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Lexikon der Astronomie: Einstein-Ring

Diese kreisförmige Erscheinung wird durch eine Gravitationslinse hervorgerufen und kann nur mit der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) erklärt werden.

Der Visionär Einstein

Nach Einsteins Theorie vermag Masse (bzw. generell Energie) elektromagnetische Strahlung abzulenken. In der Sprache der ART bewegt sich das Licht auf der Nullgeodäte der entsprechenden gekrümmten Raumzeit, die die Masse gemäß der Einsteinschen Feldgleichungen diktiert.
Albert Einstein spekulierte bereits 1936 in einer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Science über die Möglichkeit, dass eine Ansammlung hoher Masse, das Licht dahinter liegender Objekte wie eine Linse ablenken könnte, so dass Mehrfachbilder ein und desselben Objekts entstehen könne. Der Einstein-Ring entsteht unter einer ganz besonderen Konstellation, nämlich wenn Hintergrundquelle, Linse und Beobachter auf einer Linie liegen. Nur dann wird das Bild in ein charakteristisch rundes Gebilde verzerrt.
Einstein war sich darüber im Klaren, dass der Effekt freilich winzig sei, und kaum eine Chance bestünde, diesen Verzerrungseffekt direkt zu beobachten. Einstein schrieb:

'Of course, there is no hope of observing this phenomenon directly.'

Der erste Einstein-Ring, beobachtet 1988 mit dem VLA Doch Einsteins Linsen-Idee sollte sich Jahrzehnte später als sehr weitsichtig entpuppen, denn 1988 entdeckten Radioastronomen mit dem VLA genau die Struktur, die Einstein vorhergesagt hatte! Diese Entdeckung bei der Radioquelle 4C 05.51 zeigt das beobachtete Radiofoto bei einer Wellenlänge von 2.0 cm bzw. 15 GHz rechts (Credit: Hewitt & Turner, NRAO/VLA 1988).

Ein Zoo von Einstein-Ringen und Mehrfachbildern

In vielen beobachteten Abbildungen von Galaxienhaufen machen sich die Gravitationslinsen auch als charakteristische fadenförmige Strukturen bemerkbar. Dies sind stark verzerrte und auseinander gezogene Bilder einzelner Galaxien.
Mittlerweile entdecken die Astronomen sehr häufig Einstein-Ringe, auch in anderen Wellenlängenbereichen. Einen Ring sieht man zum Beispiel beim Quasar 1938+666. Eine typische Konstellation ist, dass ein massereicher Galaxienhaufen, das Licht dahinter liegender Objekte, beispielsweise eines Quasars, ablenkt. Nicht immer sind dabei die exakten Konstellationsbedingungen für den Einstein-Ring realisiert, so dass dann Mehrfachbilder (ohne Ring) entstehen. Beim Quasar QSO 0957+561 kommt durch den Gravitationslinseneffekt ein doppeltes Abbild ein und desselben Quasars zustande. Beim Quasar 1422+231 mit der hohen Rotverschiebung z = 3.62 beobachteten Astronomen sogar vier Quasarbilder, die durch eine massereiche elliptische Galaxie im Vordergrund gelinst werden. Dabei ist es möglich, dass die Mehrfachbilder das so genannte Einstein-Kreuz bilden, wie im Falle des Quasars QSO 2237+0305 in einer Entfernung von 8 Mrd. Lj oder z = 1.7. Hier bildeten sich vier Bilder des Quasars, die einen maximalen Abstand von 1.6" an der Himmelssphäre haben.

Linsen im Mini-Format

In so genannten Mikrolinsen sind die Linsen massearme, stellare Objekte. Hier reicht die Auflösung nicht aus, um die Verzerrung abzubilden. Allerdings kommt es während eines Linsenereignisses zu einem charakteristischen, symmetrischen Helligkeitsanstieg. Dieses Verfahren wird genutzt, um massearme, leuchtschwache Objekte im dunklen Halo von Galaxien, auch bei der Milchstraße, nachzuweisen. Die Astronomen waren sprachlich erfinderisch und nennen solche Objekte MACHOs (engl. massive compact halo objects; also: massive, kompakte Halo-Objekte). Sie vermuten, dass es sich dabei vor allem um Braune Zwerge und M-Sterne handelt.

Pionier-Papiere

  • Einstein, A., Lens-like action of a star by the deviation of light in the gravitational field, Science 84, 506-507, 1936
  • Hewitt, J.N. et al., Unusual radio source MG1131+0456 – A possible Einstein ring, Nature 333, 537-540, 1988

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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