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Lexikon der Chemie: Radikale

Radikale, elektrisch neutrale Teilchen mit einem ungepaarten Elektron R·, die überwiegend instabil und hochreaktiv sind und radikalische Reaktionen auslösen. R. sind paramagnetisch und haben im Grundzustand normalerweise Dublett-Multiplizität.

Sie werden durch Homolyse einer Bindung unter Aufwendung der Bindungsdissoziationsenergie gebildet. Je nachdem, wie diese Energie aufgebracht wird, unterscheidet man: 1) Thermolyse bei erhöhter Temperatur. Je nach der Bindungsstärke (zwischen etwa 120 und 400 kJ/mol) sind entsprechende Bedingungen zu wählen, z. B. Cracken von Kohlenwasserstoffen. 2) Photolyse durch Einstrahlung von Licht entsprechender Wellenlänge, z. B. Spaltung von Chlormolekülen. 3) Radiolyse, z. B. mit γ-Strahlung. 4) Spaltung durch chemischeoder elektrochemische Energie in Redoxprozessen durch Elektronenübertragung. 5) Spaltung durch mechanischeEnergie bei Mahl- und Walkvorgängen.

R. und radikalische Reaktionen spielen in der organischen Chemie, in der Technik, aber auch in der Biologie (Vorgänge im menschlichen Organismus) eine bedeutende Rolle. Bei C-Verbindungen sind Benzyl-, Allyl- und Acylradikale wesentlich stabiler als Alkylradikale, da bei ihnen das ungepaarte Elektron in die Konjugation des π-Elektronensystems einbezogen wird.

R. lassen sich mit den folgenden Methoden nachweisen: 1) ESR-Spektroskopie. 2) Spiegelmethode nach Paneth, wobei die R. über einen Blei- oder Silberspiegel geleitet werden und den Spiegel unter Bildung flüchtiger Metallalkyle auflösen. Diese Metallalkyle lassen sich an anderer Stelle thermisch spalten. 3) IR- und UV/VIS-Spektroskopie bei ausreichender Radikalkonzentration. 4) Chemische Reaktionen (z. B. Polymerisationen) bzw. deren Auflösung. 5) Abfangreaktionen, z. B. Kohlenstoffradikale mit Luftsauerstoff zu Peroxiden oder mit dem violett gefärbten Diphenylpikrylhydrazil (Bildung farbloser bzw. gelb gefärbter Produkte, für quantitative kolorimetrische Bestimmungen geeignet).

R. reagieren entweder unter Erhalt des Radikalcharakters in Zerfallsreaktionen, Abstraktionsreaktionen, Additionsreaktionen bzw. radikalischen Polymerisationen oder Umlagerungsreaktionen zu energieärmeren R. oder unter Aufhebung des Radikalcharakters durch Kombination bzw. Rekombination, Disproportionierung, Reduktion zu Anionen oder Oxidation zu Kationen (Elektronenübertragung).

Geladene Spezies mit Radikaleigenschaften sind die Radikal-Anionen und Radikal-Kationen.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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