbadditiv, wenn für eine Folge von Funktionen (φn) in \({\mathfrak{P}}\)′ aus \begin{eqnarray}\mathop{\sup }\limits_{k}\left\Vert \mathop{\sum ^{k}}\limits_{n=1}{\varphi }_{n}\right\Vert \lt \infty \end{eqnarray} stets folgt \begin{eqnarray}\Vert {\varphi }_{n}\Vert \to 0.\end{eqnarray} Etwa die Supremumsnorm ist zwar stark, aber offenbar nicht halbadditiv.

[1] Bichteler, K.: Integration theory (with special attention to vector measures). Springer-Verlag Berlin, 1973.
[2] Hoffmann, D.; Schäfke, F.-W.: Integrale. B.I.-Wissen- schaftsverlag Mannheim, 1992.
[3] Kaballo, W.: Einführung in die Analysis III. Spektrum Akademischer Verlag, 1999.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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