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Biodiversität: Deutschland hinkt bei Naturschutzgebieten weit hinterher

Die EU will bis 2030 mindestens zehn Prozent ihrer Fläche unter strengen Naturschutz stellen. Das Ziel liegt noch in weiter Ferne – und Deutschland ist im Vergleich der Länder weit hinten zu finden.
Naturbelassender See im Schwarzwald mit grünen Bäumen, Sträuchern und Gräsern außenrum
Unberührte Natur wie hier im Schwarzwald findet man in Deutschland nur noch selten.

Deutschland hinkt einer Analyse zufolge bei der Ausweisung strenger Naturschutzgebiete im europäischen Vergleich weit hinterher. Die Bundesrepublik liege mit derzeit nur 0,6 Prozent ausgewiesener Schutzfläche auf dem drittletzten Platz der 27 EU-Staaten, teilte die Universität Bologna mit. Nur Belgien (0,1 Prozent) und Dänemark (0,2) schneiden demnach schlechter ab. Spitzenreiter Luxemburg hat der Auswertung zufolge 36,3 Prozent seiner Fläche als strenge Schutzgebiete ausgewiesen. Dahinter folgen Schweden (10,1), Finnland (9,6), Lettland (5,7) und Italien (5,1).

In ihrer Biodiversitätsstrategie wollen die Länder der Europäischen Union bis 2030 dafür sorgen, dass 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche unter rechtlich verbindlichen Schutz gestellt werden. Für zehn Prozent der gesamten Fläche soll strikter Schutz gelten. Das Ziel ist es, die biologische Vielfalt zu erhalten und Ökosysteme zu schützen.

Als strenge Naturschutzgebiete gelten jene Gegenden, die auf der Skala der Weltnaturschutzunion (IUCN) als Ia, Ib oder II eingestuft werden. Dazu zählen in Deutschland etwa die Nationalparks Bayerischer Wald, Schwarzwald, Sächsische Schweiz, Unteres Odertal, Eifel und die Wattenmeer-Nationalparks, wie das Bundesamt für Naturschutz (BfN) erklärte.

Bis auf Luxemburg und Schweden erreichte laut den Wissenschaftlern aus Italien bislang noch kein EU-Staat die Zehn-Prozent-Hürde. In der Europäischen Union seien zusammengerechnet bislang nur 3,37 Prozent der Flächen unter strengen Schutz gestellt worden. Darüber hinaus stellten die Forscher fest, dass es nicht nur ein Ungleichgewicht zwischen den Ländern gibt, sondern auch zwischen den Höhenlagen, in denen Schutzgebiete ausgewiesen sind. »Wir finden zum Beispiel nur sehr wenige streng geschützte Gebiete im Flachland und in niedrigen Höhenlagen«, sagte der an der Studie beteiligte Biologe Roberto Cazzolla Gatti. Auch in Deutschland befindet sich das Gros der strengen Schutzflächen in alpinen Gegenden; laut Studie sind 5,0 Prozent der heimischen Gebirge unter entsprechenden Schutz gestellt.

Der Naturschutzbund Deutschland kritisiert, dass derzeit in der Bundesrepublik zwar 37 Prozent der Fläche einen Schutzstatus haben. »Nur wenige der Gebiete schützen aber tatsächlich die Biodiversität, die Arten, den Lebensraum und das Ökosystem«, schreibt der Nabu.

Eine Prognose, ob hier zu Lande bis 2030 das Ziel von zehn Prozent streng geschützter Flächen erreicht werde, gab das Bundesamt für Naturschutz nicht ab. Das Naturschutzgebiet und Wildnisgebiet Königsbrücker Heide in Sachsen solle aber demnächst mit seinen knapp 7000 Hektar als IUCN-Kategorie Ib eingestuft werden. Darüber hinaus seien weitere Gebietsmeldungen für 2024 vorgesehen, hieß es vom BfN. (dpa/dam)

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