Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Standpunkt: Am Anfang war das Plagiat

Der Mensch ist ein Kulturwesen – er lernt von anderen und kann sich in ihre Lage versetzen. Nach Ansicht des britischen Evolutions­biologen Mark Pagel ­erwuchs daraus eine wichtige Triebfeder der menschlichen Evolution: unser Hang zum Ideenklau.
Lustobjekt

Was machte den Mensch zum Menschen? Klarer Fall: die Kultur! Das Erwachen der kulturellen Fähigkeiten unserer Vorfahren stellte vor etwa 200 000 Jahren den entscheidenden Schritt in der Evolution des Menschen dar. Vor 60 000 Jahren beschleunigte sie sich noch einmal, als kleine Stammesverbände von Afrika aus aufbrachen, um die Welt in nur wenigen Jahrzehntausenden zu erobern und zu verändern. Kultur avancierte dabei zur Überlebensstrategie. Unsere Fähigkeit, von anderen zu lernen, Wissen und Methoden weiterzugeben und darauf aufzubauen, hat sich als äußerst effektiv erwiesen, um die Erde samt ihren Ressourcen für immer mehr Menschen zu erschließen. Während andere Spezies sich auf die Umwelt beschränken müssen, an die sie genetisch angepasst sind, können wir in nahezu jedem Lebensraum existieren. Im fruchtbaren kulturellen Umfeld entstanden so die typisch mensch­lichen Charakteristika wie ein ausgeprägtes Sozialverhalten und Sprache. Die heutigen Menschen sind damit die Nachfahren derjenigen, die diese unbändige zwischenmenschliche Kraft am besten für ihre Interessen nutzen konnten.
Unsere Kulturfähigkeit ruht auf zwei Säulen, die zusammen ein Evolutionspotenzial schufen, das allen anderen Arten verschlossen blieb: soziales Lernen und die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen. Ersteres ermöglicht es uns, neues Verhalten einfach durch Beobachtung anderer zu übernehmen. Durch Letzteres – auch "Theory of Mind" genannt – können wir die Motive unseres Gegenübers erraten und verstehen.
Beide Merkmale dürften ausschließlich menschlich sein ...

Kennen Sie schon …

Spektrum edition – Sprache

In dieser »edition« behandeln wir das Thema Sprache von den Wurzeln bis hin zur Entschlüsselung von tierischer Kommunikation mit KI. Wie klingt eine Sprache, die fast niemand kennt? Denken Menschen anders, wenn sie anders sprechen? Und was verrät der Klang einer Sprache über unsere Wahrnehmung?

Spektrum - Die Woche – Immun gegen Sucht

Was zeichnet Personen aus, die »immun« gegen Sucht sind und wie kann uns dieses Wissen bei Vorbeugung und Behandlung helfen? Antworten darauf in der aktuellen »Woche«. Außerdem: »Drei ist nicht immer einer zu viel« – was versprechen sich Menschen von Sex zu dritt?

Gehirn&Geist – Empathie

Wenn sich jemand weh tut, spüren wir den Schmerz meist auch selbst. Er ist regelrecht ansteckend. Wir erklären, was beim empathischen Mitfühlen im Gehirn passiert. Unser Beitrag Teamsport für den Geist berichtet über die positiven Effekte auf Psyche und Körper von sportlicher Betätigung und insbesondere von Teamsport, der sich bis ins Alter positiv auswirkt. Wie wir Düfte wahrnehmen, klären Wissenschaftler jetzt nach und nach. Hinter unserem Geruchssinn steht eine hochkomplexe zelluläre Maschinerie, über die wir berichten. Zunehmend halten neurologische Befunde Einzug in Gerichtssäle. Allerdings gibt es noch viele offene Fragen zu der Rolle der forensischen Neurologie in der Rechtsprechung. Suizide sind die zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen in Deutschland. Selten kommen sie aus dem Nichts. Wir berichten, welche Anzeichen es gibt – und wie man Gefährdeten helfen kann.

  • Quellen und Literaturtipps

Literaturtipp

Pagel, M.: Wired for Culture. The Natural History of Human Cooperation. Norton/Penguin Press, London 2012
Mark Pagel erzählt die Naturgeschichte der menschlichen Kooperation. Der britische Evolutionsbiologe geht davon aus, dass die Kultur im Menschen fest "verdrahtet" ist.


Quellen

Fitch, W. T.: The Evolution of Language. Cambridge University Press, Cambridge 2010

Hawks, J. et al.:Recent Acceleration of Human Adaptive Evolution. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA 104, S. 20753-20758, 2007

Heyes, C.:Theory of Mind in Nonhuman Primates. In: Behavioral and Brain Sciences 21, S. 101-114, 1998

Laland, K.:Animal Cultures. In: Current Biology 18, S. R366-R370, 2008

Pinker, S.: The Blank Slate. The Modern Denial of Human Nature. Penguin Press, New York 2003

Ridley, M.: The Rational Optimist: How Prosperity Evolves. Fourth Estate, London 2011

Stringer, C.: The Origin of Our Species. Allen Lane, London 2011

Thornton, A., Clutton-Brock, T.:Social Learning and the Development of Individual and Group Behaviour in Mammal Societies. In: Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences 366, S. 978-987, 2011

Tomasello, M. et al.:Chimpanzees Understand Psychological States - the Question Is Which Ones and to What Extent. In: Trends in Cognitive Sciences 7, S. 153-156, 2003

Williamson, S. H. et al.:Localizing Recent Adaptive Evolution in the Human Genome. In: PLoS Genetics 3, e90, 2007

Schreiben Sie uns!

2 Beiträge anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.