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Umweltschutz: EU-Trilog einigt sich auf Renaturierungsgesetz

Das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur gilt als entscheidender Schritt bei den Bemühungen um mehr Natur- und Artenschutz. Doch es ist umstritten. Nun gibt es einen Konsens.
Eine Pflanze bricht durch Asphalt durch
Die Natur findet einen Weg? Manchmal muss der Mensch nachhelfen. Daher gibt das EU-Renaturierungsgesetz nun Quoten für die Wiederherstellung von Ökosystemen vor.

Der so genannte EU-Trilog aus Parlament, Kommission und Rat hat eine vorläufige politische Einigung erzielt in den Verhandlungen über die Ausgestaltung des Renaturierungsgesetzes. Das »Nature Restoration Law« soll als zentraler Teil des »Green New Deal« dafür sorgen, dass zerstörte Ökosysteme wieder in einen guten Zustand versetzt werden. Die EU-Kommission will damit die Mitgliedstaaten verpflichten, Städte zu begrünen, trockengelegte Moore wiederzuvernässen, die Ökosysteme der Meere in Stand zu setzen sowie Flüsse und Wälder naturnaher zu gestalten. Auch Äcker und Weiden sollen insekten- und vogelfreundlicher sowie der Rückgang an Bestäubern aufgehalten werden. Als Zielmarke wird festgelegt, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 30 Prozent ausgewählter Ökosysteme in einen guten Zustand gebracht werden müssen; das entspricht etwa 20 Prozent aller Land- und Seefläche der EU. Bis 2050 sollen alle Ökosysteme, bei denen es nötig ist, renaturiert worden sein. Die Vereinbarung muss noch von den Mitgliedstaaten und dem Parlament gebilligt und förmlich angenommen werden, bevor sie in Kraft treten kann.

Alle drei Gremien hatten im Vorhinein bereits eigene Standpunkte verabschiedet. Die Beschlussvorlage des EU-Parlaments von Juli 2023 war direkt nach der Abstimmung als großer Erfolg für den Umweltschutz vermeldet worden. Erst beim genaueren Blick auf die Abstimmungsdetails wurde jedoch klar, dass der ursprüngliche Kommissionsvorschlag vom Parlament an entscheidenden Stellen stark verändert worden war: So wurde etwa der Artikel zur Renaturierung in der Landwirtschaft und Wiedervernässung von Mooren gänzlich vom Parlament abgelehnt. Zudem wurden bindende Ziele gestrichen und durch weniger strikte Formulierungen ersetzt.

In seiner jetzigen Fassung wird der Gesetzesvorschlag von Expertinnen und Experten nun wieder deutlich positiver bewertet. »Das Renaturierungsgesetz ist ein großer Erfolg für den Umweltschutz in der EU«, sagte etwa Henrique Pereira, Professor für Ökologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gegenüber dem Science Media Center (SMC). »Es ist der erste rechtlich bindende Mechanismus für Biodiversität der letzten drei Jahrzehnte seit der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie.« Nun bestehe die große Herausforderung darin, nationale Renaturierungspläne zu designen und zu implementieren und den Fortschritt sowie das Management zu überwachen.

Während der Verhandlungen traten unerwartet neue Konflikte zu Tage. Die Christdemokraten unterstützten in Allianz mit rechten Parteien die Sorge großer Bauernverbände, dass Landwirte durch Vorgaben zu sehr eingeschränkt werden könnten. Auf der anderen Seite standen mehr als 6000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Naturschutzverbände, Biobauernverbände und eine Gruppe von mehr als 100 Unternehmen, darunter Nestlé, Coca-Cola und Ikea, die sich für das Gesetz stark gemacht hatten. »Es ist aus wissenschaftlicher und ökonomischer Sicht glasklar, dass wir Natur besser schützen und wiederherstellen müssen, wenn wir heute und in Zukunft ein gutes Leben auf der Erde führen möchten«, sagte Katrin Böhning-Gaese, Direktorin des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums. Im Trilog habe nun die Stimme der Vernunft gesiegt.

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