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Lexikon der Mathematik: nichtlineare Approximation

Approximation, bei der die Approximationsmenge keine Vektorraumstruktur besitzt.

Es seien B ein kompakter Raum und C(B) die Menge aller reelloder komplexwertigen stetigen Funktionen auf B. Die Theorie der nichtlinearen Approximation behandelt Approximation hinsichtlich der Maximumnorm ||.||, bei der eine parameterabhängige Menge \begin{eqnarray}G=\{F(a,.):a\in {\mathcal{A}}\}\subseteq C(B)\end{eqnarray} als Approximationsmenge zugrundeliegt. Die Menge \({\mathcal{A}}\) ⊆ Kk, wobei K =ℝ oder K = ℂ, heißt hierbei die Parametermenge von G. Aufgabe der nichtlinearen Approximation ist es, für beliebig vorgegebenes fC(B) einen Parameter a ∈ \({\mathcal{A}}\) so zu bestimmen, daß der Ausdruck \begin{eqnarray}\Vert f-F(a,.)\Vert \infty \end{eqnarray} minimal wird. In diesem Fall heißt F(a,.) ∈ G beste Approximation von f hinsichtlich ||.||∞.

Die nichtlineare Approximation untersucht (ebenso wie die Approximationstheorie im allgemeinen) die Existenz, Eindeutigkeit und Charakterisierung bester Approximationen. Darüberhinaus spielen Kriterien für die Qualität einer besten Approximation und konstruktive Methoden zur Bestimmung einer solchen eine wichtige Rolle.

Beispiele nichtlinearer Approximationsmengen G bilden die rationalen Funktionen, d. h. \begin{eqnarray}G=\left\{\displaystyle\frac{p}{q}:p(x)=\displaystyle \sum _{j=0}^{m}{b}_{j}{x}^{j},q(x)=1+\displaystyle \sum _{j=1}^{n}{c}_{j}{x}^{j},\\ q(x)\gt 0,x\in [\alpha, \beta ]\right\}\subseteq C[\alpha, \beta ],\end{eqnarray} die Exponentialsummen, d. h. \begin{eqnarray}G=\left\{g:g=\displaystyle \sum _{j=1}^{m}{b}_{j}\exp ({\lambda }_{j}.),{b}_{j},{\lambda }_{j}\in {\mathbb{R}}\right\},\end{eqnarray} und die Menge der Splines vom Grad m mit r freien Knoten.

Bei der rationalen Approximation existiert für jedes vorgegebene fC[α, β] stets eine beste Approximation hinsichtlich G. Diese Aussage war lange Zeit ein offene Frage in der Approximationstheorie, bis sie schließlich in den 60er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts von J.R. Rice geklärt werden konnte. Dementgegen existiert für exponentielle Approximation im allgemeinen keine beste Approximation.

Der folgende Satz, welcher 1961 von G. Meinardus und D. Schwedt bewiesen wurde, gibt ein allgemeines hinreichendes Kriterium für die Existenz einer besten Approximation aus G an. Dieses kann als Kolmogorow-Kriterium der nichtlinearen Theorie aufgefaßt werden.

Es seien fC(B) und a ∈ \({\mathcal{A}}\), und es bezeichne \begin{eqnarray}\begin{array}{lll}{E}_{f-F(a,.)} & = & \{x\in B:{\Vert f-F(a,.)\Vert }_{\infty }\\ & = & |f(x)-F(a,x)|\}\end{array}\end{eqnarray}die Menge der Extremalpunkte von f—F(a,.) in B.

Falls für alle b ∈ \({\mathcal{A}}\)die Ungleichung \begin{eqnarray}\begin{array}{c}\min \{Re\overline{((f(x)-F(a,x))}(F(b,x)-F(a,x))):\\ x\in {E}_{f-F(a,.)}\}\le 0,\end{array}\end{eqnarray}erfüllt ist, so ist F(a,.)G beste Approximation von f hinsichtlich ||.||. (Hierbei bezeichnet \(\bar{z}\)die konjungiert komplexe Zahl zu z.)

