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Lexikon der Mathematik: Tschebyschew-System

n-elementiges System von Funktionen so, daß jede nicht-verschwindende Linearkombination dieser Funktionen nur maximal n − 1 Nullstellen besitzt.

Eine System G = {g1, …, gn} von Funktionen aus C(I), der Menge der stetigen, reellwertigen Funktionen auf einem Intervall I ⊆ ℝ, heißt Tschebyschew-System, falls für alle g ≢ 0 aus dem von G aufgespannten Raum R gilt, daß die Anzahl der Nullstellen von g in I maximal n − 1 ist. Man sagt dann, daß der von G aufgespannte Raum R die Tschebyschewsche Eigenschaft besitzt. Beispiele von Tschebyschew-Systemen (auf beliebigen Intervallen I ⊆ ℝ) sind die Polynome G = {xi : i = 0, …, n − 1} und die Exponentialsummen \(G=\{{e}^{{\alpha}_{i}x}:i=1,\ldots,n\}\), wobei α1 < … < αn. Im allgemeinen hängt die Tschebyschewsche Eigenschaft jedoch vom zugrundeliegenden Intervall I ab. So bildet beispielsweise G = {x, x2} genau dann ein Tschebyschew-System, wenn gilt: 0 ∉ [a, b].

Tschebyschew-Systeme hängen engstens zusammen mit → Haarschen Räumen; sie können charakterisiert werden durch eine Reihe von äquivalenten Bedingungen. So ist G genau dann ein Tschebyschew-System, wenn für jede Wahl von paarweise verschiedenen Punkten tjI und beliebigen Werten yj, j = 1, …, n, das Lagrange-Interpolationsproblem in dem von G aufgespannten Raum R eindeutig lösbar ist, das heißt, daß stets ein eindeutiges gR existiert mit \begin{eqnarray}g({t}_{j})={y}_{i},\ \ \ j=1,\ldots, n.\end{eqnarray}

Es läßt sich weiterhin nachweisen, daß ein n-dimensionaler Teilraum RC[a, b] genau dann die Tschebyschewsche Eigenschaft besitzt, wenn eine Basis {g1, …, gn} von R existiert, so daß die Determinante der Matrix (gi(tj))i,j=1, …, n für jede Wahl von Punkten at1 < ⋯ < tnb stets größer als Null ist.

Aus Sicht der Approximationstheorie spielen Tschebyschew-Systeme eine bedeutende Rolle, denn die durch Tschebyschew-Systeme aufgespannten Räume sind Haarsche Räume und bilden Eindeutigkeitsräume für die beste Approximation hinsichtlich der Maximumnorm ||.||. A. Haar bewies 1918 den folgenden Charakterisierungssatz für Räume mit der Tschebyschewschen Eigenschaft, der den Zusammenhang zur Eindeutigkeit bester gleichmäßiger Approximation aufzeigt.

Ein n-dimensionaler Teilraum RC[a, b] hat genau dann die Tschebyschewsche Eigenschaft, wenn für jede Funktion fC[a, b] genau eine gleichmäßig beste Approximation gfR an f existiert.

Darüberhinaus lassen sich gleichmäßig, beste Approximationen hinsichtlich eines Raums RC[a, b] mit der Tschebyschewschen Eigenschaft durch ein Alternatenkriterium (Alternantensatz) charakterisieren.

In Räumen mit der Tschebyschewschen Eigenschaft fallen die Begriffe Eindeutigkeit und starken Eindeutigkeit hinsichtlich der gleichmäßig besten Approximation im Sinne der folgenden Satzes aus dem Jahr 1963 von D. J. Newman und H. S. Shapiro zusammen.

Ein n-dimensionaler Teilraum RC[a, b] besitzt genau dann die Tschebyschewsche Eigenschaft, wenn für jede Funktion fC[a, b] eine stark eindeutige gleichmäßig beste Approximation gf an f hinsichtlich R existiert.

Der Begriff des Tschebyschew-Systems wurde verallgemeinert zu sogenannten erweiterteten (vollständigen) und schwach Tschebyschew-Systemen. Ein n-elementiges Funktionensystem G = {g1, …, gn} von Funktionen aus C[a, b] heißt erweitertes Tschebyschew-System, falls die Determinante der Matrix \({({g}_{i}^{({d}_{j})}({t}_{j}))}_{i,j=1,\ldots,n}\) für jede Wahl von Punkten at1 ≤ ⋯ ≤ tnb stets größer 0 ist. Hierbei ist dj = max{i : tj = ⋯ = tj−i}, und man setzt voraus, daß die Funktionen gi genügend oft differenzierbar sind.

Ein Funktionensystem G = {g1, …, gn} von Funktionen aus C[a, b] heißt erweitertetes, vollständiges Tschebyschew-System, falls für alle m ∈ {1, …, n} das System {g1, …, gm} ein erweitertes Tschebyschew-System ist.

Ein Funktionensystem G = {g1, …, gn} von Funktionen aus C[a, b] heist schwach Tschebyschew-System, falls die Determinante der Matrix (gi(tj))i,j=1, …, n für jede Wahl von Punkten at1 < ⋯ < tnb stets größer oder gleich 0 ist. Die bekanntesten Beispiele von schwach Tschebyschew-Systemen liefern Splinefunktionen.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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