Lexikon der Kartographie und Geomatik: kartographische Handlungsfelder
kartographische Handlungsfelder, E cartographic field of action, organisatorisch-kommunikativer Zusammenhang zwischen spezifisch georäumlichen Handlungen und Formen kartographischer Unterstützung. Als modelltheoretischer Ansatz der Kartennutzung bilden kartographische Handlungsfelder die Grundlage für die Modellierung konkreter raumbezogener Handlungsprozesse und die darauf ausgerichteten Formen kartographischer Informationsverarbeitung. Die Unterscheidung kartographischer Handlungsfelder resultiert dabei vor allem aus dem zunehmenden Einsatz elektronischer Medien in den unterschiedlichen Bereichen der modernen Angewandten Kartographie und verfolgt das Ziel, aus der Struktur georäumliche Handlungen als Komponenten eines allgemeinen kartographischen Kommunikationsmanagements systematisch den Bedarfs an medialen Unterstützungsformen abzuleiten. Nach J. Bollmann (1993) werden folgende kartographischen Handlungsfelder unterschieden: 1. raumbezogene Dokumentation und Archivierung, 2. raumbezogene Führung und Leitung, 3. raumbezogene Informationsverarbeitung, 4. raumbezogene Kartierung und Überwachung, 5. raumbezogenes Lernen, 6. raumbezogene Orientierung und Navigation, 7. raumbezogene Planung und Simulation sowie 8. raumbezogene Unterrichtung und Mitteilung.
Die Abgrenzung dieser Handlungsfelder ist vor allem auf den spezifischen Informationsbedarf und -austausch im Rahmen des Ablaufs der jeweiligen raumbezogenen Handlungen ausgerichtet. So lassen sich i. d. R. Handlungsabläufe in Phasen unterteilen, die zu separaten Handlungsergebnissen bzw. Entscheidungen führen und die auf Wissen beruhen, das mit Hilfe bestimmter kartographischer Medien und Systeme übermittelt wird (Abb.). Grundsätzlich ist dieser elementare Zusammenhang in der Kartographie noch nicht ausreichend untersucht worden und damit auch noch nicht angemessen formal darstellbar. Aus der Organisations- und Handlungstheorie liegen lediglich formale Differenzierungen über Voraussetzungen, Abläufe und Ziele von Handlungen vor (vgl. z. B. Handlungsziel, Handlungsobjekt, Handlungssituationen, Handlungsraum). Die Funktion der Informations- und Wissensübertragung in diesem Kontext ist allerdings auch dort noch nicht ausreichend geklärt. Ausgehend von den theoretischen Ansätzen der kartographischen Informatik und der kartographischen Kommunikation lassen sich spezifische Kriterien der Informationsverarbeitung und der Datenorganisation aus den Rahmenbedingungen von Handlungen ableiten. Wichtige Bedingungen ergeben sich aus dem Handlungstyp als operatives, dispositiv-kommunikatives oder rein kognitives Prozessgeschehen, aus dem Handlungsobjekt wie etwa dem Raum, einer Person oder mentalem Wissen sowie dem Charakter eines Handlungsprozesses wie Routinevorgänge oder Vorgänge mit geringer Strukturierung, mit fachbezogenen oder mit phasenhaften Strukturen. Die daraus resultierenden Informationsbedingungen umfassen z. B. die Struktur von Eingangsinformationen im Handlungsablauf, von Prozessinformationen, also Informationen, die im Ablauf von Handlungen von außen eingebracht oder erst erzeugt werden sowie Verarbeitungsformen und Transformationen von Informationen die ggf. zu Ergebnisinformationen führen und die z. B. weitervermittelt werden müssen. Eng damit verbunden sind die Organisationsbedingungen von Daten bzw. von Medien, die den technischen Rahmen der Informationsverarbeitung bilden. Insgesamt ist es das Ziel, aus diesen genannten Rahmenbedingungen und aus den im Rahmen von Handlungen erfolgenden mentalen und medialen Prozessen grundlegende Aussagen über die Organisation von handlungsbasierten kartographischen Informationsprozessen abzuleiten. Der Stellenwert kartographischer Handlungsfelder wird besonders deutlich am Begriff kartographischen Anwendungsbereiche (vgl. Abbildung Angewandte Kartographie). Diese stellen häufig im unterschiedlichen Umfang kartographisch ausgerichtete, größere institutionelle Einheiten dar, wie etwa staatliche Ämter, universitäre Forschungsstellen oder privatwirtschaftliche Verlage. Dabei zeichnen sich diese Institutionen häufig durch ein breites Spektrum an unterschiedlichen Aufgaben- und Tätigkeitsfelder bzw. Handlungssituationen aus, so dass es sinnvoll ist, diese Felder und Situationen modellhaft für einen gezielten Einsatz kartographischer Informationen, Medien und Systemen im obigen Sinn zu definieren.
JBN
Literatur: [1] BOLLMANN, J. (1996): Kartographische Modellierung – Integrierte Herstellung und Nutzung von Kartensystemen. In: Schweizerische Gesellschaft für Kartographie (Hrsg.): Kartographie im Umbruch – neue Herausforderungen, neue Technologien. Interlaken 96. Bern. [2] HEIDMANN, F. (1999): Aufgaben- und nutzerorientierte Unterstützung kartographischer Kommunikationsprozesse durch Arbeitsgraphik. Herdecke.
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