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Schizophrenie: Die Stecknadel im Genhaufen

Auch mit aufwändigen genomweiten Assoziationsstudien ließ sich bislang kein einzelner Erbfaktor für Schizophrenie ausmachen. Frühkindliche und familiäre Umweltweltfaktoren mischen offenbar stärker mit als gedacht.
Ein Gesicht ist einem zweiten Gesicht zugewandt.

Im Jahr 2016 meldeten US-Forscher, sie hätten ein Gen entdeckt, das eng mit dem Risiko zusammenhänge, an Schizophrenie zu erkranken. Und wie so oft reagierte die Tagespresse mit vorschnellem Enthusiasmus. Der Medienrummel ist verständlich, gleicht doch die Geschichte der Schizophrenieforschung einer langen Kette enttäuschter Erwartungen.

Die biologische Grundlage dieses besonders rätselhaften und komplexen seelischen Leidens ist seit Langem umstritten. Einigkeit besteht nur über das Ausmaß des Schadens, den es anrichtet: Berücksichtigt man sowohl den unmittelbaren Betreuungsaufwand als auch die indirekten Verluste durch Arbeitsunfähigkeit und vorzeitigen Tod, so summieren sich etwa in den USA die sozialen Kosten auf mehr als 60 Milliarden Dollar pro Jahr. Allein dadurch käme jeder Forschungserfolg einem enormen Fortschritt gleich.

Groß angelegte genetische Studien wecken seit mehr als einem Jahrzehnt die Hoffnung auf neue Erkenntnisse und Therapien. Die wären auch dringend nötig: Die vorhandenen Psychopharmaka mildern bloß die offensichtlichsten Symptome wie Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Dabei verursachen sie aber oft schwere Nebenwirkungen und helfen kaum gegen chronische Symptome wie Vereinsamung und kognitive Defizite.

Doch bisher enttäuschten all diese Studien die in sie gesetzten Erwartungen. Die Suche nach Genen für Schizophrenie, Depression, Zwangserkrankungen und bipolare Störung ergab, dass höchstwahrscheinlich in keinem Fall ein einzelner Erbfaktor allein für das jeweilige Leiden verantwortlich ist.

Das Fahnden nach den erblichen Ursachen seelischer Krankheiten ist an sich wohlbegründet. Seit Jahrzehnten legen Ergebnisse aus der Familien- und Zwillingsforschung eine starke genetische Komponente der Schizophrenie nahe. Dafür spricht schon das nahezu konstante Auftreten der Erkrankung: Ihre Häufigkeit beträgt weltweit rund ein Prozent – trotz der riesigen sozioökonomischen und umweltbedingten Unterschiede, die auf dem Globus herrschen.

Um verdächtige Genversionen aufzuspüren, bedarf es eines enormen statistischen Aufwands – mit Zehntausenden von Kranken und Kontrollprobanden ...

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  • Quellen

Balter, M.: Talking Back to Madness. In: Science 343, S. 1190-1193, 2014

Insel, T. R.: Rethinking Schizophrenia. In: Nature 468, S. 187-193, 2010

Kahn, R. S. et al.: Schizophrenia. In: Nature Reviews Disease Primers 1, 15067, 2015

Levine, S. Z. et al.: Exposure to Genocide and the Risk of Schizophrenia: a Population-Based Study. In: Psychological Medicine 46, S. 855-863, 2016

Mulholland, C. et al.: Exposure to "The Troubles" in Northern Ireland Influences the Clinical Presentation of Schizophrenia. In: Schizophrenia Research 102, S. 278-282, 2008

van Os, J. et al.: The Environment and Schizophrenia. In: Nature 468, S. 203-212, 2010

Schizophrenia Working Group of the Psychiatric Genomics Consortium: Biological Insights from 108 Schizophrenia-Associated Genetic Loci. In: Nature 511, S. 421-427, 2014

Sekar, A. et al.: Schizophrenia Risk from Complex Variation of Complement Component 4. In: Nature 530, S. 177-183, 2016

Stepniak, B. et al.: Accumulated Environmental Risk Determining Age at Schizophrenia Onset: A Deep Phenotyping-Based Study. In: Lancet Psychiatry 1, S. 444-453, 2014

Varese, F. et al.: Childhood Adversities Increase the Risk of Psychosis: A Meta-analysis of Patient-Control, Prospective- and Cross-sectional Cohort Studies. In: Schizophrenia Bulletin 38, S. 661-671, 2012

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