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Lexikon der Astronomie: Fluchtgeschwindigkeit

Die Fluchtgeschwindigkeit oder Entweichgeschwindigkeit ist diejenige Geschwindigkeit, die ein Körper erreichen muss, um dem Gravitationsfeld einer Masse zu entkommen.

Eine kleine Rechnung

Gleichung für die FluchtgeschwindigkeitDas Frame-Dragging der Mittels der Newtonschen Gravitationsphysik lässt sich schnell aus Gleichsetzen der kinetischen Energie mit der potenziellen Energie einer Testmasse im Gravitationsfeld einer großen Masse M die Fluchtgeschwindigkeit vesc berechnen (Resultat rechts). Dabei sei das Gravitationsfeld als kugelsymmetrisch angenommen und die kleinere Testmasse am Ort Rsurf, z.B. der Oberfläche der großen Masse M, lokalisiert. G ist die Newtonschen Gravitationskonstante mit dem Zahlenwert 6.672 × 10-11 m3 kg-1 s-2 in SI-Einheiten.

Beispiele

Die Entweichgeschwindigkeit der Erde beträgt 11.2 km/s oder gut 40000 km/h. Das ist schon eine ganz ordentliche Geschwindigkeit, die von Raketen erreicht werden muss, um beispielsweise Satelliten in den Erdorbit zu bringen.
Das Extrem stellt bei diesen Betrachtungen ein Schwarzes Loch dar: hier entspricht die Fluchtgeschwindigkeit gerade der Vakuumlichtgeschwindigkeit c, satte 300000 km/s oder 1.08 Mrd. km/h! Nach der Speziellen Relativitätstheorie ist c allerdings die generelle Höchstgeschwindigkeit. Nur Licht schafft diese 300000 km/s, aber nicht Materie. Mit anderen Worten: Nicht einmal das Licht vermag einem Schwarzen Loch bei einem kritischen Abstand, dem Ereignishorizont, zu entkommen. Deshalb ist das Loch von außen betrachtet schwarz.

weitere Bezeichnungen

Die Fluchtgeschwindigkeit wird auch parabolische Geschwindigkeit genannt, weil der entkommende Körper auf einer Parabelbahn entkommt. Eine weitere Bezeichnung für die Fluchtgeschwindigkeit ist zweite kosmische Geschwindigkeit.
Anmerkung: Die erste kosmische Geschwindigkeit ist diejenige Mindestgeschwindigkeit, die ein Körper haben muss, um auf einer Kreisbahn eine Masse zu umkreisen; sie ist kleiner als die Fluchtgeschwindigkeit. Bei Erreichen der dritten kosmischen Geschwindigkeit verlässt der Körper die Masse auch, allerdings auf einer Hyperbelbahn (deshalb auch hyperbolische Geschwindigkeit); sie ist noch größer als die Fluchtgeschwindigkeit.

Grenzen der Newtonschen Theorie

Es sei angemerkt, dass es bei einer so kompakten Masse wie einem Schwarzen Loch an sich nicht mit den Mitteln der Newtonschen Gravitationsphysik gerechnet werden darf. Hier beginnt das Regime einer neuen Gravitationstheorie, nämlich Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie (ART). Sie fasst Gravitation geometrisch als eine gekrümmte Raumzeit auf. Dass mit der Gleichung oben trotzdem das richtige Resultat herauskommt, nämlich der so genannte Schwarzschild-Radius, ist Zufall; so versagt die Newtonsche Gravitation bei der analogen Berechnung für den Fall eine rotierenden Schwarzen Loches. Korrekt beschrieben wird dieses durch die Kerr-Lösung der ART.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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