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Lexikon der Astronomie: Faraday-Rotation

Die Faraday-Rotation ist Gegenstand der Plasmaphysik, und man bezeichnet damit die Drehung der Polarisationsebene einer polarisierten, elektromagnetischen Welle beim Durchgang durch ionisiertes, magnetisiertes Material. Das Plasma erzeugt ein äußeres Magnetfeld, das die Drehung der Polarisationsebene bewirkt. Wie gedreht, wird entscheidet die Stärke und Richtung des Magnetfeldes, aber auch die Frequenz der eingestrahlten Photonen.

Was ist polarisierte Strahlung?

Die Polarisation wird festgelegt durch den elektrischen Feldvektor der elektromagnetischen Welle. Dabei betrachtet man sein zeitliches und räumliches Schwingungsverhalten, wenn man entlang der Ausbreitungsrichtung der Welle blickt. Oszilliert der Vektor in einer Ebene, spricht man von linear polarisierter Strahlung. Beschreibt er einen Kreis, ist es zirkular polarisierte Strahlung. Zudem gibt es noch elliptisch polarisierte Strahlung, wenn der elektrische Feldvektor eine Ellipse bei der Propagation beschreibt.

Gedrehte Strahlung verrät Magnetfeld

In der Astrophysik verwendet man die Faraday-Rotation als Tracer, sozusagen als Informant, um intergalaktische Magnetfelder und intergalaktisches Clustergas zu vermessen. In den Galaxienhaufen (engl. galaxy cluster) sind die Massenanteile so verteilt, dass Dunkle Materie mit 90% dominiert, die sichtbaren Sterne machen nur 1%, aus während die restlichen 9% heißes intergalaktisches Clustergas ist. Es ist so heiß, dass es als thermischer Planckscher Strahler im Röntgenbereich beobachtet werden kann! Der Fachausdruck für eine solche Röntgenstruktur lautet X-ray cavity (dt. Röntgenkavität oder 'Röntgenblase'). Durchläuft nun die Strahlung einer Radioquelle, z.B. einer Radiogalaxie oder eines radiolauten Quasars, die sich hinter dem Clustergas befindet das ionisierte Material, so gerät es unter den Einfluss der Faraday-Rotation. Typischerweise befindet sich im Zentrum des Galaxienhaufens eine starke Radioquelle, die das Intraclustergas durchleuchtet, so z.B. die Radiogalaxie M87, ein Aktiver Galaktischer Kern (AGN) im Virgo-Haufen. Die hohen Temperaturen erhält das Intraclustergas dadurch, dass die Radioquellen im intergalaktischen Medium Energie deponieren. Manchmal dokumentieren die heißen Röntgenblasen wie Fossilien die ehemalige Radioaktivität in der Umgebung. Vielleicht können sie Zeugen einer längst vergangenen Phase eines lokalen, radiolauten AGN sein. Die Blasen fungieren wie ein Behältnis, das die Magnetfelder in die Randbereiche des Clusters transportiert. Auf diese Weise bildet sich ein intergalaktisches Magnetfeld aus.

linear polarisierte Synchrotronstrahlung

Man muss dazu sagen, dass die Radiostrahlung besagter Quellen in der Regel linear polarisiert ist, weil es sich um Synchrotronstrahlung handelt. Die Synchrotronstrahlung wird beispielsweise in den Jets erzeugt, kann aber auch aus der Kernregion des AGN im Akkretionsfluss nahe am supermassereichen Schwarzen Loch erzeugt werden.

Einordnung in den ganz großen Zusammenhang

Diese linear polarisierte Strahlung aus Hintergrundquellen erleidet wie gesagt die Faraday-Rotation. Mithilfe dieses Effekts lässt sich nun eine Aussage über die Magnetfelder im vorgelagerten Galaxiencluster machen. Man vermutet, dass die Magnetfelder eine wichtige Rolle in der Dynamik der Galaxienhaufen spielen. Die Kartographie intergalaktischer Magnetfelder ist dann ein Schlüssel zu Simulationen der Haufendynamik im Rahmen der Magnetohydrodynamik. Insbesondere sind die Astronomen an Cooling Flows, großskaligen Materieflüssen, interessiert. Dieses Verständnis ist ebenso relevant für die Kosmologie, weil es vermutlich auch klärt – so die Hoffnung –, wie die großräumigen Strukturen im Universum zustande kommen.

Quellen:

Dolag, Bartelmann & Lesch 2002, McNamara 2004

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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