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Boomendes Mammutelfenbein: Weißes Gold aus braunem Schlamm

Tonnenweise Mammutstoßzähne finden Glücksritter jedes Jahr im arktischen Sommer. Das Elfenbein fürs gute Gewissen, es könnte zum Fluch für Afrikas Elefanten werden.
Ein Mammutstoßzahn wie dieser kann über 30 000 US-Dollar einbringen

Im kurzen arktischen Sommer, wenn in Jakutien die Sonne fast gar nicht mehr untergeht, röhren wieder die Pumpen durch die Wildnis. Ihre Motoren steckten einst in Schneemobilen oder einem Auto. Jetzt saugen sie Wasser in Feuerwehrschläuche und lassen es mit Hochdruck gegen die Uferhänge klatschen. Stück für Stück fräsen sie sich in den braungrauen Schlamm, einige an den Ufern der Ostsibirischen See, andere an den zahllosen Flüssen, die das Land durchschlängeln. Die Männer, die im schwarzen Abgas ihrer Bestien stehen, wissen, dass tief im angetauten Untergrund jahrtausendealte Schätze stecken: die Überreste mumifizierter Wollhaarmammuts. Und am wichtigsten: deren Elfenbein.

Denn im sibirischen Permafrost, dem dauerhaft gefrorenen Untergrund, verschwindet nichts einfach so ganz. Zwischen 10 und 20 Millionen Mammutkadaver vermuten Fachleute im Boden. Gerade hier in Jakutien, das in der Russischen Föderation offiziell den Namen Republik Sacha trägt und wo sich knapp eine Million Einwohner auf einem Gebiet verteilen, das achtmal so groß ist wie die Bundesrepublik Deutschland, gibt es sehr gut erhaltene Mammuts. Genau wie auf den Neusibirischen Inseln, fast 1000 Kilometer nördlich des Polarkreises.

Die eisigen Temperaturen haben sie und ihre bis über vier Meter langen Stoßzähne vor dem Verfall bewahrt. »Wenn ein solcher Zahn direkt aus dem Permafrost geborgen wird, dann ist seine Qualität oft hervorragend. Wir nennen es Eis-Elfenbein«, sagt Valery Plotnikov. Als leitender Forscher an der Wissenschaftsakademie der Republik Sacha in der Republikhauptstadt Jakutsk berät er das russische Kultusministerium im fernen Moskau. Seine Gutachten über den kulturellen Wert eines Mammutkadavers sind ausschlaggebend dafür, ob die Entdecker eine Ausfuhrgenehmigung bekommen. Denn darum geht den Männern an ihren Pumpen: Das Elfenbein der ausgestorbenen Tiere lässt sich auf einem Markt, der zum Schutz der letzten noch lebenden Elefanten stark reguliert ist, für sehr viel Geld verkaufen. Ein vermeintlich gutes Gewissen für den Käufer inklusive.

Mammuts im Untergrund | Mit ihren Wasserspritzen bohren sich die Glücksritter 60 Meter tief in den Uferschlamm. Für eine Fotoreportage verbrachte der Neuseeländer Amos Chapple im Jahr 2016 drei Wochen bei den Mammutjägern in Jakutien. Viele Bilder dieses Artikels sind dieser Serie entnommen.

Forscher erleben Szenen wie beim Goldrausch am Klondike

Historische Quellen belegen, dass schon im 17. Jahrhundert in Russland ein reger Handel mit Mammutelfenbein erfolgte. Und vergilbte Fotos aus dem frühen 20. Jahrhundert zeigen bärtige Abenteurer, die mit gewaltigen Mengen von Stoßzähnen auf den Neusibirischen Inseln posieren. Doch die Hochphase der modernen Mammutjagd begann erst vor wenigen Jahren. Als China Ende 2017 den Handel mit Elfenbein Afrikanischer und Asiatischer Elefanten für weitgehend illegal erklärte, kletterte die Nachfrage nach Russlands nicht mehr ganz so weißem Gold steil nach oben. »Die Suche nach Mammuts ist sehr arbeitsintensiv und oft undankbar, aber unter bestimmten Bedingungen kann sie sehr gutes Geld erbringen«, sagt Plotnikov. Bald waren der Mammutexperte und sein Team an ihren eigenen Ausgrabungsstätten von manchmal 200 Mammutjägern umgeben. Der Jakute fühlte sich an Geschichten über den amerikanischen Goldrausch am Klondike erinnert.

