Direkt zum Inhalt

Lexikon der Mathematik: Toleranzschätzung

Begriff aus der statistischen Qualitätskontrolle.

Eine Toleranzschätzung ist eine Schätzung für den Bereich (Toleranzbereich), in welchem ein bestimmter vorgegebener Mindestanteil der Grundgesamtheit mit vorgegebener Wahrscheinlichkeit (statistischer Sicherheit) liegt. Der Bereich wird auch als Toleranzintervall, und seine Grenzen als Toleranzgrenzen bezeichnet. Die statistischen Toleranzgrenzen Gu und Go werden anhand einer Stichprobe vom Umfang n aus der Forderung bestimmt, daß die Wahrscheinlichkeit Q dafür, daß zwischen diesen Grenzen mindestens der Anteil γ (d.h., 100 γ Prozent) der Grundgesamtheit liegt, mindestens gleich β sein soll: \begin{eqnarray}Q\{P({G}_{u}\lt X\lt {G}_{o})\ge \gamma \}\ge \beta.\end{eqnarray}

Für normalverteilte Grundgesamtheiten XN (μ, σ2) ist diese Forderung äquivalent zu \begin{eqnarray}Q\left\{{\rm{\Phi}}\left(\frac{{G}_{o}-\mu}{\sigma}\right)-{\rm{\Phi}}\left(\frac{{G}_{u}-\mu}{\sigma}\right)\ge \gamma \right\}\ge \beta.\end{eqnarray}

Sind μ und σ unbekannt und \(\bar{X}\) bzw. S2 der empirische Mittelwert bzw. die empirische Streuung, so erhält man als Lösung der obigen Gleichung die Grenzen \begin{eqnarray}{G}_{u}=\bar{X}-{k}_{n,\beta,\gamma}\ \text{und}\ {G}_{o}=\bar{X}+{k}_{n,\beta,\gamma}.\end{eqnarray}kn,β,γ wird als Toleranzfaktor bezeichnet und kann statistischen Tabellen entnommen werden. Man kann zeigen, daß gilt: \begin{eqnarray}{k}_{n,\beta,\gamma}=r\cdot \sqrt{\frac{n-1}{{\chi}_{n-1}^{2}(\beta)}},\end{eqnarray} wobei \({\chi}_{n=1}^{2}(\beta)\) das β-Quantil der χ2-Verteilung mit (n − 1) Freiheitsgraden ist, und r sich aus der Beziehung \begin{eqnarray}{\rm{\Phi}}(\frac{1}{\sqrt{n}}+r)-{\rm{\Phi}}(\frac{1}{\sqrt{n}}-r)=\gamma \end{eqnarray} berechnet.

Neben den Methoden, die eine Annahme über den Typ der Verteilung von X treffen, gibt es sogenannte verteilungsfreie Methoden, die lediglich die Stetigkeit der Verteilungsfunktion von X voraussetzen. Hier interessiert man sich für denjenigen Stichprobenumfang n0, bei dem mit Wahrscheinlichkeit β mindestens der Anteil γ der Grundgesamtheit zwischen dem kleinsten und größten Wert der Stichprobe, xmin bzw. xmax, liegt. Die Werte xmin und xmax bezeichnet man als verteilungsfreie oder nichtparametrische statistische Toleranzgrenzen. Man kann zeigen, daß sich bei zweiseitigem statistischen Toleranzintervall (xmin, xmax) n0 aus der Beziehung \begin{eqnarray}{n}_{0}{\gamma}^{{n}_{0}-1}-({n}_{0}-1){\gamma}^{{n}_{0}}\le 1-\beta \end{eqnarray} ergibt.

Die bisher beschriebenen Toleranzbereiche bezeichnet man auch als Toleranzbereiche vom Typ A. Demgegenüber heißt ein Toleranzbereich [Gu, Go] vom Typ B, falls in ihm im Mittel der Anteil γ der Grundgesamtheit liegt, d. h., falls gilt: \begin{eqnarray}EP({G}_{u}\lt X\lt {G}_{o})=\gamma.\end{eqnarray}

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.