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Trisomie 21: Mit Hormontherapie zu verbesserter kognitiver Leistung

Das so genannte Gonadotropin-Releasing-Hormon beeinflusst die kognitive Leistungsfähigkeit. Bei Menschen mit Downsyndrom wird davon zu wenig gebildet, eine Hormontherapie könnte diesen Mangel ausgleichen.
Eine Frau schüttet sich verschiedene Tabletten auf die Hand
Die regelmäßige Einnahme eines Hormons könnte bei Menschen mit Downsyndrom die Beschwerden verbessern.

Das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) könnte bei Menschen mit einem Downsyndrom (Trisomie 21) das räumliche und logische Denken fördern und ihre Aufmerksamkeitsspanne verbessern. Das berichten französische Wissenschaftler um Maria Manfredi-Lozano von der Université de Lille nach einer Reihe von Zellversuchen, Experimenten an Mäusen sowie einer Pilotstudie an Menschen.

Bei einer Trisomie 21 liegt das Chromosom 21 in drei- statt zweifacher Ausführung vor. Neben Einbußen im kognitiven Leistungsniveau haben Betroffene tendenziell einen schlechteren Geruchssinn und vor allem Männer sind häufiger unfruchtbar. Damit ähnelt das Downsyndrom dem Kallmann-Syndrom, das Menschen mit einem angeborenen Mangel an GnRH trifft. Das Hormon wird im Hypothalamus gebildet und wirkt auch auf Neurone im Hippocampus sowie in der Hirnrinde.

Die neuen Experimente zeigen nun, dass die Gemeinsamkeit beider Syndrome kein Zufall ist: Auch bei Mäusen mit Trisomie 21 stellten die Forscher einen GnRH-Mangel fest. Die Produktion des Hormons wird durch so genannte microRNAs reguliert, von denen einige auf dem Chromosom 21 codiert werden – und dadurch bei Menschen und Tieren mit einer Trisomie 21 womöglich gestört sind. Folgeversuche bestätigen den Verdacht, dass GnRH höhere Hirnfunktionen beeinflusst: Als die Wissenschaftler die GnRH ausschüttenden Neurone bei gesunden Mäusen blockierten, schnitten die Nager in Geruchs- und Intelligenztests schlechter ab. Pflanzten sie Versuchstieren mit einer Trisomie 21 dagegen eine Pumpe unter die Haut, die das Hormon ausschüttete, verbesserten diese sich in solchen Übungen.

Dasselbe wiederholte das Team bei sieben Menschen mit einem Downsyndrom: Die Männer im Alter von 20 bis 50 Jahren bekamen sechs Monate lang alle zwei Stunden eine Hormondosis verabreicht. Nach Ablauf des Versuchszeitraums verbesserte sich bei sechs Probanden unter anderem das räumliche und logische Denken sowie die Aufmerksamkeitsspanne. Auf MRT-Scans sahen die Fachleute zudem, dass verschiedene Hirnregionen nach der Therapie stärker zusammenarbeiteten. Der Downsyndrom-Experte Johannes Levin mahnt aber davor, zu viel in diese Daten hineinzudeuten. »Die Ergebnisse beim Menschen sind nicht aussagekräftig«, sagt der Neurologe von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Möglicherweise hätten die Probanden sich auch einfach nur durch das wiederholte Üben verbessert und nicht durch die Hormone.

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