Direkt zum Inhalt

Lexikon der Mathematik: Markowsche Halbgruppe

Markow-Halbgruppe, auch Halbgruppe der Übergangswahrscheinlichkeiten genannt, Familie (Pt)t≥0 von Markow-Kernen auf einem meßbaren Raum \((E,{\mathfrak{B}})\) mit der Eigenschaft, daß für alle \(s,t\in {{\mathbb{R}}}_{0}^{+}\) und beliebige xE, \(B\in {\mathfrak{B}}\) die Chapman-Kolmogorow-Gleichungen \begin{eqnarray}{P}_{s+t}(x,B)=\displaystyle \int {P}_{t}(y,B){P}_{s}(x,dy)\end{eqnarray} oder kurz Ps+t = PsPt gelten.

Ist speziell P0 der Einheitskern, so heißt die Halbgruppe normal. Zwischen den normalen Markowschen Halbgruppen und den Markow-Familien besteht ein enger Zusammenhang. Einerseits existiert zu jeder normalen Markowschen Halbgruppe (Pt)t≥0 auf \(({{\mathbb{R}}}^{n},{\mathfrak{B}}\text{(}{{\mathbb{R}}}^{n}\text{)})\) eine n-dimensionale Markow-Familie \(({\rm{\Omega }},{\mathfrak{A}},{({P}^{x})}_{x\in {{\mathbb{R}}}^{n}},{({X}_{t})}_{t\ge 0})\) so, daß für alle \(t\in {{\mathbb{R}}}_{0}^{+}\), x ∈ ℝn und \(B\in {\mathfrak{B}}({{\mathbb{R}}}^{n})\) die Beziehung \begin{eqnarray}{P}_{t}(x,B)={P}^{x}({X}_{t}\in B)\end{eqnarray} gilt. Ist andererseits \(({\rm{\Omega }},{\mathfrak{A}},{({P}^{x})}_{x\in {{\mathbb{R}}}^{n}},{({X}_{t})}_{t\ge 0})\) eine n-dimensionale Markow-Familie, so wird durch \begin{eqnarray}{P}_{t}(x,B):={P}^{x}({X}_{t}\in B)\end{eqnarray} eine normale Markowsche Halbgruppe (Pt)t≥0 auf \(({{\mathbb{R}}}^{n},{\mathfrak{B}}\text{(}{{\mathbb{R}}}^{n}\text{)})\) definiert.

Eine Markowsche Halbgruppe induziert eine Familie (Tt) von linearen Operatoren auf dem Raum aller beschränkten meßbaren Funktionen gemäß \begin{eqnarray}({T}_{t}f)(x)=\displaystyle \underset{E}{\overset{}{\int }}f(y){P}_{t}(x,dy).\end{eqnarray}

Die Chapman-Kolmogorow-Gleichungen sind dann zur Halbgruppeneigenschaft Ts+t = TsTt äquivalent. Besonders wichtig sind Markowsche Halbgruppen, die zu Feller-Dynkin-Halbgruppen von Operatoren führen.

Für jedes x ∈ ℝn stimmen die endlichdimensionalen Verteilungen des Prozesses (Xt)t≥0 auf \(({\rm{\Omega }},{\mathfrak{A}},{P}^{x})\) mit den endlichdimensionalen Verteilungen des aus der Halbgruppe (Pt)t≥0 und Px in kanonischer Weise konstruierten Prozesses überein, d. h. für beliebiges n ∈ ℕ und \({t}_{1},\ldots, {t}_{n}\in {{\mathbb{R}}}_{0}^{+}\) mit t1 < … < tn sowie \(B\in {\mathfrak{B}}({{\mathbb{R}}}^{n})\) gilt \begin{eqnarray}\begin{array}{c}{P}_{({X}_{{t}_{1}},\ldots, {X}_{{t}_{n}})}^{x}(B)=\displaystyle \int \ldots \displaystyle \int {1}_{B}({y}_{1},\ldots, {y}_{n})\\ {P}_{{t}_{n}-{t}_{n-1}}({y}_{n-1},d{y}_{n})\ldots {P}_{{t}_{1}}(x,d{y}_{1}).\end{array}\end{eqnarray}

Aufgrund der obigen Beziehungen kann man den Wert Pt(x, B) als die Wahrscheinlichkeit dafür interpretieren, daß sich ein zum Zeitpunkt Null in x startendes Teilchen zum Zeitpunkt t in B befindet. Man nennt die zu einer Markow-Familie gehörige normale Markowsche Halbgruppe daher auch die Halbgruppe der Übergangswahrscheinlichkeiten.

Ein Beispiel für eine normale Markowsche Halbgruppe (Pt)t≥0 auf \(({\mathbb{R}},{\mathfrak{B}}({\mathbb{R}}))\) ist die durch \begin{eqnarray}{P}_{t}(x,B):={v}_{t}(B-x)\end{eqnarray} für alle \(t\in {{\mathbb{R}}}_{0}^{+}\), x ∈ ℝ und \(B\in {\mathfrak{B}}\text{(}{\mathbb{R}}\text{)}\) definierte Brownsche Halbgruppe, wobei v0 = ϵ0 das Dirac-Maß in 0 und vt für alle t > 0 eine Normalverteilung mit Erwartungswert μ = 0 und Varianz σ2 = t bezeichnet.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.