Wenn die kurze Ausgrabungssaison Ende Juni beginnt, brechen die Männer mit ihren Pumpen in den Norden auf. In Jakutien suchen sich Flüsse wie die Kolyma noch selbst ihren Lauf. In unzähligen Schleifen und Buchten durchziehen sie die Landschaft. Wo die Erosion der Gewässer den Boden zerschneidet und den Permafrost durchbricht, sind die Chancen am größten. Bis Anfang September haben die Glücksritter Zeit, dann macht der zurückkehrende Frost die Arbeit unmöglich.

Nur rund 20 bis 30 Prozent der Mammutjäger dürften genug entdecken, um durch die knochenharte Arbeit einen Profit zu erwirtschaften. Doch wer Glück hat, den belohnt das eisige Land umso reicher. »Als der Preis 2018 seinen Höhepunkt erreichte, erzielte ein Kilo Stoßzahn hier umgerechnet rund 1200 US-Dollar«, erklärt Plotnikov. Bei einem durchschnittlichen Gewicht pro Stoßzahn von 60 Kilo und zwei Stoßzähnen pro Mammut konnte der Fund eines einzigen intakten Kadavers über 140 000 Dollar einbringen, das sind knapp 120 000 Euro. In einer Region, wo man sonst umgerechnet ein paar hundert Euro im Monat verdient, reicht das für eine ganze Truppe. Zwar ist der Preis inzwischen wieder auf ein Viertel des Höchstwertes abgesackt, doch selbst damit machen die glücklichen Finder einen guten Schnitt.

Alles erhaltene Mammutelfenbein ist über 100 Milliarden Dollar wert

Ein Ende des Elfenbeinrausches ist nicht in Sicht. Russische Experten kalkulieren, dass noch rund eine halbe Million Tonnen Elfenbein im Permafrost liegen. Oder mit dem aktuellen Kilopreis umgerechnet: Material im Wert von 150 Milliarden Dollar.

Ein Stollen, in den Schlamm getrieben | Der sibirischen Umwelt tut der Mammutboom nicht gut: Der enorme Schlammeintrag kann zu Überflutungen führen, schädigt aber auch die Fischbestände.

»Dieser Boom verursacht mehrere Komplikationen«, sagt der Niederländer Dick Mol, dem seine Forschung an den eiszeitlichen Riesen den Spitznamen »Sir Mammut« einbrachte. 2003 entdeckte er beispielsweise das »Yukagir-Mammut«. Es war so gut erhalten, dass der Fund Paläontologen neue Rückschlüsse über die Geschichte der Mammuts erlaubte.

»Die hier graben, denen geht es natürlich nur ums Geld. Die Ausgrabungen sind nicht wissenschaftlich, und demzufolge geht viel verloren. Außerdem gibt es ein Konkurrenzdenken – sie wollen die Kadaver lieber vor den Forschern finden«, sagt Mol. In welchen Erdschichten der Fund lagerte, welche Kleinteile sich im Umfeld finden, das sorgsame Freipräparieren, das den Schädel erhält – all das beachten die Glücksritter mit ihren rabiaten Methoden nicht. »Vor 25 Jahren haben die Expeditionen den Rest auch einfach weggeworfen und nur das Elfenbein behalten«, sagt Mol. Wenn die mumifizierten Überreste dann den Elementen ausgesetzt waren, verrotteten sie schnell und waren für die Forschung verloren. »Auch wenn die Jäger uns Teile der Mammuts inzwischen überlassen, sagen sie oft nicht, wo genau sie das Tier gefunden haben, was ebenfalls wertvolle Erkenntnisse liefern würde.«

