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Lexikon der Astronomie: Kruskal-Lösung

Die Kruskal-Lösung ist eine spezielle Lösung der Einsteinschen Feldgleichungen der Allgemeine Relativitätstheorie (ART). Sie gehört zur Familie der Schwarzen Löcher, weist aber ein paar besondere Eigenschaften auf.

Wurmlöcher der Science-Fiction

In der Science-Fiction wurde die Kruskal-Lösung dankend angenommen und hat unter der Bezeichnung Wurmloch Berühmtheit erlangt. Eine Analyse des Raumzeit-Diagramms der Kruskal-Geometrie führte darauf, dass verschiedenen Regionen der Raumzeit miteinander durch eine Art 'Raumzeit-Tunnel' miteinander verbunden sind. Wissenschaftlich heißt dieser Tunnel Einstein-Rosen-Brücke - populärwissenschaftlich nennt man es ein Wurmloch. Im Raumzeit-Diagramm findet man Zonen, die als zeitliche Umkehrung eines Schwarzen Loches aufgefasst werden können: die so genannten Weißen Löcher. Wie es die zeitliche Inversion nahe legt, strömen aus Weißen Löchern ständig Materie und Energie heraus. Es ist eine sichtbare oder – wie im Fachjargon auch gesagt wird – nackte Singularität. Nach der kosmologischen Zensur, einem bisher unbewiesenen, aber auch nicht widerlegten Theorem des englischen Mathematikers Roger Penrose, sind nackte Singularitäten verboten. Die Astronomie spricht bislang für dieses Theorem, weil weder Weiße Löcher, noch nackte Singularitäten im Kosmos beobachtet wurden. Ebenso wenig gibt es indirekte Indizien, die Existenz erfordern würden. Letztendlich lässt das auch die Existenz von Wurmlöchern sehr fragwürdig erscheinen. Eine mögliche Erklärung lautet, dass Wurmlöcher, die Kruskal-Lösung, Weiße und auch Schwarze Löcher Objekte einer klassischen Theorie, der ART, sind. Zwar hat sich die ART vielfach bewährt und gehört zu den mächtigsten Theorien der Physik mit starker Vorhersagekraft; doch hat sie (wie übrigens jede Theorie!) einen Gültigkeitsbereich, der vermutlich bei kleinen Längenskalen endet. Hier beginnt die Domäne einer Quantengravitation, für die es bisher nur Erfolg versprechende Kandidaten (Stringtheorien und Loop-Quantengravitation), aber keine bewährten Theorien gibt. Das heißt, dass eine mikroskopische Theorie der Gravitation, die über Einsteins ART hinaus geht (aber sie als Grenzfall enthalten muss), eventuell gar nicht die Existenz von Wurmlöchern, Schwarzen oder Weißen Löchern und Singularitäten vorsieht. Ob das so ist, ist ein aktuelles und brisantes Forschungsgebiet.

So berechnet man ein Wurmloch

Die Kruskal-Geometrie resultiert, wenn man von der Schwarzschild-Lösung (in Schwarzschild-Koordinaten) ausgeht und eine Koordinatentransformation durchführt. Dazu verwendet man die so genannten Eddington-Finkelstein-Koordinaten. Die folgenden Beschreibungen werden sehr technisch, sind aber nötig, um zu verstehen, wie man die Kruskal-Geometrie ableitet:
Die Kruskal-Lösung ist die eindeutige, maximale analytische Erweiterung der Schwarzschild-Lösung. Maximal bedeutet in diesem Zusammenhang, dass jede von einem beliebigen Punkt ausgehenden Geodäte entweder in beide Richtungen zu unendlichen Werten des affinen Geodätenparameters ausgedehnt werden kann oder in einer intrinsischen Singularität endet. Gilt der erste Fall für alle Geodäten, so heißt die Mannigfaltigkeit geodätisch vollständig, wie es die Minkowski-Metrik trivial erfüllt. Die Kruskal-Lösung hat intrinsische Singularitäten und ist daher nicht vollständig, aber maximal. Man erhält die Kruskal-Lösung, indem man sowohl die einlaufenden (retardierte Eddington-Finkelstein-Koordinaten), als auch die auslaufenden Geodäten (avancierte Eddington-Finkelstein-Koordinaten) 'zu Geraden macht'. Das gelingt mit einer geeigneten Koordinatentransformation der Schwarzschild-Metrik.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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