Lexikon der Kartographie und Geomatik: 3D-Kartographie
3D-Kartographie, E 3d-cartography, jenes Gebiet der Kartographie, welches die klassischen dreidimensionalen körperlichen kartenverwandten Darstellungen, die pseudo-3D und die echt-dreidimensionalenkartographischen Darstellungen umfasst. 3D-Darstellungen können sowohl auf thematische (z. B. Säulendiagramme) als auch auf topographische Karteninhalte (hier vor allem das Relief) angewandt werden. Grundsätzlich muss dabei heute zwischen analogen und digitalen Displaymöglichkeiten unterschieden werden. Von den physikalisch-methodischen Ansätzen her bestehen dabei jedoch kaum Unterschiede. Grundsätzlich bestimmen die Theorie der räumlichen Perzeption (stereoskopisches Sehen), die physikalischen Parameter des Displays und die graphische Semiologie als treibende Kräfte die verschiedenen Darstellungsweisen.
Bei der Theorie des stereoskopischen Sehens gibt es zehn depth cues oder Anhaltspunkte für das räumliche oder Tiefensehen: vier physiologische und sechs psychologische. Zu den physiologischen zählen die retinale Parallaxe, die Konvergenz, die Akkomodation, die Bewegungsparallaxe sowie eventuell noch die Chromostereopsis. Die psychologischen depth cues umfassen die retinale Bildgröße, die lineare Perspektive, die Luftperspektive, die Verdeckung, die Beschattung (die Beleuchtungsverhältnisse) und den abnehmenden Texturgradienten. Zu den Hardware-Limitationen gehören das Format, der mögliche Stereobetrachtungswinkel, die Auflösung, die Farbtiefe, die Wiederholrate der Szenen, die Bildfrequenz u. a. Eine kartographische Darstellung, welche beim Betrachter spontan einen echten dreidimensionalen =räumlichen Eindruck erweckt, wird als kartographisches Raumbild bezeichnet. Fallweise werden hier auch die körperlichen kartenverwandten Darstellungen (Globus, Reliefkarte, Reliefmodell) eingeordnet. Die üblicherweise als kartographische 3D-Darstellung bezeichneten und mit einer Anzahl von kommerziellen Software-Programmen herstellbaren Visualisierungen werden perspektiv-monoskopisch auf einem flachen Display-Medium (Bildschirm, Papier) realisiert. Solche computergenerierten Perspektiven sind streng genommen als pseudo-3D zu bezeichnen. In diesem Falle werden nur psychologische Raumsicht-Anhaltspunkte verwendet. Bei den anderen, nicht körperlichen (nicht physikalischen) kartenähnlichen Darstellungen wird zwischen Parallaxen-3D (P3D) und Voll-3D unterschieden. Bei ersteren Ansätzen kommen nur ausgewählte bi- und monokulare, bei den Voll-3D-Methoden alle bi- und monokularen psychologischen und physiologischen depth cues zum Einsatz.
Die P3D-Raumbilder umfassen im Wesentlichen folgende Technologien: 1. Chromosteroskopie, 2. Pulfrich-Effekt (Verfahren von SpatialVision), beide jeweils nur mit einem Bild, 3. Stereoskopie (zwei Stereopartner simultan betrachtet, z. B. Anaglyphenbilder, Vektographen, Shutter Glasses, Image Splitter, konventionelle Stereoskope, digitale Stereoskope und Autostereogramme), 4. Multistereoskopie (mehr als zwei Bilder, mindestens zwei davon simultan betrachtet, z. B. holographische Stereogramme, Barrier Stripes-Verfahren, Schlitzmaskenverfahren und Lentikularlinsenverfahren).
Bei den Voll-3D-Raumbildern bestehen man in allen Richtungen kontinuierliche Parallaxen-Effekte. Zwei Technologien sind vorrangig zu nennen: a) volumetric imaging (volumetrische Bilderstellung; mit Verfahren wie light emitting volume, rotating helix mirror und rotating matrix display) sowie b) die Holographie mir den echten Hologrammen.
MBR
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