Hinzu kommt, dass der Klimawandel die Region doppelt so schnell erwärmt wie den Rest der Welt. Dadurch verlängert sich die Saison, mehr Funde wären eine logische Konsequenz. Und dennoch räumen sowohl Dick Mol als auch Valery Plotnikov ein, dass der Elfenbeinrausch seine guten Seiten hat. »Wenn Jäger und Forscher Hand in Hand arbeiten, dann kann der Nutzen für die Wissenschaft höher sein als der Schaden«, sagt Plotnikov.

Jährlich werden rund 70 Tonnen aus dem Schlamm gespült

So wurden in den vergangenen 20 Jahren mehr Mammuts entdeckt als in den 200 Jahren zuvor. Die gut ausgerüsteten Expeditionen dringen in Regionen vor, in denen kaum Forscher zugange sind. Aber ihnen müsse ein Anreiz geboten werden, Funde und Daten zu teilen, sagen die Wissenschaftler. Und dieser Anreiz ist es, mit dem Mammutelfenbein handeln zu dürfen.

»Im Moment kommen die legalen Ausgrabungen in Jakutien jährlich auf rund 70 Tonnen Elfenbein«, sagt Plotnikov. Das entspricht etwa 80 Prozent der russischen Gesamtproduktion, von der 80 Prozent nach China gehen – rund 72 Tonnen im Jahr 2017 und 67 Tonnen in 2018. Wobei wohl auf jede Tonne legal exportiertes Elfenbein eine halbe kommt, die schwarz die Grenze passiert. Wie viel Elfenbein auf dem Markt landet, habe aber letztendlich mehr mit Glück und Misserfolg der Männer an ihren Pumpen zu tun, sagt der Forscher aus Jakutsk. »Die Nachfrage ist noch viel höher.«

In den Augen mancher ist das ein Segen für Afrikas bedrohte Dickhäuter. Naima Farah und John Boyce von der University of Calgary in Kanada haben 2019 kalkuliert, was passiert wäre, wenn es kein Mammutelfenbein auf dem Markt gäbe. Der Preis für ein Kilogramm Elefantenelfenbein hätte sich ihrer Rechnung nach zwischen 2010 und 2012 von 100 auf 200 US-Dollar verdoppelt. Das wiederum hätte die Wilderei in Afrika noch wesentlich lukrativer gemacht: Pro Jahr wären laut ihrer Analyse 55 000 Elefanten zusätzlich abgeschossen worden.

Senkt Mammutelfenbein den Preis für sein afrikanisches Pendant?

Sinkt dagegen der Preis, weil große Mengen Mammutelfenbein auf den Markt gelangen, ist es das Risiko für die Wilderer nicht mehr wert, sagt Boyce. Das sei schon einmal geschehen: Als Anfang der 1990er Jahre die Sowjetunion kollabierte und mit ihr die sibirischen Minen und Fabriken, hätten sich arbeitslose Männer an das kostbare Gut im Permafrost erinnert und einen ersten Mammutboom ausgelöst. Der könne ebenso stark zum Rückgang der Wilderei in den 1990ern beigetragen haben wie die zeitgleich errichteten Handelsschranken im Washingtoner Artenschutzabkommen, vermutet Boyce.

Finderglück | Die Männer haben oftmals bereits einen Ankäufer im Hintergrund, hat Amos Chapple bei seinen Besuchen erfahren. Ein Drittel des Mammutelfenbeins wird anschließend auf dem Schwarzmarkt weitergehandelt.

