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Selbstreflexion : Entdeckungsreise ins Ich

Sich gedanklich zurücklehnen und über sein Leben, die eigenen Erfahrungen nachdenken: Selbstreflexion hilft dabei, sich besser zu verstehen. Das mentale Kreisen um die eigene Person kann aber auch problematisch werden.
Eine Frau starrt während einer Zugfahrt aus dem Fenster.

Narziss hätte seine Freude an der heutigen Zeit. Der Jüngling aus der griechischen Mythologie war schließlich bekannt dafür, sich unentwegt mit sich selbst zu beschäftigen. Derartige Nabelschau ist verbreiteter denn je: Zahllose Ratgeber widmen sich ausgiebig der eigenen Person. »Selbstfindung – Wer bin ich? Was will ich?« heißt es da. Oder: »Selbstreflexion: Finde Ruhe, Lebensfreude und Liebe«. Ein anderes Buch trägt den Titel »Das Date mit dir selbst«. Auf Instagram sieht es ähnlich aus. Unter dem Hashtag #selfreflection finden sich inzwischen mehr als eine Million Beiträge, dazu zig Posts mit Übungen, die helfen wollen, sich in der Selbsterkundung zu üben. Denn während es dem selbstverliebten Narziss genügte, sich im Spiegel der Wasseroberfläche zu betrachten, geht es bei der heutigen Selbstreflexion darum, die Tiefen des Ichs bis in die letzten Winkel zu durchforsten.

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Person ist seit jeher ein beliebtes Thema in der Kunst und Literatur. Besonders deutlich wird das beispielsweise in der Bewegung der »Confessional Poets«, die in den späten 1950er Jahren in den USA entstand. Die Autorinnen und Autoren der so genannten »Bekenntnisliteratur« kehrten in ihren Gedichten ihr Innerstes nach außen. Peinlichkeiten und Schamgefühle waren keine Tabus mehr. In Skandinavien wurde die Selbsterkundung zeitweise sogar staatlich gefördert. Im 19. Jahrhundert entstand dort eine besondere Art der Volkshochschule, deren Ziel es war, die Bürger bei der Identitätsbildung zu stärken und ihre Selbstbestimmung voranzutreiben…

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Gehirn&Geist – Multiple Persönlichkeit: Was hinter der dissoziativen Identitätsstörung steckt

Manche Menschen scheinen verschiedene Ichs in sich zu tragen, die im Wechsel die Kontrolle über den Körper übernehmen – mit jeweils eigenem Alter, Namen und Geschlecht. Unsere Experten, die zu dissoziativen Phänomenen forschen, stellen die wichtigsten Fakten zur »Multiplen Persönlichkeit« vor. Ergänzend dazu geht die Psychologin Amelie Möhring-Geisler der Frage nach, ob rituelle Gewalt in der Kindheit gezielt Persönlichkeitsspaltungen herbeiführt. In dieser Ausgabe beginnt zudem eine neue Artikelserie zum Thema »Long Covid und ME/CFS«. Im Interview spricht Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité über Ursachen von ME/CFS, den Versorgungsmangel in Deutschland und Hoffnung auf Medikamente. Darüber hinaus berichten wir über das Glücksparadox, das besagt: Je mehr wir dem Glück hinterherjagen, desto weiter entfernt es sich. Wir stellen das Thema psychotherapeutische Patientenverfügung vor, die im psychischen Krisenfall eine große Hilfe sein kann, sowie die noch immer rätselhafte Schmerzerkrankung Fibromyalgie, über deren Ursachen noch viel spekuliert wird.

Gehirn&Geist – Selbstüberschätzung: Wie Unwissenheit zu falschem Selbstvertrauen führt

Laut dem Dunning-Kruger-Effekt führt Unwissenheit zur Selbstüberschätzung, weil die Kompetenz fehlt, seine Grenzen zu erkennen. Andere Fachleute bezweifeln die psychologische Erklärung, manche halten den Effekt sogar für ein reines statistisches Artefakt. Ist dem wirklich so? Daneben geht David Dunning im Interview auf seine Studien über Selbstüberschätzung, Wunschdenken und leichtfertiges Vertrauen ein. Darüber hinaus erfahren Sie in dieser Ausgabe, wie künstliche Intelligenz die Analyse von Hirnaktivitäten auf ein neues Niveau hebt und damit neue Einblicke in die Funktionsweise des menschlichen Gehirns ermöglicht. Lähmungen oder Zittern ohne erkennbare Ursache galten lange als rätselhaft, doch langsam werden funktionelle Bewegungsstörungen immer besser verstanden und wirksame Therapien entwickelt. Im Rahmen der Serie »Die Sprache der Wale« stellen wir die komplexe Sprache der Delfine und Wale vor und wie diese mit künstlicher Intelligenz entschlüsselt wird. Zudem berichtet der Biologe Lars Chittka über seine Forschungen an Bienen und andere Insekten, die weitaus komplexere kognitive Fähigkeiten besitzen als bislang gedacht.

Spektrum Psychologie – Mama im Schleudergang – Wie Borderline das Leben prägt

Wie ist es, mit einer Mutter aufzuwachsen, die ihre Gefühle kaum kontrollieren kann? In dieser Ausgabe erfahren Sie, wie Borderline das Familienleben prägt – und was helfen kann. Außerdem: Was Trauer mit uns macht, wann psychisch kranke Straftäter wieder frei kommen und mehr.

  • Quellen

Marin, K. A., Rotondo, E. K.: Rumination and selfreflection in stress narratives and relations to psychological functioning. Memory 25, 2015

Pennebaker, J. W., Beall, S. K.: Confronting a traumatic event: Toward an understanding of inhibition and disease.Journal of Abnormal Psychology 95, 1986

Sohal, M. et al.: Efficacy of journaling in the management of mental illness: A systematic review and metaanalysis. Family Medicine and Community Health 10, 2022

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