Allgemeine Charakterisierungskriterien für beste Approximationen aus G wurden ebenfalls von G. Meinardus und D. Schwedt bestimmt. Hierbei spielen strukturelle Eigenschaften von G wie die sogenannte asymptotische Konvexität eine wichtige Rolle. Spezielle Charakterisierungskriterien für beste Approximationen aus G erhält man, indem man das Problem linearisiert. Hierbei geht man davon aus, daß die formalen Ableitungen \begin{eqnarray}\displaystyle\frac{\partial F(a,.)}{\partial {a}_{j}},j=1,\mathrm{...},k,\end{eqnarray} existieren und stetig sind, und betrachtet für ein festes a ∈ \({\mathcal{A}}\) den Tangentialraum \begin{eqnarray}{\mathcal{T}}(a)=\text {span}\left\{\displaystyle\frac{\partial F(a,.)}{\partial {a}_{j}}:j=1,\mathrm{...},k,\right\}.\end{eqnarray}Die Menge G heißst parametrisierbarer Raum, falls für alle a ∈ \({\mathcal{A}}\) der (Vektor)raum \({\mathcal{T}}\)(a) existiert. In diesem Fall bezeichne d(a) die Dimension des Tangentialraums \({\mathcal{T}}\) (a). Beispielsweise gilt fur rationale Approximation \begin{array}{l}{\mathcal{T}}({b}_{0},\mathrm{...},{b}_{m};{c}_{1},\mathrm{...},{c}_{n})=\\ \text {span}\left\{\displaystyle\frac{1}{q},\displaystyle\frac{x}{q},\mathrm{...},\displaystyle\frac{{x}^{m}}{q},\displaystyle\frac{-px}{{q}^{2}},\mathrm{...},\displaystyle\frac{-p{x}^{n}}{{q}^{2}}\right\},\end{array} sowie für die exponentielle Approximation \begin{array}{l}{\mathcal{T}}({b}_{1},\mathrm{...},{b}_{m};{\lambda }_{1},\mathrm{...},{\lambda }_{m})=\\ \text {span}\{\exp ({\lambda }_{j}.),{b}_{j}.\exp ({\lambda }_{j}.):j=1,\mathrm{...},m\}.\end{array}Für Splines vom Grad m mit r freien Knoten ist der Tangentialraum ein Splineraum mit festen Knoten von gewissen Vielfachheiten.

Ein parametrisierbarer Raum GC[α, β] heißt lokal-Tschebyschew (auch: lokal Haarsch), falls für alle \({\mathcal{A}}\) der Tangentialraum \({\mathcal{T}}(a)\) ein Tschebyschew-System bildet. Darüberhinaus heißt ein parametrisierbarer Raum G global-Tschebyschew (auch: global Haarsch), falls für alle a, b ∈ \({\mathcal{A}}\) gilt, daß F(a,.) – F(b,.) ≢ 0 maximal d(a) – 1 Nullstellen in [α, β] besitzt. Falls ein parametrisierbarer Raum G sowohl lokal-Tschebyschew als auch global-Tschebyschew ist, so existiert für vorgegebenes fC[α, β] stets maximal eine beste Approximation F(a,.) ∈ G, d. h. es gilt die Eindeutigkeit. Beispiele für Probleme mit solchen parametrisierbaren Räumen bilden die rationale Approximation und die exponentielle Approximation.

Aufbauend auf diese strukturellen Eigenschaften konnten G. Meinardus und D. Schwedt 1961 den folgenden Satz über die Charakterisierung bester Approximationen aus parametrisierbaren Räumen von C[α, β] beweisen.

Es seien fC[α, β], a ∈ \({\mathcal{A}}\)und G ein parametrisierbarer Raum, der sowohl lokal-Tschebyschew als auch global-Tschebyschew ist.

Dann ist F(a,.) ∈ G genau dann beste Approximation von f hinsichtlich ||.||, wenn d(a) + 1 Punkte \begin{eqnarray}\alpha \le {\xi }_{1}\lt \mathrm{...}\lt {\xi }_{d(a)+1}\le b\end{eqnarray}und ein σ ∈ {-1, 1} existieren, so daß \begin{eqnarray}\begin{array}{c}{(-1)}^{\nu }\sigma (f({\xi }_{\nu })-F(a,{\xi }_{\nu }))=||f-F(a,.)|{|}_{\infty },\\ \nu =1,\mathrm{...},d(a)+1,\end{array}\end{eqnarray}gilt. Die Menge \(\{{\xi }_{{\mathcal{V}}}:{\mathcal{V}}=1,\mathrm{...},d(a)+1\}\)heißt Alternante von fF(a,.) der Länge d(a) + 1.

Einfache Charakterisierungen dieser Art sind im allgemeinen nicht bekannt. So findet man in der Literatur beispielsweise für Splines mit freien Knoten nur hinreichende und (sich unterscheidende) notwendige Bedingungen, jedoch keine vollständige Charakterisierung bester Approximationen.

Ein effizienter, auf dem Lawson-Prinzip beruhender Algorithmus zur Berechnung von besten Approximationen hinsichtlich Splines mit freien Knoten wurde 1986 von G. Nürnberger, M. Sommer und H. Strauß entwickelt. Diese Vorgehensweise wird auch Segment-Approximation genannt und wurde in den 90er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts von G. Meinardus, G. Nürnberger und G. Walz auf bivariate Approximation erweitert.

[1] Braess, D.: Non-linear Approximation Theory. Springer-Verlag Berlin/Heidelberg, 1986.
[2] Meinardus, G.: Approximation of Functions, Theory and Numerical Methods. Springer-Verlag Berlin/Heidelberg, 1967.
[3] Nürnberger, G.: Approximation by Spline Functions. Springer-Verlag Berlin/Heidelberg, 1989.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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