Nicht alle seine Fachkollegen überzeugt er damit. Was auf dem Papier gut aussieht, könnte sich zur Katastrophe für die heute lebenden Elefanten auswachsen, fürchten Kritiker des Mammuthandels. Um den Handel auszubremsen, wollten einige das Wollhaarmammut sogar mit denselben Handelsbeschränkungen schützen, mit denen sonst bedrohte Tierarten gerettet werden: mit einer Auflistung im Anhang II des Washingtoner Artenschutzabkommens CITES. Und das, obwohl es längst ausgestorben ist.

Jede Fehlentscheidung könnte den Elefanten zum Verhängnis werden

Die Jagd nach dem Weißen Gold hat Millionen Elefanten das Leben gekostet. Von geschätzt 26 Millionen Elefanten im Jahr 1800 schrumpfte der Bestand binnen 100 Jahren auf die Hälfte. 1979 blieben davon gerade einmal 1,3 Millionen übrig. Als Ende der 1980er nur noch 600 000 lebten, wurde der Handel mit Stoßzähnen und daraus gewonnenen Produkten mit Hilfe von CITES radikal eingeschränkt. Trotzdem fallen alljährlich noch geschätzt 15 000 Afrikanische Elefanten der Wilderei zum Opfer. Laut Wildtierexperten durchstreifen inzwischen nur noch rund 350 000 dieser Tiere den Kontinent.

Die Zahlen verdeutlichen, dass jede Fehlentscheidung in Sachen Elfenbein das Ende der Elefanten einläuten könnte. Treiber ist die noch immer hohe Nachfrage in Asien. »Über viele Jahrhunderte war der Besitz von Elfenbein in China Kaisern, Adel und dem Hofstaat vorbehalten. Das macht es dort heutzutage so begehrt«, erklärt Richard Thomas von der Organisation TRAFFIC, einem Gemeinschaftsprojekt der Weltnaturschutzunion IUCN und des World Wildlife Fund (WWF), das sich darauf spezialisiert hat, den weltweiten Handel mit gefährdeten Arten zu analysieren. Als eine neue Mittelschicht in China in den frühen 2000er Jahren an Kaufkraft zulegte, wurden kunstvoll geschnitzte Gegenstände aus Elfenbein schnell zum Statussymbol. Mammutelfenbein könne hier sicherlich noch mehr Abnehmer finden, sagt Thomas. »Obwohl die Menschen dort Elfenbein besitzen möchten, wären viele in der Realität nicht in der Lage, zwischen Elefanten- und Mammutprodukten zu unterscheiden.« Das gelinge bei verarbeiteten Produkten ohnehin fast nur den Fachleuten. »Manche Schnitzereien sind so wahnsinnig gut, dass man zur Unterscheidung sogar Radiokarbondatierung benötigt«, sagt auch Dick Mol.

Das ist auch die Basis für die optimistische Arithmetik von Boyce und seiner Kollegin Farah. Ihre Rechnung geht auf, weil sie Mammut- und Elefantenelfenbein für untereinander austauschbare, gleichwertige Güter halten. Doch das muss man nicht so sehen. »Wir sind da eher skeptisch«, sagt Colman O'Criodain vom WWF, langjähriger Experte für den Handel mit tierischen Produkten. Zwar glaubt auch er, dass die meisten Kundinnen und Kunden gar nicht in der Lage wären, die beiden Materialien auseinanderzuhalten. »Trotzdem wird primär Elefant nachgefragt. Mammut wird nur als Zweitbestes akzeptiert.«

Ein Elefant in Mammutelfenbein | Aus den Stoßzähnen lassen sich hochwertige Schnitzereien anfertigen. Ob das die Käufer dazu bringt, auf das Elfenbein der Elefanten zu verzichten, ist eine offene Frage.

Die größten Überlebenschancen hätten Afrikas Elefanten, wenn sich niemand mehr für ihr Elfenbein interessieren würde. Wenn es weltweit aus der Mode käme wie Straußenfederboas oder Hüte aus Biberpelz. Doch Mammutelfenbein, das man relativ günstig und ohne Angst vor Strafverfolgung kaufen kann, wirkt in die genau entgegengesetzte Richtung: Es holt das Material aus jener Nische, in der es aus Sicht von Tierschützern für immer verschwinden sollte.

