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Schwangerschaft: Mütter von Jungs neigen zu Wochenbettdepression

Junge oder Mädchen? Das Geschlecht des Babys beeinflusst offenbar das Risiko einer Mutter, nach der Geburt eine Depression zu entwickeln.
Eine Mutter hält ihr Baby in den Armen.

Frischgebackene Eltern schweben vor lauter Kinderglück im siebten Himmel – so weit das Klischee. Tatsächlich aber erleben 10 bis 15 Prozent aller Mütter innerhalb des ersten Jahres nach der Geburt eine behandlungsbedürftige Depression. Wie bei anderen depressiven Störungen leiden die betroffenen Frauen unter fehlendem Antrieb, Schlafproblemen und Appetitlosigkeit; sie fühlen sich wertlos oder denken sogar an Suizid.

Die britische Anthropologin Sarah Myers vom University College London und ihre Kollegin Sarah Johns von der University of Kent untersuchten nun die Häufigkeit dieser so genannten postpartalen Depression. Dabei stießen sie auf einen ungewöhnlichen Zusammenhang: Mütter von Jungen haben demnach ein größeres Risiko, an einer Wochenbettdepression zu erkranken, als Mütter von Mädchen.

Die Forscherinnen baten 306 Frauen, die mindestens ein Kind geboren und mittlerweile die Menopause hinter sich hatten, rückblickend über ihre Geburtserfahrungen zu berichten. Auf 17 Prozent aller Geburten von Söhnen folgte eine Phase, die retrospektiv als Depression zu bewerten war. Bei Geburten von Töchtern waren es nur 11 Prozent. Etwas mehr als die Hälfte der Betroffenen hatten zum jeweiligen Zeitpunkt auch eine entsprechende Diagnose erhalten.

Als noch größerer Risikofaktor für den Wochenbettblues entpuppten sich Geburtskomplikationen, die eine lange Erholungszeit nach sich zogen. Bei männlichen Babys treten generell etwas häufiger medizinische Schwierigkeiten während Schwangerschaft und Geburt auf. Das könne aber die erhöhte Depressionsgefahr nur zum Teil erklären, so Myers und Johns.

Die Forscherinnen vermuten als Ursache, dass männliche Föten eine stärkere Reaktion des mütterlichen Immunsystems auslösen. Solche Entzündungsprozesse wurden in den vergangenen Jahren als ein Risikofaktor für Depression identifiziert. Studien aus Ländern wie China, Indien oder der Türkei zeigen allerdings, dass dort die Geburt einer Tochter das Risiko für postpartale Depression erhöht. Das hängt den Autorinnen zufolge wohl mit einer starken Bevorzugung von Söhnen zusammen. Westeuropäische Paare hingegen zeigen Studien zufolge keine klare Geschlechtspräferenz für den Nachwuchs.

Außer Depressionen können nach einer Geburt auch Angststörungen oder Psychosen auftreten. Weinen und Stimmungsschwankungen sind besonders in der ersten Woche nach der Entbindung weit verbreitet. In den meisten Fällen endet dieser leichte Babyblues aber innerhalb von Stunden oder Tagen von selbst wieder.

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