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Lexikon der Mathematik: Inzidenzstruktur

auch Inzidenzgeometrie genannt, Modell der Inzidenzaxiome.

Wird eine Geometrie nur durch Inzidenzaxiome beschrieben, so gibt es noch sehr viele Möglichkeiten, was unter Begriffen wie „Punkt”, „Gerade“ und „Ebene“ verstanden werden kann, die zum Teil mit der üblichen geometrischen Vorstellung dieser Begriffe wenig gemein haben, da viele ihrer Eigenschaften erst durch die anderen Axiome der Geometrie festgelegt werden. Eine sehr einfache (ebene) Inzidenzstruktur ist z. B. durch die folgenden Definitionen der Begriffe „Punkt“ und „Gerade“ gegeben:

Es sei 𝒫 = {A, B, C} eine beliebige dreielementige Menge. Die Elemente von 𝒫 seien Punkte, alle zweielementigen Teilmengen von 𝒫 Geraden: \begin{eqnarray}{\mathcal{G}}:=\{\{A,B\},\{A,C\},\{B,C\}\}.\end{eqnarray}

Für diese Definition der Menge 𝒫 der Punkte und der Menge \({\mathcal{G}}\) der Geraden gelten tatsächlich die In- zidenzaxiome I 1 und I 2 der Ebene (siehe Axiome der Geometrie), unabhängig davon, welcher Art die Elemente der Ausgangsmenge sind.

Abbildung 1 zum Lexikonartikel Inzidenzstruktur
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
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Allgemein ist also eine Inzidenzstruktur ein Tripel (𝒫, \( {\mathcal B} \), I), wobei

  • 𝒫 eine endliche Menge ist, deren Elemente Punkte genannt werden,
  • \( {\mathcal B} \) eine endliche Menge ist, deren Elemente Blöcke genannt werden,
  • I ⊆ 𝒫 × \( {\mathcal B} \) eine Relation ist, die sog. Inzidenzrelation.

Ist (P, B) ∈ I, so sagt man, der Punkt P ist mit dem Block B inzident.

Häufig wird der Block B ∈ \( {\mathcal B} \) mit der Punktmenge {P ∈ 𝒫 | (P, B) ∈ I} identifiziert. In diesem Falle ist \( {\mathcal B} \) eine Menge von Teilmengen von 𝒫, und anstelle von (P, B) ∈ I schreibt man PB und sagt, der Punkt P ist in dem Block B enthalten.

Falls je zwei Punkte in höchstens einem Block enthalten sind (partieller linearer Raum), so werden die Elemente von B auch als Geraden bezeichnet. In anderen Zusammenhängen sagt man an Stelle von „Block“ auch „Ebene”, „Kreis“ etc.

Sind (𝒫, \( {\mathcal B} \), I) und (𝒫′, \( {\mathcal B} \)′, I′) Inzidenzstrukturen, so heißt eine Abbildung ϕ : 𝒫 ⋃ \( {\mathcal B} \) → 𝒫′ ⋃ \( {\mathcal B} \)′ Isomorphismus, falls die Einschränkungen ϕ[𝒫 : 𝒫 ⋃ 𝒫′ und ϕ|\( {\mathcal B} \) : \( {\mathcal B} \) → \( {\mathcal B} \)′ bijektiv sind, und falls (P, B) ∈ I genau dann gilt, wenn (ϕ(P), ϕ (B)) ∈ I′ ist. Oft wird ϕ auch eine Kollineation genannt.

Inzidenzstrukturen werden auch als Rang-2- Geometrien bezeichnet. Verallgemeinerungen erhält man, wenn man mehr als zwei Mengen von Objekten betrachtet, etwa Punkte, Geraden und Ebenen.

Der Untersuchung von Inzidenzstrukturen widmet sich die Endliche Geometrie.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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