Wird Elefant mit Mammut gewaschen?

Zudem lädt es förmlich dazu ein, die Handelsbeschränkungen zu unterlaufen. Immer wenn ein legales Produkt neben einem existiert, das ihm zum Verwechseln ähnlich sieht, aber illegal ist, sind Probleme nicht weit. Hölzer aus illegalem Einschlag werden mit solchen aus zertifizierter Holzwirtschaft gemischt, Material aus Raubgrabungen mit legalen Antiken, und Bushmeat für europäische Abnehmer wird als legal gejagtes Wild ausgegeben. Bei der Zollkontrolle ist der Betrug kaum zu entlarven.

Ob der Trick auch beim Elfenbein zieht, ist ungewiss: »Wenn die Lieferung aus Russland kommt, wird es nicht Elefant sein. Wenn es aus Afrika kommt, wird es nicht Mammut sein«, sagt O'Criodain. Dank CITES gibt es Kontrollen an Grenzen und Flughäfen, folglich sollten solche Machenschaften auffliegen. Zudem müsse es komplizierte Vorabsprachen geben, damit der Abnehmer weiß, dass das vermeintliche Mammutelfenbein in Wahrheit vom Elefanten stammt, wendet der WWF-Experte ein.

Allerdings hat TRAFFIC entsprechende Einzelfälle bereits dokumentiert. Als einige US-Bundesstaaten im vergangenen Jahrzehnt zunächst Elefanten- und später auch Mammutprodukte verboten, versuchten Händler offenbar in der Übergangsphase, Restbestände loszuwerden, indem sie diesen falsche Labels gaben.

In Hongkong fällt die chinesische Ausnahmeregelung zum Elfenbeinhandel planmäßig erst im Jahr 2021, was es über Jahre zu einer Drehscheibe des legalen und illegalen Markts machte. Und auch Chinas Nachbarstaaten, in denen die Strafverfolgung laxer und die Grenzkontrollen lückenhafter sind, nehmen als Transitländer eine wichtige Rolle ein. So wurden im Mai 2018 zum Beispiel zwei Händler in Guangzhou mit 740 Elfenbeinprodukten festgenommen, für die sie keine Papiere hatten. Eine Analyse ergab, dass rund 40 Prozent der Gegenstände von Mammuts stammten, aber 60 Prozent von Elefanten. Die Lieferung gelangte nach Angaben der Ermittler aus Vietnam nach China. Bei einem ähnlichen Vorfall im gleichen Jahr an der sibirisch-chinesischen Grenze entdeckten Zollbeamte eine wilde Mischung von Material, das von Mammuts, Elefanten, Walrossen und Narwalen stammte – allesamt Arten, für die sich chinesische Elfenbeinschnitzer interessieren.

Israel stellt Antrag auf CITES-Regulierung für Mammuts

Auch wenn der Handel mit Mammutprodukten nicht notwendigerweise dem Artenschutz schadet, eine Regulierung und Kontrolle erscheint trotzdem notwendig – und sei es nur, um das Produkt aus dem internationalen Schwarzmarkt herauszuführen. Das war der Grund, weshalb die israelische Delegation auf der 18. CITES-Konferenz im August 2019 den ungewöhnlichen Antrag stellte, das Wollhaarmammut auf den Anhang II des Abkommens setzen zu lassen. Dort werden üblicherweise Tierarten verzeichnet, die in einem Ausmaß bedroht sind, dass sie und die aus ihnen gewonnenen Produkte nur nach einer Unbedenklichkeitsprüfung in ein Land eingeführt werden dürfen. Es muss also sichergestellt werden, dass der Import keine Gefahr für die Ursprungspopulation darstellt.

An der Indigirka | Die Landschaft der Republik Sacha ist vielfältig und oftmals schön anzuschauen. Doch die Arbeits- und Lebensbedingungen sind hart: In den warmen Sommermonaten sind die Arbeiter von gewaltigen Mückenschwärmen umgeben.

Eine Art in Anhang II aufzunehmen, die gar nicht mehr existiert und folglich auch nicht bedroht sein kann, wäre ein nicht gerade alltäglicher, aber eben auch kein verbotener Schritt unter dem CITES-Regelwerk. Möglich wäre er, wenn der Handel mit der ausgestorbenen Art eine verwandte, existierende Art gefährdet. »Ich hatte dem Antrag nie mehr als eine 50-prozentige Erfolgschance gegeben«, sagt der israelische CITES-Delegationsleiter Simon Nemtzov, »aber wir hielten es für wichtig, Aufmerksamkeit dafür zu schaffen, dass Elefanten-Elfenbein als Mammut gewaschen wird.«

Israel zog den Antrag wieder zurück, nachdem sich zu viel Widerstand formiert hatte, zum Beispiel aus Russland und China, aber auch aus den USA und der Europäischen Union. Gegenargumente reichten von offensichtlichen wirtschaftlichen Interessen über den Hinweis auf den immensen bürokratischen Aufwand, den eine solche Kontrolle nötig machen würde, bis hin zum Verweis, dass CITES genug mit noch existierenden Arten zu tun habe.

Auch die EU stimmt dagegen

Gerade der Widerstand der EU machte die Hoffnung Israels auf die notwendige Zweidrittelmehrheit zunichte. Die Union stimmt bei CITES als Block ab und verfügt über 27 der insgesamt 182 Stimmen bei den Treffen. In einer offiziellen EU-Antwort auf Nemtzovs Antrag schreibt die deutsche CITES-Delegierte Heidi Führmann: »Der Fokus von CITES sollte auf dem Schutz von existierenden Arten liegen und nicht auf solchen, die lange ausgestorben sind.« Aus Sicht von Nemtzov verschloss sich die EU damit der Idee, dass der Mammuthandel den Elefanten schaden könnte. »Immerhin haben wir einen Teil unseres Ziels erreicht, nämlich mehr Interesse an der Problematik zu schaffen«, sagt Nemtzov.

Auch O'Criodain sieht keine Notwendigkeit für einen solchen CITES-Beschluss. Mit dem Artenschutzabkommen würden Einfuhr und Ausfuhr kontrolliert, doch die illegalen Machenschaften geschähen im Inland. »Dort kann jedes Land mit seiner eigenen Strafverfolgung ansetzen«, sagt der WWF-Experte. Dick Mol hält es ebenfalls für wichtiger, Polizei und Zoll so zu schulen, dass die bereits existierenden Gesetze durchgesetzt werden können: »In den Niederlanden gibt es zum Beispiel vielleicht ein oder zwei Polizisten, die Elfenbein eines Mammuts von dem eines Elefanten überhaupt unterscheiden könnten.« Auch habe jedes Land bereits Gesetze gegen gefälschte Frachtpapiere.

»Gewiss wäre es gut, mehr über den Mammuthandel herauszufinden«, sagt O'Criodain. Doch das größte Problem der Dickhäuter liege nicht in der sibirischen Erde, sondern in den Onlineshops und Social-Media-Kanälen der Welt, wo sich jeder und jede Interessierte gewildertes Elfenbein bestellen kann: »Wenn man mit dem illegalen Onlinehandel ohnehin ungestraft davon kommt, gibt es keinen Grund, etwas fälschlicherweise als Mammut auszugeben.«

Für die Männer an ihren Pumpen ist das eine gute Nachricht: Ihnen wird so bald niemand den Mammuthandel verbieten. Ob das wiederum eine gute Nachricht für die Elefanten ist, wird sich zeigen.

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